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Licht heilt Geist und Körper
Licht ist die Grundlage für das Leben. Auch für viele Ärzte spielt es bei ihrer täglichen Arbeit eine große Rolle. Sie nutzen es zur Diagnose und Therapie.
Carolin Münzel
 |  aktualisiert: 26.04.2023 23:14 Uhr

In allem, was existiert, ist Licht. Man muss es nur erkennen“, hat der deutsche Journalist und Lyriker Wolfgang J. Reus einst geschrieben. Und tatsächlich ist Licht eine elementare Lebensvoraussetzung für Menschen, Tiere und Pflanzen. Ihm kommt – egal ob künstlich oder natürlich – eine so große Bedeutung zu, dass die UN-Generalversammlung am 20. Dezember 2013 beschlossen hat, 2015 zum „Internationalen Jahr des Lichts und der lichtbasierten Technologien“ zu erklären. Auf der Homepage www.jahr-des-lichts.de heißt es, wissenschaftliche Erkenntnisse über das Licht würden ein besseres Verständnis des Kosmos erlauben, zu neuen Kommunikationsmitteln führen und bessere Behandlungen in der Medizin ermöglichen.

Eine große Rolle spielt Licht in den Fachbereichen Psychiatrie und Dermatologie, bei der Tumortherapie und als Hilfsmittel bei der Diagnose von Krankheiten, erklärt Professor Alexander Kübler, Direktor der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie in Würzburg. Er hat lange Zeit zur Photodynamischen Tumortherapie geforscht – zunächst Anfang der 1990er Jahre am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg, später in den USA.

Nach wie vor ist er von der heilenden Wirkung des Lichts überzeugt. Die Photodynamische Tumortherapie beruht auf einem Medikament, das vom Tumor aufgenommen und dessen Wirkung durch Licht aktiviert wird. Das heißt, der Wirkstoff wird injiziert oder, zum Beispiel bei Hauterkrankungen, als Salbe auf den Tumor aufgetragen. Entscheidend ist, dass nur das kranke Gewebe den Wirkstoff aufnimmt, beziehungsweise gesundes Gewebe ihn so schnell wieder ausscheidet, dass er bei der Aktivierung keinen Schaden dort anrichten kann.

Sobald der Tumor das Medikament aufgenommen hat, bestrahlen ihn die Mediziner mit rotem Licht, das laut Kübler in der Regel eine Wellenlänge von 630 bis 690 Nanometern hat. Durch die Bestrahlung bilden sich in Wechselwirkung mit dem im Tumor angereicherten Wirkstoff Sauerstoffradikale, die die Tumorzellen abtöten. Besonders wirksam ist die Methode zum Beispiel bei Blasen- und Hautkrebs. „Wir haben diese Behandlung auch bei Tumoren in der Mundhöhle versucht, aber da haben sich andere Verfahren wie Operation und Bestrahlung als sicherer erwiesen“, erklärt der Professor. Hinzu kommt, dass das Licht nur etwa fünf bis zehn Millimeter tief in das Gewebe eindringen und deshalb nur für die Behandlung oberflächlicher Tumore genutzt werden kann.

Die Photodynamische Tumortherapie wird auch in der Klinik und Poliklinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie in Würzburg angewandt, erklärt Oberärztin Johanne Stoevesandt. Darüber hinaus gibt es aber noch andere Behandlungsformen, bei denen Licht zum Einsatz kommt und die für die Dermatologen wichtig sind. So verfügt die Klinik über mehrere Lichtkabinen, in denen sich Menschen, die beispielsweise unter Schuppenflechte oder Neurodermitis leiden, behandeln lassen können. „Den Ablauf kann man sich in etwa vorstellen wie einen Besuch im Solarium, nur dass man in der Kabine steht, statt auf einer Bank zu liegen“, erklärt Stoevesandt.

Bei der Behandlung werden UV-A- oder UV-B-Strahlen mit einer Wellenlänge von 311 Nanometern verwendet. „Die Erfahrung hat gezeigt, dass das am besten wirkt“, so die Ärztin. Die Behandlung beginnt zunächst mit einer geringen Lichtdosierung, die im Lauf der Zeit erhöht wird. Um die Wirkung der Strahlen zu intensivieren, sei es möglich, den Patienten ein lichtsensibilisierendes Medikament zu verabreichen und sie dann mit UV-A-Strahlen zu behandeln. Ziel ist es, die Strahlung so weit zu steigern, dass sie letztendlich zu einem leichten Sonnenbrand führt. Auf diese Weise werden Entzündungszellen zerstört – aber auch gesunde.

So hat die Lichttherapie die gleichen Nebenwirkungen wie zu langes Sonnenbaden: Sonnenbrand, eine schnellere Alterung der Haut und ein theoretisch erhöhtes Risiko für Hautkrebs können die Folge sein. Aus diesem Grund wird auf diese Art auch nie länger als ein paar Wochen oder Monate am Stück behandelt. „Die Lichttherapie ist besonders gut geeignet, um akute Schübe aufzufangen, aber sie ist keine Langzeitbehandlung“, macht Stoevesandt deutlich. Alles in allem gebe es zur Lichttherapie viele Alternativen, die in der Dermatologie gerne angewandt würden, aber, so Stoevesandt: „Die Arbeit mit Licht ist ein wichtiger und konstanter Bestandteil unserer Arbeit.“

Das gilt auch für die Psychiatrie. Die Psychiaterin und Psychotherapeutin Christa Roth-Sackenheim vom Berufsverband Deutscher Psychiater (BVDP) erklärt, wie beispielsweise saisonale Depressionen mit der Hilfe von Licht geheilt werden können. Von der saisonalen Depression, die überwiegend im Herbst und Winter auftritt, sind vermehrt jüngere Menschen betroffen – und dabei häufiger Frauen als Männer. Schätzungen, so Roth-Sackenheim, gehen davon aus, dass „in unseren Breiten etwa zehn bis 20 Prozent der Einwohner eine leichte Form der saisonalen Depression entwickeln. Bei weiteren fünf Prozent kommt es zu einer ausgeprägten depressiven Episode mit deutlichen Symptomen.“ Je nach Ausmaß können saisonale Depressionen zu mehr oder weniger starken Einschränkungen der emotionalen Befindlichkeit und der Leistungsfähigkeit führen.

Charakteristische Symptome sind eine subjektiv erlebte Energielosigkeit, verstärkte Tagesmüdigkeit sowie Gewichtszunahme und Heißhunger auf kohlenhydratreiche Nahrungsmittel. Auch Angstzustände und eine depressive Stimmungslage, die sich im Verlauf der Herbst-Winter-Monate steigern kann, können auftreten. „Typisch für die Störung ist das wiederholte Auftreten depressiver Phasen, die dabei einem saisonalen Muster folgen. Am häufigsten liegt der Beginn im Herbst und Winter und die Beschwerden klingen im Frühjahr und Sommer wieder ab. Doch es gibt auch Sommerdepressionen mit umgekehrtem Verlauf, die jedoch wesentlich seltener vorkommen“, erklärt die Ärztin aus Andernach.

Wenn das jahreszeitliche Muster von depressiven Episoden über mindestens zwei Jahre besteht und keine anderen depressiven Phasen auftreten, kann die Diagnose saisonale Depression gestellt werden. Um eine wirksame Behandlung durchführen zu können, ist es wichtig, zu klären, ob es sich um eine saisonale Depression oder um eine andere Depressionsform handelt. „Im Unterschied zur saisonalen Depression geht beispielsweise eine ,echte' Depression meist mit Appetitverlust und Schlafstörungen einher“, sagt die Ärztin. Die Diagnose sollte unbedingt einem Facharzt überlassen werden, damit eine geeignete Therapie eingeleitet werden kann.

Zur Behandlung von saisonalen Depressionen stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Besonders wirksam ist die Behandlung mit sehr hellem, weißem Licht. Dafür werden 10 000-Lux-Lampen verwendet. Der Patient bekommt täglich eine etwa 30-minütige Behandlung, bei der er im Abstand von ungefähr einem Zentimeter vor der Lampe sitzt. Alle 90 Sekunden muss er den Blick für drei Sekunden direkt in die Lichtquelle richten. Die Therapie sollte so bald wie möglich nach dem Erwachen stattfinden und muss gegebenenfalls über die gesamte Risikozeit – bei einer saisonalen Depression also während der Herbst- und Wintermonate – durchgeführt werden.

„Das helle Licht gibt über die Netzhaut des Auges wesentliche aktivierende Impulse an das Gehirn weiter. Bei vielen Betroffenen tritt meist nach zwei bis drei Wochen eine deutliche Besserung des Befindens ein“, so Roth-Sackenheim. Als Risikofaktor für die Entwicklung einer saisonalen Depression gilt zum einen die reduzierte Wahrnehmung von Licht über die Netzhaut und der überwiegende Aufenthalt in Räumen. Dem Körper mangelt es dadurch an UV-Strahlen. Vorbeugen lässt sich eine saisonale Depression oftmals dadurch, dass Gefährdete täglich eine Stunde im Tageslicht spazieren gehen. Dabei, so die Ärztin, sollte man oft in den Himmel schauen, selbst wenn dieser bedeckt ist. Die Spaziergänge helfen zudem dem Körper mit Hilfe des UV-Lichts genug Vitamin D in der Haut zu bilden.

Ein weitere wichtige Rolle kommt dem Licht im Bereich der medizinischen Diagnostik zu, greift Professor Alexander Kübler einen weiteren Aspekt auf. So können Patienten beispielsweise fluoreszierende Farbstoffe injiziert werden, die – wie bei der Photodynamischen Tumortherapie – vom kranken Gewebe selektiv aufgenommen werden. Bestrahlt man dieses dann mit blauem Licht, werden zum Teil auch kleine Tumorausprägungen sichtbar, sichtbar, wenn sie rot fluoreszierend aufleuchten. „Ohne diese Methode hätte man oft keine Chance, diese zu erkenne“, so Kübler. Johanna Stoevesandt weist darauf hin, dass auch in der Dermatologie mit Photodiagnostik gearbeitet wird. „Hier geht es bei uns um die richtige Diagnose von Hauterkrankungen, die durch UV-Licht hervorgerufen oder zumindest verstärkt werden“, sagt die Ärztin. Dazu zählen unter anderem die häufig polymorphe Lichtdermatose – im Volksmund „Sonnenallergie genannt“. Interessant sei, dass die „Sonnenallergie“ mit UV-Licht behandelt werde. Beim so genannten „Hardening“ finden Bestrahlungen statt, um den Körper wieder an das UV-Licht zu gewöhnen, erklärt die Medizinerin.

Letztendlich ist Licht auch in seiner einfachsten Form – also als Lampe – für die moderne Medizin unverzichtbar. Jeder Chirurg und Operateur trägt heute eine Stirnlampe mit LED oder Kaltlicht und die OP-Lampen sind so leistungsfähig wie nie zuvor. Kübler: „Licht ist in der Medizin genau so unerlässlich wie in jedem anderen Lebensbereich.“

„Licht ist in der Medizin

genauso unerlässlich

wie in jedem anderen

Lebensbereich.“

Professor Alexander Kübler, Klinikleiter
 
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