zurück
DAVOS/WÜRZBURG/SCHWEINFURT
Ukrainekonflikt verursacht drastische Umsatzeinbußen in Mainfranken
Ukraine-Krise: Russland kauft kaum noch Druckmaschinen.
Foto: Obermeier | Ukraine-Krise: Russland kauft kaum noch Druckmaschinen.
Tilmann Toepfer
Tilman Toepfer
 |  aktualisiert: 24.01.2015 09:41 Uhr

Die Bundesregierung hat Russland im festgefahrenen Ukraine-Konflikt eine Wirtschafts-Kooperation bis hin zur gemeinsamen Freihandelszone in Aussicht gestellt. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach auf dem Wirtschaftsgipfel im schweizerischen Davos von der Option, Gespräche zwischen Europäischer Union und der von Moskau dominierten Eurasischen Union über „Möglichkeiten einer Kooperation in einem gemeinsamen Handelsraum“ zu führen. Voraussetzung sei allerdings eine umfassende Friedenslösung in der Ostukraine.

Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat nach Medienberichten zudem eine Diskussion in der EU darüber angeregt, was man Russland für die Zeit nach dem Krieg anbieten könne. Der nächste Schritt sei ein Gedankenaustausch über eine Freihandelszone, habe Gabriel ebenfalls in Davos gesagt. „Wir sollten Russland einen Ausweg anbieten“, so der SPD-Politiker.

Die Initiative von Kanzlerin und Vizekanzler stößt bei der mainfränkischen Wirtschaft auf Zustimmung. Kurt Treumann, Bereichsleiter International bei der Industrie- und Handelskammer Würzburg-Schweinfurt (IHK) hält die vom Westen verhängten Sanktionen ohnehin für „das falsche Mittel, das die Falschen trifft“. Je länger die Krise dauert, desto mehr der „mit viel Manpower“ geknüpften Kontakte zu Geschäftspartnern gingen verloren. „Die Russen suchen sich neue Lieferanten“, sagt Treumann und weist darauf hin, dass sich „die sowieso schon teuren Produkte“ durch den Verfall des Rubelkurses weiter verteuert haben. „Die Krise trifft alle Branchen“, lautet Treumanns Fazit.

In den Bilanzen vieler Unternehmen der Region hat die Ukraine-Krise bereits tiefe Spuren hinterlassen. So beklagt Klaus Schmidt, Sprecher des Würzburger Druckmaschinenpioniers Koenig & Bauer (KBA), dass das Russlandgeschäft seines Unternehmens infolge des Verfalls des Rubels und durch die Finanzierungsprobleme der Partner „fast vollständig zum Erliegen gekommen ist“. KBA machte vor dem Konflikt knapp fünf Prozent seines Umsatzes in Russland, umgerechnet etwa 20 Millionen Euro. Das Ukrainegeschäft ist nach Schmidts Angaben ebenfalls zusammengebrochen.

Wie der IHK-Vertreter hofft auch Schmidt auf eine schnelle Entspannung. Wirtschaftliche Gründe sind für ihn nicht die allein ausschlaggebenden. Aus dem „Kalten Krieg“ könne schnell ein heißer werden, fürchtet Schmidt. Russland müsse eine europäische Perspektive erhalten und sein Präsident müsse am Ende das Gesicht wahren können.

Das schwache Russlandgeschäft hat auch die Gewinne des fränkischen Sportartikelgiganten Adidas geschmälert. Wegen der deutlichen Schwächung des Rubels musste der Konzern, der zwischen St. Petersburg und Wladiwostok circa 1100 Läden betreibt, rund 80 Millionen Euro abschreiben. Das war am Freitag aus der Zentrale im oberfränkischen Herzogenaurach zu hören.

Der Spielwarenhersteller Simba Dickie im mittelfränkischen Fürth bekam den Währungsverfall in verschiedenen Ländern Osteuropas 2014 ebenfalls deutlich zu spüren. Allein in Russland – 2013 noch der drittwichtigste Markt der Gruppe – seien die Erlöse infolge der Zurückhaltung der Käufer um 20 Prozent eingebrochen, so Firmenchef Michael Sieber.

Auf dem Milliardenmarkt Russland sind laut einer Umfrage der IHK Würzburg-Schweinfurt vom Sommer 2014 etwa 130 mainfränkische Unternehmen tätig. Die Moskauer Tochter der Bosch-Rexroth-Gruppe aus Lohr etwa beschäftigt rund 120 Mitarbeiter. Die Knauf-Gruppe aus Iphofen ist mit 14 Werken einer der größten deutschen Investoren in Russland.

Russland hat die wegen der Ukraine-Krise verhängten Sanktionen des Westens als nutzlos dargestellt und demonstrativ die Zusammenarbeit mit China unterstrichen. Solange der Westen glaube, Russland gängeln zu können, werde sich nichts ändern, sagte der russische Vizeregierungschef Igor Schuwalow am Freitag in Davos. „Wenn der Westen und Russland nicht anfangen, wie Gleiche miteinander zu sprechen, wird es keine Lösung geben.“ Die Sanktionen hätten zwar „destruktive Folgen“, jedoch lasse Russland sich nicht unter Druck setzen. Mit Informationen von dpa

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Tilman Toepfer
Adidas AG
Bosch Rexroth AG
Bundeskanzlerin Angela Merkel
CDU
Freihandelszonen
Industrie- und Handelskammern
Klaus Schmidt
Kraftfahrt-Bundesamt
Krisen
SPD
Sigmar Gabriel
Spielwarenhersteller
Ukraine-Konflikt
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top