
Wenn die schwarze Schiebtüre zugeht, ist er weg, der selbst ernannte „Papa“. Keine fiesen Sprüche mehr, kein hauchendes Lachen. Auf der Rückbank des Busses sitzt kein „Lurchi“, wie ihn seine Mitarbeiter im Büro gerne nennen, sondern einfach Christoph Maria Herbst. „Ähh, gibt's hier in Dettelbach noch irgendwo Kartoffelchips?“ Man hört ihn noch raus, den Bernd Stromberg aus der Capitol-Versicherung. Zehn Jahre lang hat der 48-jährige Herbst in der mehrfach prämierten Comedyserie „Stromberg“ den miesepetrigen Chef der Schadensregulierung gespielt. Ein selbstverliebtes, arrogantes und gemeines Büroekel, das Sätze sagt wie: „Ich mach’s wie der liebe Gott. Der lässt sich auch nicht so oft blicken, hat aber trotzdem ein gutes Image.“ Am Donnerstagabend kam Herbst mit Regisseur Arne Feldhusen zur Präsentation von „Stromberg – der Film“ nach Mainfranken.
Christoph Maria Herbst
über Dettelbach
Dortmund, Hamburg, Berlin, München, Dettelbach – die vorletzte Station auf der Kinoreise passt nicht ganz ins Schema. „Das ist das Tolle am Leben als Gaukler, man kommt in die hintersten Winkel“, sagt Christoph Maria Herbst. Seit elf Tagen läuft der Film zur Serie im Kino, seither hat die Crew nach eigenen Abgaben 35 Städte besucht. Welche, kann Regisseur Feldhusen auf der Fahrt nach Würzburg nicht mehr aufzählen: „Wir sind total platt.“
Auch die Abteilung von Stromberg geht im Kinofilm auf Reisen. Ziel ist die 50-Jahr-Feier des Unternehmens. Wie immer sorgt der Chef für Chaos: „Firmenfeiern sind wie das letzte Abendmahl: Immer zu wenig Weiber, das Essen ist schlecht und am Ende gibt’s Ärger.“ Für die Dettelbacher Zuschauer gibt's am Ende statt Ärger ein Treffen mit zwei Ensemblemitgliedern. „Wir haben einige Kollegen auf der Tour verloren“, erklärt Feldhusen den Darstellerschwund. Nur einer sei „nicht ganz im Arsch“, der Chef selbst. Christoph Maria Herbst hüpft zur Leinwand herunter, schnappt sich das Mikro und ruft „Lurchi, Lurchi“.
„Mir grinst die Sonne aus jeder Ritze – ich könnte Konfetti kotzen.“ Der Herbst ist gut gelaunt, hat mit seinem Film gerade die 400 000-Besucher-Marke geknackt. „Wer hätte gedacht, dass Papa mal George Clooney wegbläst“, sagt er in Anspielung auf dessen Film „Monuments Men“. Hibbelig durchsucht er das Publikum nach Investoren. Denn der Film wurde mit Hilfe von Fans durch ein sogenanntes Crowdfunding-Projekt finanziert. Und tatsächlich versteckt sich auch in Dettelbach ein Geldgeber in den hinteren Reihen, der 500 Euro gespendet hat. „Hier sitzt das Geld“, freut sich Herbst.
Die Gäste suchen die Nähe zu den Fans, schenken Geburtstagskind Dominik den „Drückeberger“, einen Tacker mit Strombergvisage. Mathias, der „alte Gurkenpudding“, ist der Schnellste beim Serienquiz und bekommt einen „Arsch-Locher“ fürs Büro. Natürlich wird auch der Hit zum Film „Lass das mal den Papa machen“ gesungen, in einer leicht abgeänderten Version. „Läuft's mit der Show mal nicht so rund, und du denkst dir boah jetzt wird's mir aber zu bunt, dann hab ich hier einen Tipp, lieber Markus Lanz, ruf Papa, Papa kann's.“ Die Anspielung auf seinen Auftritt bei „Wetten dass“ sei nicht böse gemeint. Die Anfeindungen gegen den Moderator finde er schrecklich, betont Herbst beim anschließenden Pressegespräch.
Noch mehr geschmerzt habe ihn der letzte Drehtag: „Wir haben alle geflennt wie die Schlosshunde“, erinnert sich Herbst. Denn nach fünf Staffeln und Kinofilm ist Schluss mit Stromberg – zumindest so, wie die Fans ihn kennen. Der Chef verlässt die Capitol und landet am Ende des Films bei der SPD. Frank-Walter Steinmeier, der einmal kurz durchs Bild läuft, habe dem Gastauftritt seinen Aufstieg zum Außenminister zu verdanken, scherzt Herbst.
Nach einer Autogrammstunde, geht es schnurstracks in den Bus. 20 Minuten dauert die Fahrt nach Würzburg. Zeit, die der Schauspieler nutzt, um durchzuschnaufen und – um sich einen Mitternachtssnack an der Tankstelle zu organisieren. Mit vier Tüten Kartoffelchips auf dem Schoß geht es Richtung Cinemaxx.
Mittlerweile ist der nächste Tag angebrochen und zwei volle Kinosäle warten auf ihre Stars. Wieder hüpfen die beiden zur Leinwand, blödeln, singen und lassen sich feiern. Geburtstagskind Dominik heißt jetzt Ansgar, „das alte Sitzgemüse“. Bedanken, winken, rauslaufen und ab in den nächsten Saal.
Dort läuft gerade noch die letzte halbe Stunde des Films. Feldhusen und Herbst setzen sich oben auf die Treppe und beobachten die Kinobesucher. Freuen sich, wenn gelacht wird, flüstern sich Erinnerungen ins Ohr. Die beiden Männer kennen sich seit 15 Jahren, sind ein eingespieltes Team. Als das Licht angeht, versteckt sich der Strombergdarsteller hinter der Tür. Erst als der Regisseur ihn als „Arschologe“ ansagt, hoppelt er die Treppe hinunter – zum letzten Mal bei dieser Kinotour. Es gibt kein Geburtstagskind, dafür eine extra lange Version vom „Papa-Lied“.
Bis tief in die Nacht geben die beiden am Getränkestand Autogramme, signieren T-Shirts und Tassen. Der Stromberg-Darsteller ist ein Vollprofi und lässt sich seine Müdigkeit auch beim 1000. Foto mit den Fans an diesem Abend nicht anmerken. Wer dran ist, bestimmt der „Papa“ selbst. Denn, um es mit Strombergs Worten zu sagen: „Ich bin für klare Hierarchien. Gott hat ja auch nicht zu Moses gesagt: Hier Moses, ich hab da mal was aufgeschrieben, was mir nicht so gut gefällt. Falls du Lust hast, schau doch da mal drüber. Nein, da hieß es: Zack, 10 Gebote! Und wer nicht pariert kommt in die Hölle. Bums, aus, Nikolaus.“