Die 70er Jahre mit ihren knalligen Mustern, wallenden Gewändern und Mega-Schlaghosen waren ja gut und schön, in den 80ern kann so etwas aber kein Mensch mehr sehen. Cool und bunt geht es zu – in der Mode, aber auch in Freizeit und Lebensart.
Mode:
Der Punk kommt auch in der Mode an. Gloria von Thurn und Taxis macht es vor: Zu extravaganten Garderobe sorgt die Fürstin mit Frisuren-Gebirgen vor allem in der Regenbogenpresse für Aufsehen. Romantik spielt dagegen in der Damenmode gegen Ende des Jahrzehnts eine Rolle. Filme wie „Dirty Dancing“ bereiten den Boden für ein kurzes Comeback von 50er- und 60er-Retro-Elementen, wie Petticoats und Bonbonfarben. Ansonsten gilt: Es darf ruhig grell und schrill sein. Hautenge Jeans in Neonchic, am besten noch längs gestreift, und Tops mit nahezu allen Farben der Palette sind angesagt. Für die Business-Frau, ob in Medien oder Management, ist das Jackett ein unverzichtbares Kleidungsstück – natürlich mit extragroßen Schulterpolstern.
Bei den Herren gilt als chic, wer – a la „Miami Vice“ – die Sonnenbrille am besten zu jeder Tages- und Nachtzeit trägt. Dazu kommen Bundfaltenhosen, Jacketts mit leicht nach oben geschobenen Ärmeln und eine unten glatt endende Lederkrawatte. Ab Mitte der 80er lieben Männer und Frauen gleichermaßen Stonewashedjeans, die an wolkigen Himmel erinnern. Bei den Jacken dieser Art kommt gegen Ende des Jahrzehnts gern noch ein weißer Kunstpelzkragen dazu.
Die Modetrends sind in West und Ost dieselben. In der DDR müssen die Menschen aber mit dem Dauer-Problem kämpfen, dass modische Kleidung Mangelware ist. Oft hilft da nur eines: Selber nähen.
Stilfragen:
In Sachen Stil lässt sich in den 80er Jahren sagen: Alles geht. Kühler Funktionalismus, wie noch in den 70ern en vogue, wird jetzt mit Versatzstücken aus verschiedenen Design-Epochen kombiniert. Da werden schon mal Anleihen in den 20er- und 30er Jahren genommen, aber durchaus auch – siehe oben – aus den 50ern. Neonbars mit Eissalon-Mobiliar finden vor allem in Großstädten ihre Besucher, und zu Hause stellt man den Fernseher jetzt gern mal auf den Boden.
Am Handgelenk mag man es – je nach Geschmack und Geldbeutel – entweder bunt oder golden und glitzernd. Die poppigen Uhren der Marke Swatch erobern den Markt, für Besitzer dicker Brieftaschen darf es auch eine Rolex sein.
Freizeit:
Trends aus den USA erreichen in den 80er schnell Europa. Mit BMX-Rädern führen jetzt Freestyler ihre akrobatischen Kunststücke vor. Wer sich die gut 1000 Mark für ein BMX-Rad sparen und trotzdem cool rüberkommen will, entscheidet sich fürs Skateboarding. Der Spaß auf vier Rollen macht auch vor Grenzen nicht Halt: In der DDR gibt's die Geräte zwar kaum zu kaufen, aber auch dafür geben Heimwerker-Magazine Tipps zum Selberbauen von „Rollbrettern“.
Den Grenzbereich zwischen Freizeitvergnügen und Fitness-Training füllt Anfang der 80er die Aerobic-Welle aus. Statt langweiliger „Gymnastik“ bewegt man sich jetzt rhythmisch zu Pop-Musik. Die US-Schauspielerin Jane Fonda macht Aerobic 1982 in den USA populär, kurz danach hüpfen auch in Deutschland vornehmlich Frauen mit Stirnbändern und in bunten Leggins in den Sporthallen und Fitness-Studios.
Wer lieber das Gehirn trainieren will, für den gibt es in den 80ern eine knallbunte Herausforderung. Der von dem ungarischen Bauingenieur und Architekten Ernö Rubik erfundene „Zauberwürfel“ erfreut sich vor allem in der ersten Hälfte des Jahrzehnt großer Beliebtheit.
Jugendkultur:
Wer in den 80er Jahren jung ist, muss sich entscheiden: Popper oder Punker? Müsli-Öko oder Normalo? Bisweilen spielt da auch die Herkunft mit. Wer mit Popper-Tolle in die Schule kommt, hat nicht selten ein eher bürgerliches Elternhaus. Politik ist Nebensache, Konsum wird dafür großgeschrieben.
Irokesenschnitt und bunte Haare: Punker sind eine Zeit lang der genaue Gegenentwurf. „No future“ und „Null Bock“ lauten die Schlagworte einer Jugendkultur, die schnell auch in der DDR und in Osteuropa viele Anhänger findet.
Aus den 70ern hinübergerettet haben sich ökologisch angehauchte Latzhosen- und Nickelbrillenträger der „Lass uns das mal ausdiskutieren“-Fraktion, nicht zuletzt wegen des Erstarkens der Umweltbewegung und der Erfolge der neuen Partei „Die Grünen“. Und was ist mit dem Rest? Der muss sich wohl damit abfinden, zu den „Normalos“ zu zählen. Aber Gemach: Wenn später der Klassen-Punk dann doch im Bankvorstand und der Öko-Freak in der Industrie gelandet sind, ist das auch egal. Und die 80er? Längst vorbei.
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