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Standpunkt: Die Instrumentalisierung ist widerlich
Benjamin Stahl
 |  aktualisiert: 09.01.2015 17:38 Uhr

Diese Reaktion ließ nicht lange auf sich warten: Der Anschlag auf die islamkritische Redaktion des Satire-Magazins „Charlie Hebdo“ sei ein Beleg für die Islamisierung des Abendlandes und die Gefahr, die vom Islam ausgehe, ließen mehrere Ableger der Anti-Islam-Bewegung Pegida im Internet wissen und fühlen sich bestätigt.

Eine solche Instrumentalisierung der schrecklichen Tat in Paris ist widerlich. Der Argumentation liegt die These „Alle Muslime sind Islamisten“ zugrunde – eine Annahme, die genauso falsch ist wie die Behauptung, alle Pegida-Demonstranten seien Nazis. Dass von Islamisten eine Gefahr für Europa ausgeht, ist unterdessen keine Neuigkeit; darüber wurde mehrfach ausführlich berichtet.

Experten sehen allerdings weniger muslimische Zuwanderer als Gefahr. Vielmehr gelten Rückkehrer aus den Kampfgebieten in Irak und Syrien mit französischem, deutschem oder britischem Pass als Risiko. Wer den Anschlag von Paris nun mit dem Thema Zuwanderung in Verbindung bringt, hat die Zusammenhänge nicht ansatzweise verstanden.

 
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  • Ich kam über einen Link der MP, in der Diskussionen möglich sein sollten, auf diesen Artikel.
    Eine derart wertende Bezeichnung wie "widerlich" lässt keine Diskussionsbasis zu. Gerade Journalisten sollten sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung zur möglichst wertfreien Informationsweitergabe bewusst sein (zumindest wenn sie sich in ihrer beruflichen Situation äußern). Natürlich ließ die Pegida-Reaktion nicht lange auf sich warten, genauso klar ist aber, dass seitens der Presse ja auch nur vom hohen Sockel einer vermeintlich unverrückbaren Wahrheit herab gerade darauf gewartet wurde. Beides äußerst durchschaubar. Und ja - kaum weniger widerlich.
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  • benjamin.stahl@mainpost.de
    ich halte es für angebracht, in einem klar gekennzeichneten Meinungsbeitrag dem von Pegida-Vertretern und AfD-Vize Gauland hergestellten Zusammenhang zwischen Terrorismus und Zuwanderung in aller Deutlichkeit zu widersprechen und diese Aussage entsprechend zu bewerten. Die Einschätzung, dass es sich bei diesem hergestellten Zusammenhang schlichtweg um eine Falschdarstellung handelt, teilt übrigens der Terrorismusexperte Prof. Peter Neumann (www.mainpost.de/8514501).
    Mit freundlichen Grüßen
    Benjamin Stahl, Redaktion Aktuelles
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  • wwl43
    Danke, Herr Stahl, für den Link: im wiedergegeben Gespräch äußert sich Prof. Neumann zum Anschlagsrisiko durch Zuwanderung gar nicht, sondern beschränkt sich darauf, das Anschlagsrisiko bei den 8. – 10.000 möglicherweise gewaltbereiten Salafisten und nicht bei der „breiten muslimischen Bevölkerung“ zu verorten.
    Bezüglich der Zuwanderung und der Aufnahme von Flüchtlingen sollte man – über die gestrigen Morde hinaus - den heutigen Anschlag in Nigeria mit ca. 2.000 Toten durch die islamistische Boko Haram berücksichtigen:
    Flüchtlinge können – und werden! - als strategische Option missbraucht: öffentlichkeitswirksame Brutalität löst Flüchtlingswellen aus, die die aufnehmenden Staaten überlasten wie der Tsunami die Sicherungen des Kernkraftwerkes Fukushima.
    Diese Perspektive ist seit langem erkennbar; die Menschen wollen nicht warten, bis in Deutschland französische Verhältnisse herrschen und erwarten – auch von den Medien – Weitblick und konsequentes Handeln.
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  • vielen Dank für die Konkretisierung Ihres Kommentars/Meinungsbeitrages! Dennoch würde ich Sie um weitere Informationen bitten. Denn ich kann in der Presse nirgendwo entdecken, dass Pegida und AfD/Gauland den Anschlag konkret (!) mit der Zuwanderungsthematik in Zusammenhang bringen. Dafür aber mit dem alten Argument einer (wie auch immer aussehenden) Islamisierung. Was wenig überrascht. Die immer noch eher diffuse Pegida hat zwar bekannterweise auch (!) die Zuwanderungsthematik im Gepäck, die Risikogruppe der Salafisten besteht jedoch auch aus konvertierten "Biodeutschen", eine mutmaßliche Islamisierung wird also, wenn überhaupt, nicht nur von Zuwanderern getragen. Oder kurz: Von einem seitens Pegida/AfD direkt hergestellten Zusammenhang zwischen Terrorismus und Zuwanderung kann ich nirgendwo etwas finden. Dafür aber etliche Artikel, welche dies zwar schlussfolgern, aber nicht konkret belegen. Aber möglicherweise liege ich falsch. Deswegen wären konkretere Quellen hilfreich
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  • benjamin.stahl@mainpost.de
    in den Reaktionen auf den Anschlag sehen Pegida-Vertreter ihre Thesen zum Thema Zuwanderung aber auch zu den Themen Flüchtlinge, Asyl und die sog. Islamisierung bestätigt. Entsprechendes Material finden Sie, wenn Sie sich zum Beispiel die Facebook-Seiten von Wügida oder Mügida ansehen. Achten Sie dort auch auf die Kommentare von Pegida-Sympathisanten, die man ja als Teil dieser Bewegung sehen muss. Ich halte diese Schlussfolgerung - zu der wie von Ihnen erwähnt auch andere kommen - daher für schlüssig.
    Dagegen ist man übrigens bei Pegida weder auf die Themen Terror und Islamisten in dem bekannten 19-Punkte-Programm eingegangen, noch waren drohende Anschläge meines Wissens zentrales Thema bei den jüngsten Demos.

    Mit freundlichen Grüßen
    Benjamin Stahl, Redaktion Aktuelles
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  • wwl43
    Sehr geehrter Herr Stahl, als Deutscher kenne ich Frankreich gut und habe Freunde aus dem arabischen Raum - Kultur-Muslime, die sich von der Religion gelöst haben; sie sind integriert und tolerant!
    Aber der Islam in seiner konservativen Form beinhaltet ein Gefahrenpotential, das politische Korrektheit nicht nur ausblendet, sondern ins Gegenteil verkehrt, wenn allgemein vom „friedlichen Islam“ oder „das hat nichts mit dem Islam zu tun“ gesprochen wird: sind denn Nicht-Muslime für die Gräuel-Taten verantwortlich?
    Die übliche Strategie, eigene Fehleinschätzungen nicht zuzugeben, ohne die Gegenposition anzuerkennen, besteht in der Emotionalisierung durch Empörung über das – nicht zutreffende, aber unterstellte - Verhalten der Gegenseite durch Ausdrücke wie „widerlich“ oder „empörend“; erkennen Sie das Muster?
    Wer so argumentiert, könnte leicht eine Mitschuld von PEGIDA an den Ereignissen in Paris konstruieren; nach dem Dutschke Attentat hieß es in Berlin: BILD hat mitgeschossen!
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  • vielen Dank für den Link zum interessanten und informativen Interview mit Prof. Dr. Neumann. Allerdings möchte ich hier anmerken, dass der von Gauland/Pegida angeblich (ich habe bislang keine entsprechenden Belege gefunden) hergestellte Zusammenhang von Zuwanderung und Terrorismus meines Erachtens von Prof. Dr. Neumann gar nicht behandelt wird. Die seitens des Interviewers erhobene Feststellung in Frageform "Zuwanderung und Anschlagsrisiko haben also nichts miteinander zu tun?" steht eigentlich zusammenhanglos im Text, weder davor noch danach ist die Rede von Zuwanderung/Zuwanderern und Terrorismus. Es wird nur von Muslimen (bzw. einer Minderheit in dieser Gruppe) gesprochen, die aber bekanntlich nicht mit Zuwanderern gleichgesetzt werden können. Herr Neumann wird bestimmt/möglicherweise einen hergestellten Zusammenhang zwischen Zuwanderung und Terrorismus ablehnen, dies ist dem Interview aber so nicht zu entnehmen.
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  • Du_di_ned_oo
    Erstens ist der Artikel als Standpunkt also explizit nicht als neutrale Meldung gekennzeichnet
    (hätten Sie im Deutsch-Unterricht besser aufgepasst wüssten sie dies ...)

    Zweitens meine ich daß Benjamin Stahl völlig recht mit seiner Meinung hat.
    Rechte Rattenfänger bei der Pegida versuchen nun die getöteten Statiriker die nicht nur Islamistische Intoleranz und Dummheit sondern auch gegen die Wirköpfe von Front National Stellung bezogen für ihre Zwecke zu instrumentalisieren.
    Das ist schäbig, widerlich und abstoßend.
    Falls Sie nicht wissen was ich mit Leichenfledderei meine - sie können es hier nachlesen.
    http://de.wikipedia.org/wiki/Leichenfledderei

    Aber nicht nur in Deutschland versuchen einige Radikale die Stimmungslage für sich zu nutzen sondern auch in Frankreich wie telepolis schreibt:

    Politische Leichenfledderei
    http://www.heise.de/tp/artikel/43/43809/1.html
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  • graurich@aol.com
    Pegida hat u. a. vor islamistischen Anschlägen gewarnt und soll nun, da ein solcher Anschlag tatsächlich stattgefunden hat, nicht auf diese Tatsache hinweisen dürfen?

    Das gleicht der Forderung, Atomkraftgegner hätten nach der Katastrophe von Fukushima nicht auf diese hinweisen dürfen und die japanischen Opfer instrumentalisiert, “nur” weil sie sich in ihren Warnungen vor den Gefahren der Atomkraft bestätigt gesehen haben.

    Nach dem Massaker in Paris gibt es viele Ansatzpunkte für einen - durchaus auch selbstkritischen -Standpunkt zum Thema Islamismus. Dass sich nach der Hinrichtung von islamkritischen Journalisten in Frankreich, der erste journalistische Kommentar der MainPost jedoch in einen verbalen Angriff auf islamkritische Deutsche erschöpft, dürfte wohl ebenfalls von so manchem Leser als widerlich empfunden werden.
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  • wwl43
    Menschliche Betroffenheit, die ich teile, sollte man selbst nicht instrumentalisieren, um der Öffentlichkeit moralische Scheuklappen zu verordnen.
    Der „friedliche“ Islam“ mag –angesichts unserer Geschichte – eine angemessene Interpretation für unser Land sein; global gilt sie gewiss nicht. Bereits Frankreich hat mit seinem kolonialen Erbe und dem Bürgerkrieg in Algerien erheblich größere Probleme, aber Parallelgesellschaften und No-Go-Areas gibt es auch bei uns.
    „Der Islam“ mit seinen Strömungen liefert Begründungen für jede Form von Radikalisierung: sogar die arabische „Jasmin-Revolution“ hat nur formal zu einer „Demokratisierung“ geführt; im Grunde haben Wahabiten – potentiell: Salafisten – mit ihren mittelalterlichen Vorstellungen an Einfluss gewonnen.
    Der „Islamische Staat“ ist eine Spitze dieses Eisberges: wo landen die Gelder aus Saudi-Arabien und den Golfstaaten? Bei den Flüchtlingen in den syrischen Nachbarstaaten oder bei den „Gotteskämpfern“?
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