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GRAFENRHEINFELD
Wie lange lagert der Atommüll tatsächlich an den Kraftwerken?
Genehmigung für Zwischenlager in Grafenrheinfeld läuft zunächst bis 2046. Ein Endlager ist noch in weiter Ferne.
Josef Schäfer
 |  aktualisiert: 24.04.2015 23:10 Uhr

Wenn die heute vorliegenden Pläne zum Abriss des Kernkraftwerks Grafenrheinfeld (Lkr. Schweinfurt), das am 31. Mai abgeschaltet wird, verwirklicht werden, ist im Jahr 2030 von der Atomanlage nichts mehr zu sehen. Eines bleibt aber: das Zwischenlager. Dort sind die Reste des Brennstoffs untergebracht, den das Kraftwerk ab 2001 verbraucht hat. Als Provisorium bis zum Tag gedacht, an dem ein atomares Endlager bereitsteht, läuft die Betriebsgenehmigung bis 2046. Vorerst.

BELLA (italienisch: schön) ist die Abkürzung für das Brennelementbehälterlager. Es ist eine eher schmucklose Halle auf dem Gelände des Atomkraftwerks, die 2006 fertiggestellt worden ist. Im gleichen Jahr ist dort der erste Castor-Behälter mit 19 Brennelementen eingestellt worden, nachdem sie fünf Jahre lang im Abklingbecken der Anlage gekühlt worden waren. Für 88 Castoren ist das Lager ausgelegt. 21 Plätze sind bis heute belegt. Nach dem Abschalten kommen noch 34 weitere Behälter dazu, da die letzten 193 benutzten Brennstäbe, die bis 31. Mai in Betrieb sind, noch einige Jahre Strahlung und Hitze abbauen müssen, bevor sie herausgenommen werden können. Die Restwärme wird dann über die Außenhaut der Castoren abgegeben; für Kühlung sorgt der Luftzug, der durch die Halle weht.

Der Bau des Zwischenlagers geht auf die rot-grüne Bundesregierung zurück, die damit die konfliktbeladenen Castortransporte vorerst beendet hat. Auch in Grafenrheinfeld hat es stets Protest gegeben; mehrfach haben Umweltaktivisten versucht, die Gleise zu blockieren. Besonders prekär war die Angelegenheit, weil das KKG über keinen eigenen Gleisanschluss verfügt und die Castoren erst per Tieflader ins benachbarte Gochsheim transportiert werden mussten. Am dortigen Bahnhof sind sie auf Waggons umgeladen worden. Gegen den Widerstand von Anwohnern, die in unmittelbarer Nähe des Verladeplatzes wohnen und aufgetretene Krankheitsfälle mit einer möglichen Strahlenbelastung in Zusammenhang gebracht hatten. Allerdings: Transporte müssen dann wieder aufgenommen werden, wenn ein Endlager zur Verfügung steht, in dem dann auch der Grafenrheinfelder Atommüll für immer verschwinden soll.

Soweit der Plan. Ein Endlager scheint derzeit in weiter Ferne zu liegen, nachdem das Standortauswahlgesetz von 2013 die Politik verpflichtet, ergebnisoffen nach einem geeigneten Lager – nicht nur in Gorleben – zu suchen. Nicht nur Kritiker gehen davon aus, dass bis zum Ablauf der ersten Betriebsgenehmigungen der dezentralen Zwischendepots kein Endlager zur Verfügung stehen wird. In Grafenrheinfeld läuft die Erlaubnis 2046 aus. In einem Schreiben an Bundes- und Landesregierung hat der Gemeinderat von Grafenrheinfeld seine Sorge ausgedrückt, dass aus dem Zwischenlager de facto ein Endlager wird.

Wahrscheinlich 2016 soll die Lagerhalle mit einer zehn Meter hohen Mauer zusätzlich geschützt werden. Die Idee dazu entsprang vor etwa drei Jahren einer der regelmäßigen Überprüfungen des Sicherheitskonzepts für die dezentralen Zwischenlager in Deutschland. Hintergrund sind offensichtlich Warnungen, dass die Zwischenlager an den Atomkraftwerken ungenügend gegen mögliche Terroranschläge gesichert seien. Details des Mauerbaus werden geheim gehalten. „Haben Täter Kenntnis aller Auslegungsgrundlagen und der Einzelheiten der Gegenmaßnahmen, wären die Maßnahmen wirkungslos“, heißt es aus dem Bundesumweltministerium.

Vertreter des Schweinfurter Aktionsbündnisses gegen Atomkraft haben immer darauf hingewiesen, dass das große Problem der Zwischenlagerung die Deckel und Dichtungen der Castoren seien. Bei Leckagen gebe es keine Möglichkeit, den Atommüll vor Ort umzupacken. Deswegen hatte der Bürgermeister des benachbarten Bergrheinfeld, Peter Neubert, den Vorschlag aufgegriffen, das Reaktorgebäude stehen zu lassen, um es für solche Notfälle nutzen zu können. Dem hat die Staatsregierung in München eine Absage erteilt. Und auch Kraftwerksleiter Reinhold Scheuring lehnt dieses Szenario ab. Das Zwischenlager sei autark geplant und es seien auch Reparaturmöglichkeiten für Castoren vorgesehen worden, sagte er gegenüber dieser Redaktion.

 
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