So schnell kann aus einer Frau und einem Herrn Doktor eine einfache Frau H. und ein einfacher Herr B. werden: Die Uni Würzburg hat den Zahnärzten den „Dr. med. dent.“ entzogen, und das Verwaltungsgericht Würzburg hat die Entscheidung abgesegnet. (Nachtrag am Ende des Artikels)
Die Zahnärzte aus Frankfurt und aus einer sächsischen Kleinstadt, hatten ihre Doktorarbeiten über die „Würzburger Wundarznei“ 1996 und 1998 am medizingeschichtlichen Institut der Julius-Maximilians-Universität bei Professor K. geschrieben. Als sie fertig war, umfasste die Arbeit von Frau H. 40 Seiten plus 24 Seiten Literaturverzeichnis, die von Herrn B. 26 Seiten plus 14 Seiten Literaturverzeichnis. Der Doktorvater der beiden, der heute 80-jährige Professor K., und Zweitgutachter Professor W. bewerteten die Arbeiten mit „cum laude“ (gut). Herr B. bekam seine Urkunde im Jahr 2000, Frau H. die ihre 2001.
2009 wurde Professor K. wegen Vorteilsannahme zu 14 400 Euro Geldstrafe verurteilt, weil insgesamt 6000 Euro für Dissertationen geflossen waren. Die Vorwürfe, K. habe einige der Arbeiten selbst geschrieben, waren, wie es der damalige Chef der Würzburger Staatsanwaltschaft und jetzige Landgerichtspräsident Dietrich Geuder ausweichend formuliert hatte, „nicht direkt Gegenstand der Ermittlungen“. Professor K. bot übrigens trotz Verurteilung noch im Wintersemester 2012/13 als ordentlich emeritierter Ordinarius Seminare an der Uni Würzburg an.
Als 2011 ein anonymes Dossier mit brisanten Vorwürfen auftauchte, merkte Unipräsident Alfred Forchel, dass „die Verdachtsfälle“ wohl doch „nicht ausreichend untersucht“ worden waren und es wurde beschlossen, externe Fachleute mit der Überprüfung einer Reihe medizinhistorischer Dissertationen zu beauftragen.
Einer dieser Experten stellte fest, dass die Doktorarbeit von Herrn B. teilweise wörtlich mit der Promotionsschrift eines inzwischen verstorbenen Doktoranden übereinstimmt, bei dem ebenfalls Professor K. als Doktorvater fungierte. Außerdem vermutet der Prüfer, dass K. die Arbeit selbst verfasst haben könnte. Sein Fazit: Die Doktorarbeit wäre nirgendwo „als medizinhistorische Dissertation akzeptiert worden“.
Mindeststandards nicht erfüllt
Auch bei der Dissertation von Frau H. fand eine Expertin wörtliche Übereinstimmungen mit einer anderen Arbeit. Ihr Ergebnis: Frau H.'s Werk erfülle nicht die „Mindeststandards, die im Fach Geschichte der Medizin“ gefordert sind. Sowohl Herr B. als auch Frau H. hatten ehrenwörtlich erklärt, ihre Arbeiten selbstständig angefertigt und keine außer den angegebenen Quellen benutzt zu haben.
Am 15. November 2012 entzog die Universität Würzburg den Zahnärzten ihre Doktortitel. Eine Entscheidung, gegen die die beiden vor dem Verwaltungsgericht Würzburg klagten. Allerdings ohne Erfolg. Die Zweite Kammer unter Vorsitz von Verwaltungsgerichtspräsident Rudolf Emmert wies die Klage ab. Bei den Arbeiten von Frau H. und Herrn B. handele es sich nicht um selbstständige, wissenschaftliche Leistungen, sagte Emmert in der Urteilsbegründung. Und „wer Teile aus anderen Arbeiten übernimmt, ohne das kenntlich zu machen, täuscht.“
Gegen das Urteil kann ein Antrag auf Zulassung der Berufung beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof gestellt werden.
Nachtrag:
Inzwischen meldete sich der rechtsanwaltliche Bevollmächtigte des Doktorvaters der betroffenen Zahnärzte, des Würzburger Professors K., zu Wort. In dem Artikel hieß es: „2009 wurde Professor K. wegen Vorteilsannahme zu 14 400 Euro Geldstrafe verurteilt, weil insgesamt 6000 Euro für Dissertationen geflossen waren.“ Rechtsanwalt Dr. Johannes Mierau weist darauf hin, dass die Zahlung von 6000 Euro nicht „für Dissertationen“ erfolgt sei. Aus dem Strafbefehl gegen Professor K. gehe hervor, „dass es sich seinerzeit um Darlehen gehandelt habe, die nicht im Zusammenhang mit Dissertationen standen“.