Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass die 56-Jährige am 7. September 2002 ihre Mutter in ihrem Haus in Arnstein mit 47 Messerstichen getötet hat. "Sie haben Ihre Mutter eine Woche vor ihrem 80. Geburtstag bestialisch abgeschlachtet", sagte der Vorsitzende wörtlich zu der Angeklagten. Als Motiv für den Mord nannte das Gericht die schwierige Beziehung zwischen Mutter und Tochter und einen schwelenden Erbschafts-Streit.
Die Lehrerin sei stets ein Kind geblieben, sagte der Vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung. Sie sei zu feige gewesen, sich gegen ihre Mutter durchzusetzen. Davon zeugten unter anderem Briefe, die die Angeklagte vor der Tat an eine Freundin schrieb. Darin beklagte sie sich bitter über die Forderungen ihrer Mutter und ihre Einmischung in ihr Leben. Die viele Zeit, die sie mit der alten Dame verbringen müsse, sei "die Hölle" heißt es da.
Streit über entgangenes Erbe
Außerdem hatten die Angeklagte und ihre Mutter zur Tatzeit einen Erbschaftsstreit. Die Tante der Lehrerin hatte ihr Haus nicht, wie erwartet, der Nichte vermacht. Sie habe ihr Erbe verspielt, hätte die Mutter der Tochter vorgeworfen. Als ein Anwalt den beiden Frauen einen Tag vor dem Mord die Aussichtslosigkeit eines Prozesses aufzeigte, hätten sich die Auseinandersetzungen zwischen Mutter und Tochter verschärft.
"Am Abend vor der Tat war Streit angesagt", sagte der Vorsitzende. Dass die Tochter dann auch noch im Haus ihrer Mutter in Arnstein (Lkr. Main-Spessart) ein Bild zerbrochen habe, habe "das Fass zum Überlaufen gebracht".
Nach Auffassung des Gerichts ging die Tochter nach diesem Missgeschick auf ihr Zimmer und versuchte, sich telefonisch bei ihrem von der Mutter vehement abgelehnten Verlobten "auszuweinen". Aber der Mann sei nicht erreichbar gewesen. "Weil sie sich nicht erleichtern konnte", so das Gericht, habe sie den Entschluss gefasst, die alte Dame zu töten.
Unbemerkt von der Mutter habe die Lehrerin ein Messer aus einem Messerblock genommen, sich an die schlafende 79-Jährige heran geschlichen und 47 Mal zugestochen. "Das war ein feiger, heimtückischer Mord", sagte der Vorsitzende, "Sie wissen, dass Sie Ihre Mutter bestialisch abgestochen haben".
Die Angeklagte schüttelte heftig den Kopf. Sie hatte während der Ermittlungen ihre Unschuld am Tod der 79-Jährigen beteuert. Im Prozess hatte sie von ihrem Schweigerecht Gebrauch gemacht. Ihre einzige Äußerung im Prozess: "Ich bin unschudig". In Briefen aus der Untersuchungshaft hatte sie immer wieder geschrieben, dass der Mörder ihrer Mutter noch frei herumlaufe.
Das Gericht fand auch klare Worte für die Frankfurter Verteidiger der Angeklagten, die das Verfahren gegen ihre Mandantin "verschleppt", "verzögert" und "sabotiert" hätten. Olivia H. habe in diesem Prozess "zugelassen und gewollt", dass ihre Verteidiger Nachbarn der Getöteten "in ein schlechtes Licht rücken" und einen "unschuldigen Bürger von Arnstein öffentlich als Mörder denunzieren". Sogar das Sexualleben der 79-Jährige sei öffentlich erörtert worden. "Das war unanständig, mies und schamlos", sagte Treu.
Revision angestrebt
Es ist davon auszugehen, dass Olivia H. eine Revision anstrebt. Ihre Verteidiger sind zuversichtlich, dass sie die Hürden, die der Gesetzgeber vor die Zulassung gestellt hat, überwinden werden. Das Gericht sieht es mit Gelassenheit. "Sie glauben, Sie haben genügend Revisionsgründe gesammelt", sagte Treu lächelnd zu den Anwälten, "aber das haben viele andere auch schon gedacht".