Die neonazistische Kleinpartei „Die Rechte“ steht möglicherweise kurz davor, sich in einem ehemaligen Gasthof in Stammheim (Lkr. Schweinfurt) breitzumachen. Die Partei will das Gebäude im Ortszentrum künftig als bayerische Zentrale nutzen. Im Haus „werden neben einem großen Versammlungsraum auch Unterkünfte für Kameraden sowie eine Geschäftsstelle in Betrieb sein“, heißt es auf der Facebook-Seite der Partei. Beim Landesparteitag im Mai soll die Einrichtung feierlich eröffnet werden.
Das ist freilich nur Facebook. Die Antifaschistische Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München (a.i.d.a.), eine nichtstaatliche Organisation, weist auf ihrer Homepage darauf hin, dass „Die Rechte“ schon einmal den Bezug einer Immobilie auf Facebook gemeldet, den Eintrag aber wenige Stunden später wieder gelöscht und sich über die Reaktion der Öffentlichkeit lustig gemacht habe. Das war in Bamberg, wo angeblich ein „Nationaler Treffpunkt“ eröffnet werden sollte. An anderer Stelle sagt „Die Rechte“, sie verfüge lediglich über zwei Räumlichkeiten in ganz Bayern.
Paukenschlag im Gemeinderat
Horst Herbert (CSU), Bürgermeister von Kolitzheim, erfuhr jedenfalls erst über eine Anfrage von a.i.d.a. von den angeblichen Plänen in Stammheim. Mit einem Paukenschlag begann deshalb auch die Gemeinderatssitzung in Kolitzheim am Dienstag. Herbert sprach das brandaktuelle Thema an, das nicht auf der Tagesordnung vorgesehen war.
Dass sich die rechtsextreme Partei in Stammheim niederlassen kann, will die Gemeinde mit allen demokratischen Mitteln verhindern, so der Bürgermeister. Er habe bereits mit der Polizei und dem Landratsamt Kontakt aufgenommen und für Donnerstag einen Termin mit den Behörden. Weiter habe er versucht, die Eigentümerin zu kontaktieren, allerdings noch keine endgültige Aussage erhalten. Die Partei stehe zwar unter Beobachtung des Verfassungsschutzes, sei allerdings nicht verboten, informierte Horst Herbert weiter. „In unserer Gemeinde ist kein Platz für Neonazis“, so der Bürgermeister. Ähnlich äußerten sich auch einige Gemeinderäte, vor allem die aus dem Ortsteil Stammheim. Die Stammheimer Bürger seien sehr betroffen und es müsse unbedingt gegen dieses Vorhaben vorgegangen werden, so Franz Moller. Er befürchte, dass alles, was in Stammheim erreicht wurde, durch dieses Vorhaben „den Bach runtergehe“. Dass die im Gemeinderat angemahnte Zivilcourage der Stammheimer keine falsche Hoffnung ist, zeigen erste Stimmen aus der Nachbarschaft des Anwesens.
„So etwas wollen wir absolut nicht in unserem Ort“, sagt eine unmittelbare Nachbarin. Eine andere Anwohnerfamilie fürchtet, dass es mit dem florierenden Fremdenverkehr in Stammheim abwärtsgehen könnte. Viele Stammheimer haben in Ferienwohnungen oder Pensionen investiert. Der Mann sieht allerdings kaum eine Möglichkeit, sich gegen den Einzug der Rechten zu wehren, solange diese Partei nicht verboten ist. Seine Frau befürchtet sogar, dass junge Leute aus dem Ort wegziehen könnten, wenn sich die Szene hier dauerhaft einniste. Neben den direkten O-Tönen besteht bereits eine lokale Facebook-Gruppe „Stammheim ist bunt“, deren Mitglieder die Neonazis ebenfalls ablehnen.
Schmuckes Anwesen
Das Anwesen, das zum Rechten-Zentrum werden soll, macht äußerlich einen schmucken Eindruck. Es handelt sich dabei um den ehemaligen Zehnthof aus dem Jahr 1618, der später zum Gasthof „Stern“ wurde, der ersten gastronomischen Adresse in Stammheim in den 1960ern. Danach ging es abwärts und das Haus landete über ein Nachlass-Insolvenzverfahren bei der heutigen Besitzerin. Im Internet ist von einem Verkaufspreis von bis zu 395 000 Euro die Rede, auch das ein Indiz, dass es eine Splitterpartei mit nur einigen Mitgliedern und beschränkten finanziellen Mitteln zumindest nicht direkt käuflich erwerben kann. Neonazis erstehen auf dem Land üblicherweise nur günstige Schnäppchen. Mitarbeit: Brigitte Pfister
Dort könnte man dann viele Asylsuchende unterbringen. Dann wäre Stammheim noch etwas bunter