Fischer, Muscheln, Forellen, Krebse, Karpfen sind Namensgeber für Gassen, Straßen und Plätzen in Franken und zeigen die alte Beziehung der Menschen in der Region zu den Wassertieren.
Einst war Fischer ein geachteter Beruf und der Fang wichtig für die Ernährung. Über 1000 Jahre alt ist die Würzburger Fischerzunft, nach eigener Angabe eine der ältesten in Europa. Nur knapp drei Jahrhunderte jünger ist die Bamberger Fischerzunft (Oberfranken). Die Fischerfamilien der Stadt lebten in typischen Häusern im heutigen „Klein Venedig“. Das malerische Viertel macht augenfällig, welch blühender Wirtschaftszweig die Flussfischerei einst war.
Familien, die mit Schelchen und Netzen allein ihren Lebensunterhalt verdienen, gibt es heute nicht mehr in der Region. Die 25 000 Fischer, die jetzt in Unterfranken gemeldet sind, fangen die Wassertiere vor allem mit der Angel und in ihrer Freizeit. Trotzdem: „Bayern ist das Binnenfischereiland schlechthin“, sagt Wolfgang Silkenat, Fischereifachberater des Bezirks Unterfranken.
Bei unserem Treffen im Teichwirtschaftlichen Beispielbetrieb in Maidbronn (Lkr. Würzburg) liegt ein Poster auf dem Tisch, das unterfränkische Wassertiere abbildet. Knapp drei Dutzend Fischarten zählt es auf – ein schwaches Abbild des einstigen Fischreichtums.
Seit 100 Jahren gibt es die Fachberatung. Ging es früher vor allem um die Förderung von Mainfischerei und Teichwirtschaft, so berät Silkenat heute immer mehr zu Artenschutz und darüber, wie die Fischbestände gesichert werden können. 80 Prozent der Fischarten in der Region stehen auf der Roten Liste, der vom Aussterben Bedrohten.
Die Meefischli gehören nicht dazu, wenn es auch immer weniger davon gibt – wegen der Kormorane, die täglich ein Pfund pro Schnabel vertilgen.
Menschen reichen für eine Portion Meefischli acht bis zehn kleine Lauben oder Rotaugen. Sie werden ausgenommen, mit Salz und Pfeffer gewürzt, in Semmelbröseln gewälzt und fünf bis zehn Minuten frittiert. Die Fische sollen so knusprig sein, dass Kopf, Flossen und Gräten mitgegessen werden können.
Das Fischgericht ist sehr regional, sagt Silkenat. „Die Meefischli müssen im Main gefangen sein.“ Diese Regionalität des Lebensmittels gefällt dem Fachberater. Da es nur noch wenige gibt, die zwischen Aschaffenburg und Haßfurt für den Verkauf fischen, kommen immer mehr Schuppentiere aus der Teichwirtschaft.
Die Bedeutung des Fischs für die „Volksernährung“ sei schon im Zweiten Weltkrieg deutlich geworden, sagt Silkenat. Nach dem Krieg förderte Bayern die regionale Selbstversorgung mit dem Teichbauprogramm.
Landwirte legten auf feuchten Wiesen Karpfenteiche an, etwa im Aischgrund und im Kitzinger Raum, erzählt Silkenat. Rhön und Spessart mit ihrem Reichtum an frischem Quellwasser seien dagegen Forellengebiet. Laut Bayerischer Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) ist die Forellenteichwirtschaft inzwischen der bedeutendste Produktionssektor in der deutschen Binnenfischerei.
26 000 Tonnen Forellen pro Jahr werden in Deutschland gegessen. Die 3000 bayerischen Teichbetriebe liefern mit etwa 9000 Tonnen mehr als ein Drittel davon.
Karpfen werden in Bayern vor allem in den traditionellen Karpfengebieten Frankens und der Oberpfalz von etwa 5500 Teichwirten erzeugt, jährlich 6000 Tonnen, 50 Prozent der deutschen Karpfenproduktion, so die LfL.
Die größere Beliebtheit der Forellen gegenüber den Karpfen erklärt Silkenat: Sie gehören zu den Süßwasserfischen mit den wenigsten Gräten. Der Karpfen dagegen gehört wie Brachse, Rotauge, Rotfeder und Döbel zu den Weißfischen, die allesamt viele Gräten haben.
Früher wurden diese Fische durch den Fleischwolf gedreht und zu Fischküchle verarbeitet. Die gehäkselten Gräten wurden einfach mitgegessen. Heute führen die Leute vom Maidbronner Beispielbetrieb bei Kursen spezielle Schneidetechniken vor, damit die Gräten beim Fischessen nicht mehr stören.
Während die Fische in Bächen, Flüssen und Seen sich selbst überlassen sind, und die Fischer nur Jungfische einsetzen, wenn der Bestand zu knapp wird, müssen Teichwirte ihre Bestände füttern und gesund halten. Informationen zu Aquakulturen hat auch Annegret Hager, Beraterin beim Verbraucherservice Bayern in Würzburg: Etwa die Hälfte der Speisefische kam 2010 aus Aquakulturen.
Diese Zuchten bringen auch Probleme mit sich, so die Verbraucherberatung. Übriges Futter, Ausscheidungen und tote Fische können Gewässer überdüngen. Die unnatürlich dicht gehaltenen Tiere seien krankheitsanfälliger als Wildfische und brauchten Medikamente, die das umgebende Ökosystem und die menschliche Gesundheit gefährden. Insgesamt essen die Deutschen laut Fischinformationszentrum in Hamburg am liebsten Meeresfische. Alaska-Seelachs, Hering, Lachs und Thunfisch machten 2010 etwa 66 Prozent des Fischverzehrs aus.
In Mittelfranken gebe es Bestrebungen, Biokarpfen zu züchten, sagt Silkenat. Sie sollen langsamer wachsen dürfen als konventionell erzeugte und bekommen ökologisch kontrolliertes Futter. Überlegungen zu Ökoforellen seien ihm allerdings nicht bekannt, sagt Silkenat.
Egal, ob es um See- oder Süßwasserfische geht – Konsumenten rät Fachberater Silkenat, vor dem Kauf genau hinzuschauen und sich dann erst zu entscheiden. Bei Forellen und Karpfen aus der Region ist das einfach: „Gucken Sie sich die Betriebe an und kaufen Sie dann beim Teichwirt Ihres Vertrauens.“
Silkenat mag am liebsten Karpfen. „Da, werden Kindheitserinnerungen an Weihnachtern wach.“ Einfach im Wurzelsud mit etwas Essig 20 bis 30 Minuten ziehen gelassen. „Da kann nichts schiefgehen.“ Oder knusprig gebraten mit Kartoffeln, brauner Butter und Meerrettich. Das sei ein Essen so regional und saisonal wie Spargel, sagt der Fachberater.
Der Brotfisch der Flussfischer war einst übrigens der Aal. „Aber 34 Kraftwerke entlang des Mains mit ihren Turbinen machten ihm den Garaus“, sagt Silkenat.
Fischereifachberatung
In Unterfranken gibt es 25 000 Angler, 500 Flussfischer und 300 Teichwirte, informiert die Fischereifachberatung des Bezirks. Sie kümmert sich um die Lebensgrundlagen für Wassertiere, berät Angler und unterstützt die traditionelle Mainfischerei. Der Teichwirtschaftliche Beispielbetrieb in Maidbronn (Lkr. Würzburg) informiert zu Themen von Fischaufzucht bis Entgrätung. Die Fischereifachberatung in Oberfranken arbeitet mit der regionalen Teichgenossenschaft zusammen. 2500 Personen betreiben im Regierungsbezirk Teichwirtschaft, 1000 sind Mitglied in der Genossenschaft. Die Fachberatung hat in Aufseß (Lkr. Bayreuth) als Außenstelle die Lehranstalt für Fischerei. Zur Information bietet die unterfränkische Beratung Tipps zum „Fischeinkauf bei Fischern und Teichwirten“ im Internet unter www.bezirk-unterfranken.de. Den „Einkaufsratgeber Fisch“ der Naturschutzorganisation WWF gibt es im Internet unter www.wwf.de/aktiv-werden.