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WÜRZBURG/WASHINGTON
Kiener soll auch in USA auf die Anklagebank
Der in Würzburg verurteilte Millionenbetrüger Helmut Kiener muss rund eineinhalb Jahre nach seinem Prozess hier nun auch in den USA juristische Konsequenzen befürchten.
Zurück auf die Anklagebank? Nach der Verurteilung in Würzburg soll sich Betrüger Helmut Kiener (Mitte) nun auch in USA verantworten.
Foto: P. Wötzel | Zurück auf die Anklagebank? Nach der Verurteilung in Würzburg soll sich Betrüger Helmut Kiener (Mitte) nun auch in USA verantworten.
Von unserem Redaktionsmitglied Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 26.04.2023 19:23 Uhr

Helmut Kiener, der als einer der gerissensten Betrüger Deutschlands galt und Kunden um Hunderte von Millionen Euro betrog, ist selbst um eine Hoffnung ärmer: Zu knapp elf Jahren Haft verurteilte das Landgericht Würzburg im Juli 2011 den Anlageberater aus Aschaffenburg. Seit über drei Jahren sitzt er im Knast – Ende 2015 hoffte Kiener, wieder auf freien Fuß zu kommen.

Doch nun muss der Mann, der sich für einen genialen Investor hielt, auch in den USA einen Prozess fürchten. Staatsanwalt Zane Memeger erhob am Donnerstagabend in Philadelphia Anklage wegen Geldwäsche und Betruges gegen den 53-Jährigen.

Während ihrer Ermittlungen verfolgten Würzburger Kripo und Staatsanwaltschaft schon die Spur in die USA. „Abklärungen beim FBI ergaben, dass dort ebenfalls Ermittlungen geführt wurden“, sagt Polizeisprecher Karl-Heinz Schmitt. Man sei „im ständigen Kontakt“ gewesen. „Ermittlungsergebnisse wurden an die Amerikaner weitergegeben“, bestätigt Schmitt nach Rücksprache mit dem Leitenden Oberstaatsanwalt Dietrich Geuder. „Letztlich wurde Kiener vom FBI auch in Deutschland befragt.“

Doch während die Würzburger Justiz zu einem der härtesten Urteile gegen Anlagebetrüger in Deutschland kam, schien der Fall dort zu versickern. Zumindest waren Antworten des FBI auf Anfrage dieser Zeitung im vorigen Jahr so zu verstehen. Nun teilte das Justizministerium in Washington mit: Kiener und sein mutmaßlicher Komplize John Tausche, ein US-Bürger, sollen auch US-Finanzunternehmen getäuscht haben. In der Mitteilung des Justizministeriums werden Barclays Bank, Bear Stearns and BNP Paribas genannt. Bei einem Schuldspruch in den USA drohe Kiener eine Höchststrafe von 200 Jahren Haft, fast acht Millionen Dollar (rund sechs Millionen Euro) Bußgeld und Schadensersatzansprüche.

Der Fall Kiener gilt als einer der größten im Bereich Anlagebetrug in Deutschland. Das Gericht sah als erwiesen an, dass er bis 2009 mit manipulierten Fonds fast 5000 Kleinanleger und Banken um rund 300 Millionen Euro geprellt hat. Mit einem Teil finanzierte der 51-Jährige seinen luxuriösen Lebensstil mit Millionen-Villa in Florida, eigenem Jet und Hubschrauber sowie Luxus-Limousinen. Ein Teil versickerte als Provision bei Fondsvermittlern und Banken.

Als der Würzburger Richter das Strafmaß verkündete, schien Kiener geschockt und erklärte: „Ich muss jetzt büßen, um von der Hölle zurück ins Fegefeuer zu kommen.“ Er, der im selben Golfclub Charity Eagles wie Schauspieler Elmar Wepper und Rosi Mittermeier gespielt hatte, der im Firmenjet Oliver Kahn zum Golfen nach Portugal mitnahm, der 2008 noch beim Papst zur Audienz war, schien plötzlich ganz unten gelandet: Nun musste er mit verurteilten Mördern und Drogenhändlern seine Zeit teilen.

Sein Komplize Dieter Frerichs hat sich auf Mallorca erschossen, als die Polizei ihn verhaften wollte. Mehrere Komplizen erhielten ebenfalls lange Haftstrafen, der Prozess gegen einen Finanzspezialisten ist im Gange.

Wann es zu einem Prozess kommt, steht noch nicht fest. Rainer Gündert, Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg, sagte am Freitag: Bisher sei kein Auslieferungsantrag der US-Behörden für Kiener eingegangen. Verteidiger Peter Mökesch betont: Auch nach seiner Haftentlassung habe sein Mandant wenig zu befürchten , so lange er nicht in die USA reist – oder ein Land, das an die USA ausliefert. Deutsche werden nur an EU-Länder ausgeliefert. Anders der mitangeklagte Tausche: Er wohnt im US-Bundesstaat North Carolina.

 
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