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WÜRZBURG
Preiskampf auf dem Biermarkt
Die Deutschen trinken immer weniger Bier. Große Brauereien versuchen, Kunden mit günstigen Preisen zu locken – sehr zum Ärger vieler kleiner, lokaler Brauereien in Franken.
Fast musealer Charakter: Bierdeckel fränkischer Brauereien. Die Zahl der Braustätten sinkt weiter.
Foto: Okapia | Fast musealer Charakter: Bierdeckel fränkischer Brauereien. Die Zahl der Braustätten sinkt weiter.
Michael Czygan
 |  aktualisiert: 11.12.2019 15:21 Uhr

Für 7,77 Euro hat der Coburger Getränkehändler Sagasser, der mit Partnern über 200 Geschäfte in Nordbayern und Thüringen betreibt, dieser Tage einen Kasten EKU-Pils der Kulmbacher Brauerei als „Mittwochskracher“ angepriesen, bei den Trabold-Märkten in Unterfranken gab's vergangene Woche den Kasten Würzburger Hofbräu für 9,99 Euro.

Günstige Preise, die viele Kunden freuen. Preise, die Karl-Heinz Pritzl ärgern. Der Chef der Ochsenfurter Kauzen-Brauerei (60 000 Hektoliter Jahresausstoß) ist Vorsitzender der Gemeinschaft Mainfranken-Bier, der sieben mittlere und kleinere Brauereien von der Rhön bis zur Mainschleife angehören.„Mit solchen Dumpingpreisen wird ein hochwertiges Lebensmittel verramscht“, klagt Pritzl. Es bestehe zumindest die Gefahr, sagt er, „dass bei Niedrigpreisen die Qualität sinkt“. Seine Brauerei könne zu solchen Preisen nicht produzieren. Man setze auf Rohstoffe, die „soweit wie möglich“ aus der Umgebung stammen. Man sichere Arbeitsplätze in der Region und zahle dort auch Steuern. Kauzen-Bier werde regelmäßig für seine Qualität ausgezeichnet. Dafür koste der Kasten dann eben auch zwischen 11,99 und 13,49 Euro.

Der Würzburger Hofbräu, mit geschätzten 250 000 Hektolitern Ausstoß im Jahr die Nummer eins in Unterfranken, spricht Pritzl diesen lokalen Bezug ab. „Das war mal eine tolle Marke“ sagt er. Seit der Übernahme durch die Kulmbacher Brauerei 2005 gehe es den Kollegen aber „fast nur noch um den Preis“. Statt mit den Kleinen in der Region zu kooperieren, schaue die Hofbräu zu sehr auf den Wettbewerb mit den Bieren aus der Fernsehwerbung. Vorwürfe, zu denen weder Hofbräu-Geschäftsführer Norbert Lange noch Helga Metzel, Pressesprecherin der Kulmbacher Brauerei, Stellung nehmen möchten. „Die Preisgestaltung obliegt allein dem Handel“, sagt Metzel. Mehr zu dem Thema ist ihr nicht zu entlocken.

Sind also allein die Händler verantwortlich für Billigangebote? Peter Sagasser sieht das differenziert. Grundlage für Sonderaktionen seien nicht zuletzt auch Sonderabfüllungen der Brauereien. Angesichts des Wettbewerbs nehme die Zahl solcher Angebote zu. Als Händler müsse er, so Sagasser, jedem Kunden etwas bieten.„Wir haben Billigbier für 5,99 Euro, aber auch Spezialitäten für 19,99 Euro.“ Auch Marco Trabold verweist auf die Vielfalt im Regal. Die 9,99 Euro für den Kasten Hofbräu seien ein „einmaliges Angebot“ gewesen.

Friedrich Düll, Chef der mit 20 000 Hektoliter Jahresausstoß eher kleinen Brauerei Düll in Krautheim (Lkr. Kitzingen) ist Präsident des Bayerischen Brauerbundes. Billigangebote seien „Auswüchse“ des Marktes, aber eben auch Teil des Wettbewerbs. Viele Brauereien in Deutschland hätten gerade im Winter ihre Kesselanlagen nicht ausgelastet. Da versuche man dann auch, über günstige Preise zusätzliche Kunden zu gewinnen.

Deutschlandweit gibt es aktuell rund 1350 Braustätten, in Bayern sind es 630 (Unterfranken: 63, Oberfranken: 163). Knapp die Hälfte davon sind Kleinstbrauereien, beispielsweise in Gasthäusern. Deren Zahl steigt sogar leicht. Düll: „Da hat sich eine Marktnische aufgetan.“ Eine „Marktkonsolidierung“ betreffe vorrangig Betriebe mittlerer Größe, nicht die Branchenriesen mit über einer Million Hektoliter Jahresausstoß. Viele Brauer versuchten, durch neue Produkte auch andere Kunden als den klassisches Helles- oder Pils-Trinker zu gewinnen. Immer beliebter wird alkoholfreies Bier. Laut Düll kommt es auf bis zu zehn Prozent Marktanteil, wird aber in der offiziellen Bierstatistik nicht mitgerechnet.

 
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Kommentare
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  • semistar
    Den Brauereien geht es nach wie vor gut, auch den Kleinen!
    Wir alle müssen uns daran gewöhnen, dass wir für weniger mehr arbeiten müssen!
    Klar möchten die gerne 15 Euro für den Kasten Bier durchsetzen, es geht halt nicht. 70 Prozent der verkauften Bierkästen sind rabattiert, d. h. der Kunde kauft nur das wöchentlich im Angebot stehende Bier.
    Und auch die kleinen Brauereien fahren ihr Bier nur in neuesten Lkws aus und für ein neues Auto für den Chef reicht es allemal!
    Wird das Bier noch teuerer, wird halt noch weniger getrunken!
    Der Oettinger schaft es sogar für 5 Euro Bier herzustellen, das blind verkostet gar nicht mal so schlecht schmeckt!
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  • mc.iglo
    Logisch. Wenn du bei einer Blindverkostung Öttinger, Hofbräu und Kesselring hast, schneidet das Öttinger tatsächlich gar nicht sooo schlecht ab...
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  • mag, der soll es auch konsumieren. Wenn aber jemand auf den Geschmack gekommen ist, der gibt für eine Kiste Bier gerne 12 bis 15 Euro aus. Ich schätze unser einheimisches Bier und suche mir dabei die schmackhaftesten Sorten aus. In Unter-, aber noch mehr in Oberfranken gibt es sehr viele gute kleine Brauereien. "Geiz ist nicht geil!" Prost!
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  • 12,99 € 10 Liter 1 Kiste
    0,6495 € 0,5 Liter (1 Seidla)
    1,299 € 1 Liter (2 Seidla) pro Tag
    9,093 € 7 Liter (14 Seidla) pro Woche
    = 1,65 € Päckchen Zigaretten pro Woche

    Fazit:
    Trink dei Bier, auch wenn der Kastn 13 Euro kost. Aber hör halt des Rauchn auf!
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