Diese Reaktion ließ nicht lange auf sich warten: Der Anschlag auf die islamkritische Redaktion des Satire-Magazins „Charlie Hebdo“ sei ein Beleg für die Islamisierung des Abendlandes und die Gefahr, die vom Islam ausgehe, ließen mehrere Ableger der Anti-Islam-Bewegung Pegida im Internet wissen und fühlen sich bestätigt.
Eine solche Instrumentalisierung der schrecklichen Tat in Paris ist widerlich. Der Argumentation liegt die These „Alle Muslime sind Islamisten“ zugrunde – eine Annahme, die genauso falsch ist wie die Behauptung, alle Pegida-Demonstranten seien Nazis. Dass von Islamisten eine Gefahr für Europa ausgeht, ist unterdessen keine Neuigkeit; darüber wurde mehrfach ausführlich berichtet.
Experten sehen allerdings weniger muslimische Zuwanderer als Gefahr. Vielmehr gelten Rückkehrer aus den Kampfgebieten in Irak und Syrien mit französischem, deutschem oder britischem Pass als Risiko. Wer den Anschlag von Paris nun mit dem Thema Zuwanderung in Verbindung bringt, hat die Zusammenhänge nicht ansatzweise verstanden.
Standpunkt: Die Instrumentalisierung ist widerlich
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Eine derart wertende Bezeichnung wie "widerlich" lässt keine Diskussionsbasis zu. Gerade Journalisten sollten sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung zur möglichst wertfreien Informationsweitergabe bewusst sein (zumindest wenn sie sich in ihrer beruflichen Situation äußern). Natürlich ließ die Pegida-Reaktion nicht lange auf sich warten, genauso klar ist aber, dass seitens der Presse ja auch nur vom hohen Sockel einer vermeintlich unverrückbaren Wahrheit herab gerade darauf gewartet wurde. Beides äußerst durchschaubar. Und ja - kaum weniger widerlich.
Mit freundlichen Grüßen
Benjamin Stahl, Redaktion Aktuelles
Bezüglich der Zuwanderung und der Aufnahme von Flüchtlingen sollte man – über die gestrigen Morde hinaus - den heutigen Anschlag in Nigeria mit ca. 2.000 Toten durch die islamistische Boko Haram berücksichtigen:
Flüchtlinge können – und werden! - als strategische Option missbraucht: öffentlichkeitswirksame Brutalität löst Flüchtlingswellen aus, die die aufnehmenden Staaten überlasten wie der Tsunami die Sicherungen des Kernkraftwerkes Fukushima.
Diese Perspektive ist seit langem erkennbar; die Menschen wollen nicht warten, bis in Deutschland französische Verhältnisse herrschen und erwarten – auch von den Medien – Weitblick und konsequentes Handeln.
Dagegen ist man übrigens bei Pegida weder auf die Themen Terror und Islamisten in dem bekannten 19-Punkte-Programm eingegangen, noch waren drohende Anschläge meines Wissens zentrales Thema bei den jüngsten Demos.
Mit freundlichen Grüßen
Benjamin Stahl, Redaktion Aktuelles
Aber der Islam in seiner konservativen Form beinhaltet ein Gefahrenpotential, das politische Korrektheit nicht nur ausblendet, sondern ins Gegenteil verkehrt, wenn allgemein vom „friedlichen Islam“ oder „das hat nichts mit dem Islam zu tun“ gesprochen wird: sind denn Nicht-Muslime für die Gräuel-Taten verantwortlich?
Die übliche Strategie, eigene Fehleinschätzungen nicht zuzugeben, ohne die Gegenposition anzuerkennen, besteht in der Emotionalisierung durch Empörung über das – nicht zutreffende, aber unterstellte - Verhalten der Gegenseite durch Ausdrücke wie „widerlich“ oder „empörend“; erkennen Sie das Muster?
Wer so argumentiert, könnte leicht eine Mitschuld von PEGIDA an den Ereignissen in Paris konstruieren; nach dem Dutschke Attentat hieß es in Berlin: BILD hat mitgeschossen!
(hätten Sie im Deutsch-Unterricht besser aufgepasst wüssten sie dies ...)
Zweitens meine ich daß Benjamin Stahl völlig recht mit seiner Meinung hat.
Rechte Rattenfänger bei der Pegida versuchen nun die getöteten Statiriker die nicht nur Islamistische Intoleranz und Dummheit sondern auch gegen die Wirköpfe von Front National Stellung bezogen für ihre Zwecke zu instrumentalisieren.
Das ist schäbig, widerlich und abstoßend.
Falls Sie nicht wissen was ich mit Leichenfledderei meine - sie können es hier nachlesen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Leichenfledderei
Aber nicht nur in Deutschland versuchen einige Radikale die Stimmungslage für sich zu nutzen sondern auch in Frankreich wie telepolis schreibt:
Politische Leichenfledderei
http://www.heise.de/tp/artikel/43/43809/1.html
Das gleicht der Forderung, Atomkraftgegner hätten nach der Katastrophe von Fukushima nicht auf diese hinweisen dürfen und die japanischen Opfer instrumentalisiert, “nur” weil sie sich in ihren Warnungen vor den Gefahren der Atomkraft bestätigt gesehen haben.
Nach dem Massaker in Paris gibt es viele Ansatzpunkte für einen - durchaus auch selbstkritischen -Standpunkt zum Thema Islamismus. Dass sich nach der Hinrichtung von islamkritischen Journalisten in Frankreich, der erste journalistische Kommentar der MainPost jedoch in einen verbalen Angriff auf islamkritische Deutsche erschöpft, dürfte wohl ebenfalls von so manchem Leser als widerlich empfunden werden.
Der „friedliche“ Islam“ mag –angesichts unserer Geschichte – eine angemessene Interpretation für unser Land sein; global gilt sie gewiss nicht. Bereits Frankreich hat mit seinem kolonialen Erbe und dem Bürgerkrieg in Algerien erheblich größere Probleme, aber Parallelgesellschaften und No-Go-Areas gibt es auch bei uns.
„Der Islam“ mit seinen Strömungen liefert Begründungen für jede Form von Radikalisierung: sogar die arabische „Jasmin-Revolution“ hat nur formal zu einer „Demokratisierung“ geführt; im Grunde haben Wahabiten – potentiell: Salafisten – mit ihren mittelalterlichen Vorstellungen an Einfluss gewonnen.
Der „Islamische Staat“ ist eine Spitze dieses Eisberges: wo landen die Gelder aus Saudi-Arabien und den Golfstaaten? Bei den Flüchtlingen in den syrischen Nachbarstaaten oder bei den „Gotteskämpfern“?