72 Häftlinge sind am Montag in der Justizvollzugsanstalt Würzburg in den Hungerstreik getreten; 65 von ihnen streiken derzeit immer noch. Dies bestätigte am Freitag auf Anfrage Susanne Quadbeck, stellvertretende Pressesprecherin des Justizministeriums in München.
Nach Darstellung des Justizministeriums geht es den streikenden Häftlingen um bessere Lebensbedingungen. „Sie wollen Kopfkissen statt Kopfkissenkeile; Steppdecken statt Wolldecken; solche Sachen“, sagte Quadbeck. Einen Katalog mit insgesamt fünfzehn Forderungen haben laut Ministerium die Gefangenen der Anstaltsleitung bereits vor zwei Wochen überreicht.
Wie der Leiter der Justizvollzugsanstalt, Robert Hutter, mitteilte, wollen die streikenden Häftlinge außerdem erreichen, dass der Gefängniskaufmann „russisches Essen“ bereithält. Mehrheitlich seien die streikenden Häftlinge nämlich Russlanddeutsche. Ähnlich den türkischen Häftlingen, für die der Gefängniskaufmann Wurst ohne Schweinefleisch bereithalte, wollten die Russlanddeutschen „russische Artikel“ im Gefängnisshop.
„Die Gefangenen beschweren sich auch über die Gitter vor den Zellenfenstern“ sagte Hutter. Gemeint sind allerdings nicht die klassischen Gefängnisgitter, sondern zusätzliche, kleinmaschige Fliegengitter, die die Anstalt vor einigen Jahren hat anbringen lassen. „Bevor die Zusatzgitter da waren, haben die Insassen Essensreste aus dem Fenster geworfen, was Vögel und Ratten anlockte“, so Hutter. Zudem hätten sie „gependelt“ – worunter offenbar zu verstehen ist, dass die Häftlinge durch geöffnete Fenster hindurch Gegenstände von Zelle zu Zelle wandern ließen.
Am meisten erregen sich die streikenden Gefangenen aber offenbar darüber, dass sie nicht mehr – wie längere Zeit üblich – ihre Fernseher von zu Hause mitbringen und im Gefängnis nutzen dürfen. „Da wurden dann halt auch Drogen drin versteckt“, heißt es. Um etwaige Schmuggelware in gebrauchten Fernsehern aufzufinden, leistete sich die JVA Würzburg nach Darstellung des Justizministeriums längere Zeit einen Beamten, der gebrauchte Geräte überprüfte. Dieser Beamte habe jetzt aber eine neue Funktion. „Unsere Insassen können weiter fernsehen. Aber jetzt müssen sie sich entweder für 9,50 Euro im Monat einen Fernseher leihen oder ihn sich neu beim Gefängniskaufmann kaufen“, heißt es aus der JVA. Daran entzünde sich der Ärger.
Laut JVA Würzburg werden jene Häftlinge, die in Hungerstreik getreten sind, „umfassend medizinisch betreut“. Bevor sie am Montag den Hungerstreik begonnen hätten, sei jeder der 72 Gefangenen gewogen worden. Derzeit nehmen Hutter zufolge die streikenden Häftlinge noch „ganz normal“ an den Anstaltsaktivitäten teil, gingen zur Arbeit und zu Freizeitaktivitäten. „Nur eben nicht zum Essen“.
Wie gehen die Behörden mit den streikenden Häftlingen um? „Die Anstaltsleitung lässt sich nicht erpressen“, heißt es aus dem Justizministerium. „Ich werde aber nächste Woche mit den Sprechern der Gefangenenmitverantwortung reden“, sagte Hutter. Dass er auf einige der Forderungen eingehe, sei möglich; nicht eingehen werde er auf Forderungen, die eine Lockerung der Sicherheit zur Folge hätten. „Die kleinmaschigen Gitter etwa sind sicherheitsrelevant.“
Hutter zufolge sind Hungerstreiks in der JVA Würzburg nicht neu. Bereits im vergangenen Sommer seien rund dreißig Gefangene für einige Tage in den Hungerstreik getreten.
Die Justizvollzugsanstalt Würzburg gilt im Prinzip als „Vorzeigeknast“. Das Gebäude am Friedrich-Bergius-Ring im Würzburger Gewerbegebiet wurde erst 1990 fertiggestellt. Die Würzburger Haftanstalt bietet über 600 Haftplätze.
Werbung des Jobcenter: Begehen sie ein Verberchen und gehen in den Knast, Luxus pur
(George Bernard Shaw)
Bei dem „russischen Essen“ geht bei den Gefangenen übrigens nicht darum, das russische Essen für sie extra zu kochen. Es geht um ein paar Spezialitäten, die Gefangenen im Gefängnisshop für ihr Geld kaufen könnten. Ich denke nicht, dass diese Forderung überdimensioniert ist.
Was die Integration der Russlanddeutschen angeht: Sie integrieren sich im Vergleich zu den meisten Ausländern relativ gut. Die meisten von ihnen sind in Deutschland nicht länger als 20 Jahre. Die, die länger da sind, die sind auch schon größtenteils integriert. Vielleicht noch nicht assimiliert, aber schon integriert. In den nächsten 20 Jahren wird diese Frage bei den Russlanddeutschen weitgehend erledigt. Dazu existieren auch solide Studien. Z.B. Studie „Ungenutzte Potenziale“, über Google leicht zu finden.
Die Russlanddeutschen sind auch nicht viel krimineller als der Durchschnitt der Bevölkerung. Vielleicht ist die Kriminalitätsrate bei den Jugendlichen noch etwas höher als bei den Einheimischen, dafür aber niedriger als bei den Ausländern. Dazu existieren auch schon einige solide Studien. Der hohe Anteil der Russlanddeutschen in manchen Gefängnissen ist dadurch zu erklären, dass sie von der Justiz strenger behandelt werden. Nach einer Studie sogar strenger als die Ausländer.
Manche andere Minderheit ist in Deutschland schon 50 Jahre und schon in dritter Generation. Auch nach weiteren 50 Jahren werden wir uns bei diesen Minderheiten noch mit der Frage der Integration befassen. Das sage ich ohne große Vorwürfe. Dafür gibt es viele Gründe und Erklärungen.
Bei der Diskussion bitte nicht vergessen: nicht jeder, der russisch spricht, auch ein Russlanddeutscher sein muss. Es gibt auch zahlreiche Russischsprachigen, die auf unterschiedlichen Wegen nach Deutschland gekommen sind. Bei denen dürfte es eher Schwierigkeiten geben. Auch in den Gefängnissen machen sie eher die Schwierigkeiten.
Da mit die vollständigen 15 Punkte nicht vorliegen, gehe ich mal kurz auf die ein die im Artikel bekannt wurden:
- Fernseher: Das ist zwischenzeitlich Deutschlandweit leider zum Standard geworden. Die "Sicherheitsbedenken" sind insofern vorgeschoben, als dass es auch andere Lösungen gibt, wie bspw. die Kontrolle durch einen Elektriker/Fernsehmechaniker vor Ort mit Gebühr, die dann vom Insassen/Angehörigen bezahlt wird. Die Mietgeschichte hat für die JVA auch immer den Vorteil, dass "die Übersichtlichkeit" des Haftraums gewahrt bleibt und wenn alle Geräte gleich sind einfacher zu revidieren sind. Nur über einen Anbieter (Kaufmann) den Kauf zu ermöglichen wird die JVA m.E. noch in juristische Schwierigkeiten bringen. Anstaltskaufmänner sind insgesamt auch nicht gerade für ihre "günstigen" Preise bekannt. Und eine letztlich unnötige Monopolisierung in diesem Bereich wird vor der StVK nicht haltbar sein.
- "Essen": Einige Vorredner haben den Punkt (bewusst?) missverstanden. Im Artikel steht eindeutig, dass die Insassen die Artikel beim Kaufmann erwerben wollen. Diese Artikelaufnahme ist immer wieder Thema in JVAs und rührt u.a. daher, dass Anstaltsleitungen die Menge der Artikel aus Sicherheitsgründen begrenzen wollen. Der Kaufmann selbst wird nichts dagegen haben, da er gerade bei solch exotischen Artikeln einen recht hohen Aufpreis nehmen wird.
- Kissen/Decken: Also 2012 noch Kopfkeile und Wolldecken halte ich zumindest für grenzwertig. Das sieht ja sogar das Justizministerium inzwischen so, wenn das Bayern weit geändert werden soll.
- Extra-Gitter: Ist m.W. bereits durch ein OLG entschieden worden, rechtmäßig. Hier auch eindeutig eigenes Verschulden der Insassen.
Insgesamt gilt und das sollten sich hier einige mal merken:
1. Auch Strafgefangenen steht die Menschenwürde uneingeschränkt zu. Hierzu gehört neben der Art der Unterbringung eben sehr eindeutig laut BVerfG die Resozialisierung!
2. Eine JVA wird durch normale Steppdecken und Kopfkissen und eine freiere Auswahl beim Kaufmann kein "Luxushotel". Diese Behauptung ist einfach lächerlich, polemisch und weist eindeutig auf die Kommentatoren selbst zurück.
3. Sollte der Eindruck entstehen ich habe "Mitleid" mit Strafgefangenen, so ist dies zu 99% nicht so. Das eine Prozent hebe ich mir für sehr schwierige Umstände mal auf (unzureichende Mehrfachunterbringung bspw.)
4. Eine Gesellschaft muss sich daran messen lassen, wie sie mit ihren Gefangenen umgeht. (Churchill)
auf Strafgefangene überträgst. Sie stammen aus allen sozialen Schichten und tragen
soziale Sanctionen wegen Verletzung sozialer Normen. In einem Rechtsstaat aber haben
sie selbstverständlich Rechtssicherheit , die Menschenrechte und menschenwürdige
Behandlung. Richtig ist, dass diese Sanctionen neben Strafe auch die Resozialisierung
im Blick haben müssen, abgesehen von den Ausnahmen, die sich nicht resozialisieren
lassen. Immer wieder aber zeigen Vorfälle in erschreckender Weise, dass dabei oftmals
den Tätern mehr Beachtung geschenkt wird als den Opfern, von Fehlgutachten bei
Wiederholungstätern ganz abgesehen. Auch kann ein Gefängnis kein Hotelaufenthalt
auf Staatskosten sein und wenn Maßnahmen verhindern, dass im Knast Drogen etc.ge-
handelt werden, dann ist das mehr als billig. Keiner möchte durch Gitter in den Himmel
schauen, aber dafür tragen sie selbst die Schuld.Menschenwürdige Unterkunft ja, aber
was hier zum Teil erpresst werden soll, schlägt dem Fass den Boden aus, da braucht
man sich nicht wundern, wenn der Steuerzahler sagt, russisches Essen gibts in einem
russischen Knast, in dem Vergleich die JVA ein Luxushotel ist. Dies ist auch ein Faust-
schlag gegen die Armen unserer Gesellschaft, die ehrlich sich mit Hartz 4 über die Runde bringen und oft nicht das Nötigste zum Leben haben. So geht es nicht, vom
Grundsätzlichen abgesehen. Die erste Migrantengeneration aus Russland ist nicht ver-
gleichbar nit vielen Nachfolgern ,die schon im Schulalter bis später sehr problematisch
sind und häufig entwurzelt kriminell werden. Man sollte da schnellstens umdenken und
lieber da investieren, wo sie leben, damit sie dort besser leben können als sie in eine
fremde Umwelt und Kultur zu verfrachten.
Schon mal nachgelesen, wer mit welchen Delikten in der JVA Würzburg, in Stadelheim oder Straubing einsitzt? Langzeitgefangene werde nämlich nach ihrer Haftdauer verteilt.
Und davon unabhängig:
Es sollte eine Selbstverständlichkeit unseres Rechtsstaates sein, Gefangene -auch wenn man sie selbst oder ihre Tat persönlich als zutiefst widerwärtig empfindet- rechtstaatlich und damit menschenwürdig unterzubringen. Und wenn es bisher die Möglichkeit gab, eigene Fernseher nach Kontrolle in der JVA zu benutzen, besteht in unserem Premiumstaat Bayern kein Grund, dies nicht wieder zu ermöglichen.
Diese Kürzung geht nämlich u.U. zu Lasten der versorgungsberechtigten Angehörigen draußen!
Faire Unterbrinung und Behandlung gilt übrigens auch für die Asylbewerber in der ZAST.
Der überwiegende Tenor der Beiträge hier ist primitives "Rübe-ab" Volksempfinden.
Die Größe eines Menschen und eines Staates zeigt sich im Umgang mit seinen Minderheiten und die Mauer im Kopf ist schlimmer als eine Gefängnismauer.
Erschreckend, wie ein plakativer und BILDhafter MP- Bericht auf Basis von u.a. Ausagen vom Anstaltsleiter meinungsbildend ist und sofort ein Aufschrei erfolgt.
Ihr denkt nicht selbst, Ihr lasst Euch von der MP denken!
Was nützt es dem Menschen, wenn er Lesen und Schreiben gelernt hat, aber das Denken anderen überläßt. (Ernst R. Hauschka)
Menschenrechte, und das ist gut so. Was aber hier gefordert wird, ist unglaublich. Keiner
ist ja unschuldig im Knast und die Würzburger JVA gehört zu den angenehmsten.
Ein Gefängnis darf zu keiner Wellnessbude werden, wenn wenigstens ein Hauch an
Abschreckung und Sühne bleiben soll. Ich bin aber dafür, dass man ihnen den Wunsch
nach russischem Essen erfüllen sollte. Überführt sie zurück ins Putinreich in einen
Knast, dort gibt es dann wunschgemäß russisches Essen. Wenn russisches Essen
auf Steuerkosten, dann bitte auch eine freie Mahlzeit täglich für Hartz 4-Empfänger,
die hätten es wenigstens verdient.
Es scheint tatsächlich die Ansicht zu geben, "eingesperrt" würden nur Mörder und Schwerkriminelle....
Und vielleicht auch mal Hintergründe, denn bekanntlich ist ja ein Ladendiebstahl für zwofuffzig mit Brotmesser in der Hosentasche schon ein "Raubüberfall mit Waffen".....
("die Mainpost berichtete"....)
Informierten ist bekannt, dass die JVA Würzburg sich einen Knast im Knast leistet, d.h. russlanddeutsche Gefangene von anderen Gefangenen getrennt einer Sonderbehandlung unterliegen, die gegen die Menschenrechte verstößt. Dies ist der MP und somit der Öffentlichkeit auch nicht bekannt. Für mich ist der Streik völlig nachvollziehbar. Die offiziellen sind eine Persiflage und die meisten Oberschlauen glauben das hier auch noch!
Traurig
Was die Russlanddeutschen angeht, so haben Sie hundertprozentig recht!
Dabei sind gerade diese auch bekannt für ihre Loyalität, Kameradschaft, Freundlichkeit und Verlässlichkeit - habe hier nur beste Erfahrungen gemacht. Und unter den Vorurteilen, die hier so entlarvend und auf das Übelste ihren Ausbruch finden, leiden sie natürlich auch. So vertieft man Gräben. Aber bei einigen hier scheint soweiso die Zeit stehen geblieben zu sein! Die Maske der Zivilisation fällt beim ersten Anlass, wie man sieht!
Dass die deutsche Wehrmacht bei ihrem Ostfeldzug Millionen kriegsgefangene Russen hat verhungern lassen und an den Bäumen in den Gefangenenlagern selbst unten die Rinde abgekratzt und gegessen wurde, hat natürlich mit der JVA Würzburg und dem Hungerstreik hier nichts zu tun.
Mit der Gesinnung und der Frage, wie so etwas passieren konnte allerdings sehr: die Menschenverachtung ist heute offenbar die gleiche, wenn auch aufgrund veränderter Rahmenbedingungen auf anderem Niveau. Man bekommt jedoch eine Ahnung davon, wie es anfängt und was in Köpfen zum Teil vorgeht!
Dass die deutsche Wehrmacht bei ihrem Ostfeldzug Millionen kriegsgefangene Russen hat verhungern lassen und an den Bäumen in den Gefangenenlagern selbst unten die Rinde abgekratzt und gegessen wurde, hat natürlich mit der JVA Würzburg und dem Hungerstreik hier nichts zu tun.
Mit der Gesinnung und der Frage, wie so etwas passieren konnte allerdings sehr: die Menschenverachtung ist heute offenbar die gleiche, wenn auch aufgrund veränderter Rahmenbedingungen auf anderem Niveau. Man bekommt jedoch eine Ahnung davon, wie es anfängt und was in Köpfen zum Teil vorgeht!
Es ist die Frage, ob in einem Forum deutsche "Bürger" schon wieder dazu aufrufen dürfen, in deutschen Gefängnissen inhaftierte Russlanddeutsche verhungern zu lassen!
Und machen Sie hier bloß nicht auf ehrenkäsig, das hat der Duktus in diesem Forum schon lange erledigt!