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Komm und spiel mit mir
Spielwarenmesse: An den Vorlieben der Kinder hat sich im Laufe der Jahre wenig geändert. Trotzdem machen sich Eltern immer mehr Gedanken über das Spielverhalten und kaufen gerne Lernspielzeug.
Claudia Kneifel
 |  aktualisiert: 28.01.2015 21:35 Uhr

Es regnet pinkfarbenes Konfetti als Barbie mit einem spektakulären Stunt als rosa Superheldin auf der Spielwarenmesse in Nürnberg einschwebt. Bei einem Stand können schon Achtjährige ihren Schuhtick ausleben und mit dem Spiel „So Styly – I love Shoes“ ihre eigenen Highheels designen. Jungs dagegen kommen beim „Sky Rover“, dem ersten sprachgesteuerten Hubschrauber oder dem Mini-Hubschrauber Nano Falcon, der so klein wie eine Kirsche ist, auf ihre Kosten. Später kämpfen sie in der Schleich-Abenteuerwelt „Eldrador“ mit sechs gefährlichen Drachen gegen mutige Ritter.

Spielen ist für die kindliche Entwicklung extrem wichtig, da sind sich alle Experten einig. Doch Kindern bleibt heute wesentlich weniger Zeit zum Spielen. Sie gehen viel früher in eine Krippe oder besuchen eine Kindertagesstätte und auch die Schulzeit hat sich durch Mittagsangebote und Ganztagsschulen verändert. Für Erwachsene ist Spielen Freizeit, doch für Kinder ist Spielen alles. Das sieht man, wenn man Kinder beim Spielen beobachtet: Sie sind in ihre Spielwelt versunken. „Spielen ist ein kindliches Grundbedürfnis und eigentlich kein Spaß, denn beim Spielen erlernen Kinder im Grunde alles, was sie im Leben brauchen“, sagte Axel Dammler, Geschäftsführer von ikonkids & Youth, dem größten deutschen Spezialinstitut für Kinder- und Jugendforschung. Experten schätzen, dass Kinder bis zu ihrem sechsten Lebensjahr zwischen 10 000 und 15 000 Stunden mit Spielen verbringen – unabhängig von Erziehung, Religion, Kultur und Schicht.

Weltweit ist der Spielzeugmarkt zwischen 2008 und 2013 im Schnitt um jeweils vier Prozent gewachsen, erläuterte Clarissa Nicklaus vom Marktforschungsunternehmen Euromonitor. Nach den Daten von 2013 wurden 64 Milliarden Euro umgesetzt; 2018 sollen es bereits 74 Milliarden Euro sein. Auch der deutsche Spielwarenmarkt entwickelt sich positiv. Willy Fischel, Geschäftsführer des Bundesverbandes des Spielwaren-Einzelhandels: „Die Konsumlaune in Deutschland ist ungebrochen. Es wäre eine Überraschung, wenn Eltern und Großeltern bei den Spielzeugausgaben für ihre Kinder sparen würden.“

Besonders gerne kaufen Eltern Lernspielzeug. Ein Kind im Sir-Isaac-Newton-Kostüm wirbt für auf der Spielwarenmesse für das Spiel „Gravity Maze“. Ziel des Spieles ist es, eine Kugelbahn zu bauen, deren Verlauf vorher ausgetüftelt werden muss. „Das Spiel schult das räumliche Denken“, erklärte Jenny Gardke vom niederländischen Spieleverlag Goliath. „Das Schlimmste, was Hersteller tun können, ist ein Spiel als Lernspiel zu bezeichnen“, findet Axel Dammler. „Kinder lernen bei jedem Spiel. Bei Rollenspielen, Konstruktionsspielen und Brettspielen. „Das Beste ist, wenn sie gar nicht merken, dass sie beim Spielen etwas lernen.“ Jungs spielen nach wie vor gerne Konstruktionsspiele sowie mit Autos oder Eisenbahnen und bei Mädchen liegen mit Abstand Puppen und Pferde auf den ersten Plätzen ihrer Lieblingsspielzeuge. Die Aufteilung der Spielzeugwelt in Jungs- und Mädchenprodukte spiegelt sich auch auf der Spielwarenmesse wider. So verkauft Playmobil ab Februar den Porsche 911 Carrera S, der vom Coupé zum Cabrio umgebaut werden kann für Jungs und Väter. Gleichzeitig kommt für die Mädchen das Spieleset „Die große Castingshow“ auf den Markt, mit Figuren zum Ausziehen und vielen Wechselkleidern.

„An den bekannten Spielvorlieben der Kinder hat sich nach wie vor nicht viel verändert: Ritter und Drachen sind die Favoriten bei den Jungs, Mädchen lieben dagegen unsere Elfen und alles, was mit Pferden und Reiten zu tun hat“, bestätigte auch David Albert, Produktentwickler der Schleich GmbH. Aber ganz so einfach will es sich der Spielwarenhersteller aus Schwäbisch-Gmünd nicht machen. Um ganz nah an den Wünschen der Kinder dranzubleiben, besucht Schleich regelmäßig Schulen und Kindergärten, um Kindern beim Spielen zuzuschauen und gezielt nach ihren Ideen zu fragen. „So finden wir heraus, welche verbindenden Elemente es über die einzelnen Themenwelten hinaus gibt.“ Ein Ergebnis dieser Befragungen bei Kindern ist beispielsweise, dass die naturgetreuen Tierfiguren von Schleich bei beiden Geschlechtern gleichermaßen beliebt sind. Auch Unternehmen wie Playmobil, lassen die Ideen und Wünsche der Kinder in ihre Neuentwicklungen einfließen. Auch die neuen Figuren zum Umziehen waren ein expliziter Kinderwunsch.

Ob geschlechtsneutrales Spielzeug wichtig ist, wird immer wieder diskutiert. „Bestimmte geschlechtstypische Verhaltensunterschiede lassen sich bereits von Geburt an nachweisen“, sagte die Psychologin Doris Bischof-Köhler von der Universität München. Schon mit einem Jahr spielen Mädchen lieber mit Stofftieren und Puppen, Jungen bevorzugen Autos und Maschinen. Allerdings gibt es immer wieder Spiele, die beiden Geschlechtern, ja sogar der ganzen Familie Spaß machen.

Der Trend zu klassischen Brett- und Kartenspielen ist auch bei der diesjährigen Spielwarenmesse ungebrochen. Beim Familienspiel „Viva Java“ von Pegasus Spiele begeben sich die Spieler würfelnd auf die Suche nach den köstlichsten Kaffeearomen. „Mit Eltern und Freunden an einem Tisch zu sitzen und zu spielen ist für Kinder ein wichtiges Erlebnis“, erklärt Peter Berneiser, Marketing-Chef von Pegasus. Das Brettspiel „Camel Up“, Spiel des Jahres 2014, hat sich bereits 300 000 Mal verkauft, die Fantasy-Parodie „Munchkin“ ging über eine Million mal über den Ladentisch. „Kinder lieben das gemeinsame Spiel“, bestätigte der Jugendforscher Axel Dammler. „Das Spielen ist ein wichtiges Bindeglied zwischen Eltern und Kindern.“ Die Spielwarenmesse in Nürnberg dauert noch bis Montag, 2. Februar, und ist nur für Fachpublikum geöffnet.

 
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