Es sind Fälle wie der des Kochs Helmut Krug aus unserer Serie „Ungelöste Kriminalfälle“: Der Mörder kam abends an Krugs Wohnung in Würzburg. Er klingelte, schoss ihn über den Haufen, verschwand unerkannt. Das war vor 30 Jahren. Bis heute rätselt die Kripo, wer der Mörder ist und warum er schoss.
„Die meisten Tötungsdelikte geschehen im sozialen Nahraum,“ sagt Leitender Kriminaldirektor Wolfgang Geier in Würzburg. „Es gibt einen klaren Bezug des Täters zum Opfer, also: Gatte sticht auf Frau ein oder Frau vergiftet Mann – aus meist persönlichen Motiven heraus.“
Solche Beziehungsdramen werden nahezu immer aufgeklärt. Sorgen bereiten die anderen – und hier besonders die der Serientäter, die manchmal jahrelang unerkannt morden. Doch die Ungewissheit beginnt schon bei der Frage, ob ein Tötungsdelikt als solches identifiziert wird. Rechtsmediziner wie der Münchner Wolfgang Eisenmenger klagen seit langem darüber, dass jedes Jahr rund 1200 Morde in Deutschland gar nicht erkannt werden: In vielen Fällen, in denen sie Leichen sezierten, stimmte die Todesursache nicht mit der überein, die auf dem eilends ausgefüllten Totenschein stand.
Aber selbst, wenn sie einen Mord erkannt haben, bleibt die Suche nach einem Mörder oft vergeblich. Manchmal führen erkennbare Spuren monatelang nicht zum Ziel. Dann legen Mordermittler die Akte beiseite. Lassen es Personalstand und aktuelle Fälle zu, wird die Akte später erneut nach Ermittlungsansätzen durchforstet. Bisweilen wechselt man den Sachbearbeiter aus, in der Hoffnung, dadurch etwas zu finden, was man bisher übersehen hatte. „Aber wenn die Personaldecke zu dünn ist, bleiben solche ungelösten Fälle auch mal jahrelang liegen“, weiß ein Insider.
Vor allem die in den 1980er Jahren entwickelten DNA-Analysen können heute Fälle aufklären, bei denen die Spuren früher in eine Sackgasse führten. Den Mörder der Rentnerin Anna Landeck aus Geroldshausen (Lkr. Würzburg) zum Beispiel überführten 1999 winzige Hautpartikel auf der Tatwaffe, einem Pflasterstein.
Auch mit der relativ neuen Methode der Operativen Fallanalyse (Profiling) gewinnen Ermittler tiefere Einblicke in Tat und Täter. Wolfgang Geier, Unterfrankens oberster Kriminalitätsbekämpfer, bringt eine neue Möglichkeit ins Gespräch: „Wir sind in Bayern am Überlegen, wie wir die Bearbeitung der nicht geklärten Altfälle professioneller gestalten können“, sagt er. „Eine Möglichkeit wären spezialisierte „Cold-Cases“-Einheiten bei der Kripo“.
Die Methode, „erkaltete“ Fälle mit allen Mitteln der Forensik sowie verdeckten Ermittlern langfristig zu bearbeiten, ist umstritten, in Großbritannien und den USA aber erfolgreich.
Geiers Idee steht auf der Liste von Verbesserungsvorschlägen des Bundestages nach Pannen bei der NSU-Fahndung. Selbst Mecklenburg-Vorpommern hat der Einrichtung einer „Cold-Cases-Einheit“ zugestimmt. In Bayern diskutiert man noch in Fachkreisen, wo man so etwas ansiedelt. „Ob das sinnvoll ist, muss man prüfen,“ sagt der unterfränkische Landtagsabgeordnete Manfred Ländner (CSU), der Innenausschuss habe sich noch nicht damit befasst. Der gelernte Polizist betont: „Lieber würde ich die Kripo personell verstärken.“
Bei ca. 400 Fällen und ca. 95% bleiben ca. 20 Fälle ungelöst. Die unentdeckten Fälle tauchen schließlich gar nicht in der Statistik auf.
Also kein Sand in die Augen gestreut!
MfG