Junge Mütter stehen ratlos in der Drogerie vor dem Regal mit Milchpulver: Wo sonst „Milumil“ und „Aptamil“ zu finden sind, spricht ein Schild von Liefer-Engpässen: „Abgabe von Baby-Milchpulver nur noch in haushaltsüblichen Mengen“, heißt es da.
Das ist in Unterfranken nicht anders als in Berlin oder Osnabrück. „Wir haben Anweisung, pro Kundin höchstens zwei oder drei Packungen abzugeben“, bestätigt eine Mitarbeiterin der Würzburger Drogerie Müller. Kundinnen, die mehr Milchpulver kaufen wollten, würden „höflich darauf hingewiesen“, dass die Abgabemenge derzeit begrenzt sei.
„Der Mangel an Milchpulver hat sich bei uns vor etwa zwei Wochen bemerkbar gemacht“, sagt der Leiter der Müller-Drogerie in Bad Neustadt (Lkr. Rhön-Grabfeld). Nachschub sei kaum zu kriegen. Mitarbeiterinnen von dm-Drogerien in Schweinfurt und Würzburg bestätigen: Milupa-Regale sind leer oder fast leer. Bei dm in Würzburg sind auch Produkte von Hipp rationiert.
An den Lieferengpässen ist nicht der deutsche Marktführer Milupa in Friedrichsdorf bei Frankfurt schuld. Spekulanten in China machen Kasse mit der Angst der Mütter: 2008 starben dort Säuglinge an belasteter Milch, Hunderttausende erkrankten. Die chinesischen Hersteller hatten Milchpulver mit der giftigen Chemikalie Melamin gepanscht. 2012 wurden in der Säuglingsnahrung eines chinesischen Herstellers erhöhte Mengen Quecksilber gefunden.
Aus Sorge greifen Chinas Mütter auf das Produkt „made in Germany“ zurück. Chinesen in Deutschland machen Kasse, in dem sie sich über Online-Shops und in Läden eindecken. Das bestätigt Milupa-Sprecher Stefan Stohl: Chinesen misstrauten landeseigenen Produkten und setzten „lieber auf deutsche Qualität“.
Das lohnt sich für die Spekulanten, die ihre Ware auf der Internetplattform „Taobao“ versteigern, dem Pendant zu Ebay. Dort wird die 800-Gramm-Dose Aptamil für 295 Yuan angeboten. Umgerechnet wären das etwa 36 Euro. In Deutschland kostet das Produkt nur bis zu 12 Euro.
Zu Beginn kauften laut Drogerie-Mitarbeitern Studenten hier die Milupa-Produkte für China. Inzwischen hat sich der Markt professionalisiert: Drogeriemärkte berichten von Kleinhändlern, die Babynahrung palettenweise kaufen wollen. Sie wenden sich sogar direkt an den Hersteller.
Der Engpass sorgt für Zoff zwischen verärgerten Müttern und hilflosem Personal der Drogerien. Milupa hat eine umfangreiche „Entschuldigung“ auf seiner Internetseite: „Unsere Produktion läuft auf vollen Kapazitäten, rund um die Uhr, an sieben Tagen in der Woche.“ Warum reagieren chinesische Eltern erst vier Jahre nach dem Nahrungsmittelskandal so? Sie konnten bis vor kurzem aus anderen Quellen schöpfen. Aber 2012 stellte Neuseeland den Schmuggel von Säuglingsnahrung unter Strafe. Zuvor wurden jährlich Produkte für 95 Millionen Euro nach China verschoben. Seit März hat auch Hongkong die Schotten dicht: Seitdem dürfen Reisende in die Volksrepublik nur zwei Dosen über die Grenze nehmen. Verstöße kosten bis zu 50 000 Euro oder zwei Jahre Haft.
Wenn hierzulande Milupa-Produkte fehlen, weil sie nach China verschoben werden, droht deutschen Babys keine ernste Gefahr. „Milchpulver gibt es genug; nur eben nicht von den Marken oder zu den Preisen, die manch eine Mutter gewöhnt ist“, heißt es in unterfränkischen Drogerien. Ärgerlich ist die Situation aber schon. „Für junge Mütter ist es sicher blöd, wenn die Kinder an ein Produkt gewöhnt sind und umgestellt werden müssen“, sagt die Leitende Hebamme der Uni-Klinderklinik Würzburg, Maria Achmed.
Bedenklich sei eine Produktumstellung nicht; „es kann sein, dass das Baby dann halt ein bisschen mehr pupst oder spuckt“. Achmed sagt, dass die Uni-Kinderklinik den jungen Müttern, die nicht stillen wollten oder könnten, als Ersatznahrung oft Milupa-Produkte empfehle, weil „sie im allgemeinen gut vertragen werden“.
Laut Pressesprecher Stohl arbeite das Milupa-Werk in Fulda an der obersten Auslastungsgrenze sieben Tage die Woche, um die große Nachfrage befriedigen zu können. Milupa habe bereits eine neue Produktionslinie eingerichtet. Die Regale können jedoch erst nach und nach wieder aufgefüllt werden.
Da hat scheinbar ein Zensor zuviel von der Kunstmuttermilk abbekommen. Schade, daß Kommentare die nicht dem Mainstream entsprechen einfach ignoriert werden.
Selbst das bayr. Staatsfernsehen ist da um Längen toleranter.
@mboerner - es geht hier offensichtlich nicht um die Gläschen-Nahrung, sondern um das Milchpulver und das können wir leider nicht selber herstellen.
Es ist manchen Leuten doch echt nix mehr heilig.