„Tolle Sache“, hatte ich gedacht, als ich von dem „intersozialen Theaterprojekt“ erfahren hatte: Benachteiligte Zwölf- bis 15-Jährige, alle Sonder- oder Mittelschüler, Einheimische und Migranten, bringen gemeinsam ein Theaterstück auf die Bühne – und werden dabei geführt von erfahrenen und engagierten Sozialpädagogen und Theatermachern. „Das ist so super, dass die ganze Stadt davon erfahren muss“, hatte ich zu den Kollegen in der Redaktion gesagt. Ich war überzeugt, dass hier etwas ganz Besonderes geschieht.
Was ich im Theater vorfand: Ein paar sehr wenige interessierte, neugierige, eifrige Kinder und Jugendliche. Und viel zu viele, denen Werte wie Solidarität, Zuverlässigkeit, Rücksichtnahme völlig fremd waren. Die durch nichts begründete Überheblichkeit, mit der Mittelschüler Sonderschüler behandelten, war kaum zu ertragen. Und die unverschämte Respektlosigkeit, mit der viele den unendlich geduldigen und bemühtenTheatermachern und Sozialpädagogen begegneten, hat mich fassungslos gemacht.
Das geplante Theaterstück ist nie auf die Bühne gekommen – und das ist gut so. Es wäre ein Fiasko geworden und statt endlich mal stolz auf sich sein zu können, hätten die Schüler sich blamiert bis auf die Knochen.
Zwei Tage lang habe ich die Proben verfolgt. Und immer wieder habe ich überlegt, ob man berichten soll, wenn sowieso schon benachteiligte junge Menschen trotz aller Hilfsangebote an ihrer mangelnden Erziehung scheitern. Zusammen mit der Redaktion habe mich dafür entschieden, weil auch dieses Scheitern eine gesellschaftliche Wirklichkeit in unserer Stadt ist.