zurück
DITTIGHEIM
Sechs falsche Richtige beim Lotto
Sechs falsche Richtige beim Lotto
Von unserem Redaktionsmitglied Tilman Toepfer
 |  aktualisiert: 09.04.2013 09:34 Uhr

3 – 8 – 11 – 26 – 32 – 40: Sechs Richtige im Lotto! Und doch gibt's keinen einzigen Cent dafür. Doris Wöppel aus Tauberbischofsheim (Lkr. Main-Tauber) ist dennoch nicht am Boden zerstört. Sie macht dieser Tage Urlaub im eigenen Häuschen auf Gran Canaria, freut sich, dass über der drittgrößten Insel der Kanaren die Sonne scheint und sich das Quecksilber der 30-Grad-Marke nähert. Aber ganz verarbeitet hat sie das Vorgefallene fünf Tage nach der größten Panne in der Geschichte des Mittwochslottos nicht. „Seit 32 Jahren spiele ich Lotto“, sagt die 67-Jährige. „Dann habe ich einmal sechs Richtige und die Ziehung wird annulliert. Was hat das denn für eine Bedeutung?“

Doris Wöppel ist irritiert, nicht schockiert. Keinesfalls hadert sie mit ihrem Schicksal, das sie mit Fleiß und Tatkraft selbst bestimmt hat. Als Geschäftsfrau ist sie erfolgreich. Seit 1986 führt sie das Gasthaus „Grüner Baum“ im Tauberbischofsheimer Ortsteil Dittigheim. Viel Arbeit hat sie investiert, wissen Eingeweihte, aber es hat sich gelohnt. Das Haus in der Weinbaugemeinde ist ein Aushängeschild tauberfränkischer Lebensart geworden.

Böser Traum

Auch am Abend des Mittwoch, 3. April, sieht die Wirtin in den Gasträumen nach dem Rechten. Erst spät am Abend kommt sie nach Hause und schaltet den Computer ein, um noch schnell nachzuschauen, ob und wie viele Treffer sie erzielt hat beim Mittwochslotto. Was sie dann sehen muss, schildert sie am Telefon: „Es war wie ein Traum, ja doch, ein böser Traum.“

Auf den ersten Blick sieht sie, dass alle sechs Zahlen (der ersten Ziehung) mit denen einer Tippreihe auf ihrem Wettschein identisch sind. „Mindestens vier davon hab' ich doch immer getippt“, sagt sie.

Einen Wimpernschlag später schon ist ihr klar, dass etwas nicht stimmt. Es ist nämlich zu dieser späten Stunde bereits eingeblendet, dass die erste Ziehung wegen eines technischen Defekts ungültig war. Zwei Kugeln waren nicht in die Trommel gerollt, die Ziehung musste wiederholt werden. Und Doris Wöppel sieht unter den „falschen“ Zahlen, welche ihr „Sechser im Lotto“ gewesen wären, schon die richtigen aus der zweiten, ordnungsgemäßen Ziehung eingeblendet: 16 – 21 – 23 – 29 – 31 – 38.

Fast gleichzeitig habe sie die Zahlenreihen gelesen. Und sofort gewusst, dass sie leer ausgehen wird. Doris Wöppel hatte keine Zeit zur Freude, keine Zeit zur Hoffnung auf einen satten Lottogewinn, keine Zeit für Überlegungen, wie hoch die Summe sein würde und wie sie das Geld anlegen oder wofür sie es ausgeben könnte.

Dadurch blieben ihr auch die Momente des Entsetzens, des Am-Boden-Zerstört-Seins erspart, wie sie ein BWL-Student aus Hamburg durchlebte, der sich einige Zeit als Gewinner beziehungsweise Fast-Millionär fühlen durfte. Vor dem Publikum der „Bild-Zeitung“ breitete Vladi Voronin aus, wie es ihm erging am Mittwochabend nach der ersten Ziehung. Erst konnte er sein Glück kaum fassen, der Traum vom Millionär war dann nach 22 Minuten ausgeträumt und wich der Schockstarre. „Wäre die Ziehung gültig, dann hätte Herr Voronin tatsächlich 947 770,10 Euro gewonnen“, zitiert „Bild“ einen Lotto-Experten.

Gesundheit geht vor Geld

Die Gewinnsumme von knapp 948 000 Euro bezieht sich allerdings auf die zweite, gültige Ziehung. Das bestätigt die Lottogesellschaft, das hat Doris Wöppel so bei ihrer Lottoannahmestelle in Tauberbischofsheim erfahren. Wenn nur das Wörtchen wenn nicht wär: Nach Medienberichten hat niemand in Deutschland die zweite Zahlenreihe komplett richtig getippt.

Wie viel Geld es auch immer gewesen wäre: „Alle Angaben sind wie immer ohne Gewähr.“ Der Spruch, der wie ein Mantra nach jeder Ziehung aufgesagt und eingeblendet wird, hat nun Relevanz entfaltet.

„Ich trauere dem Geld nicht nach“, sagt Doris Wöppel. Der Zuhörer am anderen Ende der Leitung, im immer noch frostig-kalten Franken, möchte in der Stimme der Grünen-Baum-Chefin einen leicht trotzigen Unterton gehört haben, lässt sich aber eines Besseren belehren, als die 67-Jährige resolut verdeutlicht, wo sie die Prioritäten im Leben sieht. Sie sei gottlob gesund, sagt sie, bei ihrem Mann sei das leider nicht der Fall. „Und ihm kann ich die Gesundheit nicht kaufen“, stellt sie bedauernd fest. Und unterstreicht damit die Gültigkeit des Spruchs, dass Geld allein nicht glücklich macht.

Lottopech: Doris Wöppel und der schicksalhafte Schein.
Foto: Privat | Lottopech: Doris Wöppel und der schicksalhafte Schein.
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Lottoannahmestellen
Lottogesellschaften
Lottogewinne
Pannen
Quecksilber
Urlaub und Ferien
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top