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Nordbayern-Plan: Söders Franken-Offensive
München boomt, und Franken dümpelt hinterher? Mit neuen Investitionen soll im Norden Bayerns Wachstum entstehen.
„Dreistelliger Millionenbetrag“: Bayerns Finanzminister – hier im Schmuckhof in Bad Kissingen – will Nordbayern voranbringen.
Foto: Siegfried Farkas | „Dreistelliger Millionenbetrag“: Bayerns Finanzminister – hier im Schmuckhof in Bad Kissingen – will Nordbayern voranbringen.
Henry Stern       -  Obermeier/ Henry Stern
Henry Stern
 |  aktualisiert: 01.08.2014 19:48 Uhr

Ein neues Förderprogramm des Freistaats soll mit mehreren Hundert Millionen Euro neue wirtschaftliche Dynamik nach Franken bringen. Mit dieser Zeitung spricht Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) über den Zuzug junger Leute, regionale Leuchttürme und fränkisches Klein-Klein.

Frage: Nächste Woche will die Staatsregierung eine „Nordbayern-Initiative“ beschließen. Was kann man sich darunter vorstellen?

Markus Söder: Das Ziel ist klar: Nordbayern muss gestärkt werden. Wir haben in Bayern ja eine sehr dynamisch wachsende Metropolregion München. Wir wollen aber nicht nur, dass München wächst. Wir wollen auch Nordbayern voranbringen. Deshalb kommt es jetzt darauf an, klare und wirksame Signale für die Strukturstärkung Nordbayerns, insbesondere Frankens zu setzen.

Was soll den Plan denn von bisheriger Regionalförderung unterscheiden?

Söder: Drei Elemente: Erstens weiten wir den Raum mit besonderem Handlungsbedarf aus. Das heißt, wir geben Regionen erhöhte Fördersätze etwa für Breitband, Regionalförderung oder Regionalmarketing. Für Unterfranken bedeutet das zum Beispiel, dass der ganze Landkreis Main-Spessart neu dazukommt. Dazu auch 57 weitere Gemeinden, die bislang nicht in dieser Förderkulisse drin waren. Zweitens: Wir stärken massiv die Wissenschaftsstruktur. Ein Element für die notwendige Zuwanderung ist, für junge Leute attraktiv zu sein. Wir werden deshalb die Wissenschaftsstandorte Würzburg, Schweinfurt, Aschaffenburg mit ganz konkreten Projekten attraktiver machen, um die Ansiedlung von Wirtschaft und damit auch den Zuzug zu verbessern. Drittens setzen wir ein ganz klares Signal durch Behördenverlagerungen. München wird zwar auch in Zukunft zusätzliche Beamte bekommen, vor allem neue Lehrer, neue Polizisten. Wir brauchen aber eine größere Behördeninfrastruktur in Franken, auch in Unterfranken.

War die bisherige Strukturpolitik in Bayern regional zu undifferenziert?

Söder: Die Strukturpolitik war auch bislang sehr erfolgreich, was man etwa daran erkennen kann, dass Unterfranken im Vergleich mit ganz Deutschland wirtschaftlich extrem stabil dasteht. Aber wir haben natürlich die landespolitische Herausforderung, dass die Dynamik innerhalb Bayerns sehr unterschiedlich ist, dass vor allem die Bevölkerungsentwicklung sehr unterschiedlich ist. Der Zuzug in den Raum München ist so stark, dass man dort darauf achten muss, dass die Region nicht überhitzt. Umgekehrt können wir in Nordbayern noch mehr Wachstumskräfte und Dynamik mobilisieren. Dafür brauchen wir jetzt einen Baukasten mit verschiedenen Elementen, die man dann nur noch intelligent einsetzen muss.

Wie viel neues Geld für Franken wird denn in dem Programm zur Verfügung stehen?

Söder: Es wird insgesamt ein wuchtiger Aufschlag werden mit einem dreistelligen Millionenbetrag. Die genaue Projektierung erfolgt derzeit noch. Wir werden eine Liste vorlegen, die klarmacht, wo genau wir die Technologieprojekte haben werden. Das soll nämlich die zentrale Botschaft der Initiative sein: die weitere Stärkung der Technologie- und Wissenschaftsstruktur in Franken.

In Unterfranken hört man von konkreten Wünschen – ein Helmholtz-Zentrum für Würzburg, der i-Campus in Schweinfurt, die Elektromobilität in der Modellstadt Bad Neustadt . . .

Söder: Das Helmholtz-Zentrum oder der i-Campus sind in der Tat ganz zentrale Projekte. Die brauchen wir dringend, weil sie auch ausstrahlen in die jeweilige Region. Das sind echte regionale Leuchttürme, die dort völlig neue Möglichkeiten schaffen.

Die Staatsregierung hat sich die Dezentralisierung der Hochschullandschaft auf die Fahnen geschrieben. Wie können daraus konkret neue Jobs jenseits der Metropolen entstehen?

Söder: Zunächst verstärken Wissenschaftseinrichtungen den Zuzug. Das sind doch die entscheidenden Fragen für die demografische Entwicklung: Wie halte ich junge Leute in der Region? Und wie mache ich die Region für den Zuzug junger Leute attraktiver? Die Studenten sollen nicht nach München gehen, sondern in Franken bleiben oder nach Franken kommen. Diese Projekte schaffen aber nicht nur unmittelbar neue Arbeitsplätze in den Hochschulen. Sie ziehen auch Kooperationen mit regionalen Unternehmen nach sich. Daraus ergeben sich automatisch neue Arbeitsplatz- und Struktureffekte. Es geht also nicht darum, nur im Elfenbeinturm zu forschen, sondern mit der Wirtschaft gemeinsame Ideen zu entwickeln und dann auch zur praktischen Umsetzung zu bringen.

Um ausländische Studenten nach Franken zu locken, könnte man – wie bereits in München – ein Studienkolleg gründen. Ist das auch ein Projekt?

Söder: Ich befürworte ein Studienkolleg für Nordbayern sehr. Es gibt in der Tat solch eine Einrichtung mit großem Erfolg bereits in München. Und ich halte es für dringend notwendig, ein weiteres Kolleg auch in einem Netzwerk der fränkischen Universitäten in Nordbayern zu etablieren. So fokussieren sich internationale Studenten nicht mehr nur automatisch auf München, sondern können sich auch für die international ebenso hochklassigen fränkischen Universitäten entscheiden. Wir müssen in Franken die Unis ohnehin noch enger vernetzen, um noch bessere Angebote zu machen. Wir werden deshalb auch einige Kooperationsprojekte mehrerer Hochschulen auf den Weg bringen. Wir brauchen kein fränkisches Klein-Klein mehr. Sondern ganz bewusst ein Franken-Netzwerk, das auf gleicher Augenhöhe agieren kann.

Die Staatsregierung hat schon vor einigen Jahren versprochen, die Gesundheitsregion Main-Rhön zu unterstützen. Was passiert denn in diesem Bereich?

Söder: Das Gesundheitsministerium wird sich diesem Thema noch ganz besonders widmen. Ich selber habe ja bereits dafür gesorgt, dass in Bad Kissingen Investitionen von bis zu 75 Millionen Euro getätigt werden – durch den Bau oder Umbau des Luitpoldbades, aber auch die Vorbereitung des neuen Fünf-Sterne-Hotels.

Versprochen ist auch die Verlagerung von Behörden weg aus München. Welche Kriterien sollen denn dabei gelten?

Söder: Wir werden jetzt die Maßstäbe festlegen und dann im Herbst konkrete Projekte benennen. Zu den Maßstäben gehört zunächst die Definition möglicher Standorte. Wir wollen dabei ein wuchtiges Infrastruktursignal für ländliche Räume, die das wirklich brauchen. Dazu zählen die genannten Räume mit besonderem Handlungsbedarf, aber auch Regionen, die besonders von der Aufgabe von Militärstandorten betroffen sind. Die zweite Frage ist das Wie der Verlagerung: Es soll keine Zwangsversetzungen aus München geben. Für die Umsetzung gilt ein Zeitraum von zehn Jahren. So kann zunächst über natürliche Fluktuation verlagert werden – in München hört jemand auf, die Stelle geht automatisch nach Franken und kann dort dann neu besetzt werden. Drittens bieten wir über Beförderungsmöglichkeiten konkrete Anreize für einen Wechsel nach Franken. So haben wir es auch mit dem Heimatministerium geschafft, die Verlagerung an den Standort Nürnberg ohne Probleme auf den Weg zu bringen.

Woran lassen Sie sich bei diesem Programm messen? Wann ist die Nordbayern-Initiative für Sie ein Erfolg?

Söder: Entscheidend ist, dass wir wieder mehr Zuzug nach Nordbayern bekommen. So etwas geht natürlich nicht in einem oder in zwei Jahren. Wir werden schon mindestens fünf Jahre brauchen, bis die zuvor beschriebenen Effekte greifen. Ich setze dabei auch auf ein stärkeres Regional-Marketing. Denn der Franke neigt ja dazu, seine Erfolge eher etwas zurückhaltender zu behandeln als andere. Insgesamt bin ich aber sehr optimistisch, dass wir bis 2018 nicht nur in jeder Gemeinde einen Internet-Anschluss haben. Sondern auch ein deutliches Signal der Verbesserung für Franken.

 
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  • P. H.
    "Nordbayern-Plan", da regt mich schon der Name auf. "Nordbayern" ist der Raum zwischen der Oberpfalz, Ingolstadt und München. Wenn der Minister Franken meint, dann soll er auch Franken sagen. Städte mit aufgelösten Bundeswehrkasernen hätte München längst fördern können, die Konversionsleistungen haben sie vom Bund eingestrichen, aber den ehemaligen Bundeswehrstandorten nicht zugute kommen lassen.
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