Er wollte eine Bewährungschance. Der ehemalige Pfarrer einer Gemeinde im Kreis Main-Spessart hatte gehofft, dass seine Selbstanzeige, sein Geständnis, seine Entschuldigung und die Schmerzensgeldzahlung seines Ordens an das Opfer ihn vor dem Gefängnis bewahren.
Die Erste Strafkammer des Würzburger Landgerichts hat das alles gewürdigt. Sie hat auch anerkannt, dass der Angeklagte „echte Schuldeinsicht und Reue“ gezeigt hat. Aber, so ihr Vorsitzender Burkhard Pöpperl, es wäre ein „ein völlig falsches Signal“ gewesen, hätte der 58-Jährige als freier Mann weiterleben können.
„Jeder weiß, dass Kinderseelen an einem Missbrauch zerbrechen“, sagte Pöpperl. Insbesondere einem Seelsorger müsse klar sein, dass er damit „schwerste Folgen“ für das weitere Leben seines Opfers verursacht.
Der katholische Priester trat 1991 in das Leben seiner späteren Haushälterin und deren Familie. Als die Ehe der Frau mit einem evangelischen Pfarrer zerbrach, kümmerte er sich um sie – und wurde für ihren kleinen Sohn zum Vaterersatz. Durch den Missbrauch des Kindes, so das Gericht, habe er „die zerrüttete Familie schamlos für seine eigenen Bedürfnisse ausgenutzt“.
In einem Haus seines Ordens, im Pfarrhaus, im Schwimmbad hatte der 58-Jährige, der sich als homosexuell bezeichnet, aber einen Hang zu kleinen Buben vehement bestreitet, das Kind missbraucht. Für den Mann, der laut Urteil „kaum eigene sexuelle Erfahrungen gemacht“ und „seine Sexualität stets unterdrückt hatte“, sei der kleine Junge mit den autistischen Zügen „reizvoll und stets verfügbar“ gewesen. Der Angeklagte habe „ganz bewusst Grenzen überschritten“, seine Taten hätten „System gehabt“, sagte Pöpperl.
Der Vorsitzende würdigte das Verhalten des Ordens, der den Geistlichen sofort nach seiner Selbstanzeige aller Ämter enthob, ihn in ein abgelegenes Kloster entsandte und dort eine Art Hausarrest über ihn verhängte.
Bis heute hat der Pater dort laut Pöpperl, „nur noch Pflichten, aber keine Rechte“. Nach seinen eigenen Angaben wurde dem 58-Jährigen „das Taschengeld gekürzt“, er musste sein Auto abgeben und darf keine sportlichen oder kulturellen Veranstaltungen besuchen. Wenn das Urteil rechtskräftig ist, kommt ein kirchenrechtliches Verfahren auf ihn zu, das mit seiner Entfernung aus dem Orden enden kann. „Dann wäre er Hartz-IV-Empfänger“, so sein Anwalt Klaus Wasserburg.
Das Opfer des Paters nahm das Urteil der Kammer „wohlwollend zur Kenntnis“. Der inzwischen 25-Jährige war im Prozess als Nebenkläger aufgetreten. Der Vorsitzende dankte ihm ausdrücklich für sein „vorbildliches Verhalten“ vor Gericht und seine „klaren Worte“.
Der sehr intelligente junge Mann hatte im Prozess gesagt, dass es ihm „gar nicht gut“ gehe. Bis heute leidet er unter anderem an Depressionen und wird seit mehreren Jahren therapiert. Durch die 80 000 Euro Schmerzensgeld des Ordens ist der Student für eine Weile finanziell abgesichert.
Seine Mutter, Zahnärztin von Beruf, ist nach dem Verlust ihrer Stelle als Haushälterin des Angeklagten verarmt und lebt von Hartz IV. Das Gericht musste ihr sogar die Fahrtkosten zum Prozess vorstrecken.
Ob der Angeklagte Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen will, ist unklar. Sein Verteidiger konnte dazu „jetzt unmöglich etwas sagen“.
Wenn es stimmt, dass das Opfer autistische Züge hat, ist es noch viel schrecklicher. Ist sich der Richter bewusst gewesen, dass Kindesmissbrauch für ein, für unsere Normen "gesundes" Kind, ein Bruch in seiner Entwicklung ist, der schwer verarbeiten wird? Bei einem Kind mit "autistischen Zügen" gehe ich davon aus, dass es sich um jemanden handelt, der zwar in der Lage ist, sich im Alltag für die Allgemeinheit "Regelkonform" zu verhalten, aber dennoch, einem Autisten gleich, über eine viel sensiblere Wahrnehmung verfügt. Wenn für einen Nicht-Autisten, der Missbrauch im Kindesalter eine lebenslange Bürde ist, wie ist es dann, für dieses Opfer? Und Autisten, sei die Behinderung nun stark oder ganz leicht ausgeprägt, können schwer persönliche Gefühle nach außen reflektieren. Mir tut das Opfer unendlich Leid, das sein ganzes Leben mit dieser Vergangenheit umgehen muss. Dagegen ist die verhängte Strafe einfach nur lächerlich.
Das klingt eher nach der Bestrafung eines Jugendlichen für einen Lausbubenstreich !
Warum der Vorsitzende das Verhalten des Ordens würdigt ist mit einem Fragezeichen zu versehen.
Der Orden nimmt den Täter aus der Schusslinie und gewährt ihm Unterschlupf mit Kost und Logis und reduziertem Taschengeld.
Komnsequenter Weise müsste der Pfarrer sofort aus dem Orden ausgeschlossen werden und sehen wo er bleibt.
Zudem ist das Urteil sehr milde ausgefallen. Bei guter Führung ist der Täter nach einem Jahr "Freigänger" und ein halbes Jahr später wird ihm die Reststrafe erlassen.
Besonders verwerflich ist, dass der Pfarrer sich in eine Familie eingeschlichen hat und ein autistisches Kind mißbraucht hat. Hier wäre eine Strafmaß von 5 Jahren angemessen.