Im Hauptasteroidengürtel zwischen den Planeten Mars und Jupiter ziehen mehrere Hunderttausend Asteroiden ihre Bahnen um die Sonne. Astronomen haben bis heute 655 500 dieser Kleinplaneten geortet und katalogisiert, 18 836 tragen einen Namen. Zwei dieser Gesteinsbrocken hat die Internationale Astronomische Union (Paris) kürzlich zusätzlich zu einer Kennnummer die Namen „Birnfeld“ und „Hassberge“ zugewiesen. Der unterfränkische Astrophysiker Thomas Müller stellte die beiden Neuzugänge am Montag bei einer Tagung des Arbeitskreises Astronomiegeschichte der Astronomischen Gesellschaft in Bamberg vor.
Wer Birnfeld und die Haßberge mit bloßem Auge sehen will, sollte sich ihnen terrestrisch nähern. Birnfeld ist eine 430-Einwohner-Gemeinde, Ortsteil von Stadtlauringen im Landkreis Schweinfurt, die Haßberge sind ein Mittelgebirgszug in Nordostunterfranken. Ihre Namensvettern im Orbit sind bestenfalls mit einem Teleskop zu erspähen. Entdeckt hat sie 2009 der Heidelberger Astrophysiker Felix Hormuth mit einem Spiegelteleskop des Calar-Alto-Observatoriums in Südspanien.
Den Berechnungen der Astronomen zufolge hat „(365 130) Birnfeld“ einen Durchmesser von etwa 1,2 Kilometer, „(365 131) Hassberge“ von etwa 1,3 Kilometer. Die beiden Himmelskörper benötigen 3,58 beziehungsweise 3,62 Jahre für einen Umlauf um die Sonne und bewegen sich auf leicht elliptischen Bahnen. Wenn sie der Erde am nächsten sind, liegt immer noch eine Entfernung von rund 150 Millionen Kilometern – etwa die Entfernung zwischen Erde und Sonne – zwischen den beiden Kleinplaneten und ihren unterfränkischen Namenspaten. Bei einer Helligkeit von 19.7 beziehungsweise von 19.1 mag könnten sie dann mit einem größeren Amateurteleskop beobachtet werden. „Birnfeld“ und „Hassberge“ bestehen den Angaben von Müller zufolge aus silikatreichem Gestein, der vorherrschenden Materie im inneren Asteroidengürtel.
Die Namen für die beiden Kleinplaneten hatte der aus Birnfeld stammende Thomas Müller, Astrophysiker am Max-Planck-Institut für Extraterrestrische Physik in Garching, vorgeschlagen. Felix Hormuth reichte die Vorschläge im Juni 2014 bei der Internationalen Astronomischen Union (IAU) ein, der Vorschlag wurde akzeptiert und die Namensgebung am 9. September im „Minor Planet Circular“ offiziell bekanntgegeben.
Wissenschaft unter Leute bringen
Damit gibt es jetzt rund 40 Kleinplaneten mit fränkischem Bezug, sie tragen die Namen berühmter Menschen aus Franken, von fränkischen Städten oder Landschaften. Nur wenige wurden bisher nach derzeit lebenden Astronomen benannt. Eine der Ausnahmen ist der Asteroid Nummer 8793: Er erhielt 1999 den Namen „Thomasmüller“ in Würdigung des von Thomas Müller im Rahmen seiner Dissertation entwickelten thermophysikalischen Verfahrens zur Bestimmung von Bahnachsen und Strahlungsverhalten von Himmelskörpern.
Der 1966 in Birnfeld geborene Astrophysiker hat in Würzburg und Heidelberg Physik und Astronomie studiert und arbeitete in Spanien für die Europäische Weltraumbehörde ESA im Datenzentrum des Europäischen Infrarot-Observatoriums ISO, bevor er ans Max-Planck-Institut wechselte. Die volkstümliche „Taufe“ von Kleinplaneten sieht er als einen Weg, „die Wissenschaft unter die Leute zu bringen“. Und weiter: „Schließlich ist die Astronomie eine faszinierende Sache, und wir leben ja auch von Steuergeldern.“
Die „Astronomie in Franken“ stand aus zweierlei Gründen auf der Tagesordnung der Astronomischen Gesellschaft: Die Remeis-Sternwarte in Bamberg feiert heuer 125-jähriges Bestehen. 400 Jahre ist es her, dass der fränkische Astronom Simon Marius fast gleichzeitig mit Galileo Galilei die Jupitermonde entdeckte und seine Erkenntnisse 1614 in dem Werk„Mundus Jovialis“ veröffentlichte.