Der Andrang im zentralen Hörsaalgebäude der Universität am Hubland war groß: Über 1000 Vertreter aus Politik, Gesellschaft und Kirche kamen zum Neujahrsempfang der Diözese. Bischof Friedhelm Hofmann hatte einen prominenten Redner zu einem spannungsreichen Thema geladen: Fritz Pleitgen, langjähriger Fernsehkorrespondent unter anderem in Moskau, Ost-Berlin und Washington, sprach über „Kirche und Medien – ziemlich beste Freunde?“
Der Kirchenmann und der Journalist kennen sich aus gemeinsamen Kölner Tagen. Hofmann war dort von 1992 bis 2004 Weihbischof unter Kardinal Joachim Meisner, Pleitgen führte von 1995 bis 2007 als Intendant den Westdeutschen Rundfunk (WDR). Der 75-Jährige bot eine ebenso unterhaltsame wie nachdenklich stimmende Rede. Immer wieder gab es spontanen Applaus seitens der Zuhörer.
Neben Anekdoten aus dem eigenen Journalistenleben und etwas Pressegeschichte thematisierte Pleitgen ganz offen die alltäglichen Konflikte zwischen Kirchen- und Medienvertretern. Die Themen der Kirche seien auch Themen der Medien. Dazu gehörten der Zölibat, die Stellung der Frau in der Kirche oder der Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen. Wenn darüber mit Leidenschaft und offen diskutiert werde, sei das gut. „Das macht die Kirche attraktiv.“ Doch leider verstünden viele Würdenträger Informationen als „Gnadenakt“, den man sich erst durch Wohlverhalten verdienen müsse.
Es seien nicht Kleinigkeiten gewesen, die die Kirche in den vergangenen Jahren in den Medien schlecht aussehen ließen, sagte Pleitgen und erwähnte den sexuellen Missbrauch von Kindern, die Abweisung eines Vergewaltigungsopfers durch eine katholische Klinik und die Empörung über den Limburger Bischof. Wenn Kirchenvertreter die Berichterstattung als „Katholikenphobie“ oder „Pogromstimmung“ bezeichnen, zeuge dies „weder von Augenmaß noch von Souveränität“. Auch „Wagenburg-Mentalität und Geheimniskrämerei“ brächten niemanden weiter. Verschleierung, so Pleitgens Rat an die Kirche, sollte man gar nicht erst versuchen. „Diese Taktik verlängert nur die Leidenszeit.“
Journalist Pleitgen sparte aber auch nicht an Selbstkritik. Er wolle nicht wegbügeln, dass es auch „schmerzhafte Verletzungen“ der Kirche durch Journalisten gibt. „Was sich in manchen Artikeln, Sendungen und neuerdings im Internet als Satire gebärdet, ist oft nichts weiter als die plumpe Verhöhnung religiöser Symbole.“ Im Übrigen müsse, wer hart austeilt, auch einstecken können.
Protestant Pleitgen machte schließlich deutlich, dass er für die Zukunft der katholischen Kirche große Hoffnungen auf Papst Franziskus setzt. Letzterer habe die Medien mit seiner offenen Art „im Handumdrehen gewonnen“. Davon könnten sich andere ein Beispiel nehmen. „Vom Papst lernen, heißt siegen lernen“, scherzte Pleitgen. „Sie merken, ich war längere Zeit im Ostblock tätig.“