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HANNOVER
Je brutaler die Spiele, desto schlechter die Schulnoten
Professor Christian Pfeiffer hat die Auswirkungen von Computer-Ballerspielen auf die Entwicklung von Kindern untersucht
Von unserem Redaktionsmitglied Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 15.10.2013 19:16 Uhr

Die Warnung vor unkontrollierter Mediennutzung bei Kindern ist Professor Christian Pfeiffer ein Anliegen. Der Leiter des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (KFN) ist überzeugt, dass bei wachsendem Medienkonsum die Zeit für die gründliche Erledigung der Schulaufgaben knapp wird und die Belastung sich negativ auf die Schulleistung auswirken.

Ein Gutachten seines Instituts untersuchte den Zusammenhang zwischen Medienkonsum und Gewalttätigkeit bei fünf- bis 15-jährigen Kindern. Für Pfeiffer ist belegt: Jungen sind zu zwei Dritteln mit Spielen zugange, die eigentlich erst ab 18 freigegeben sind und als indizierte Spiele qualifiziert werden. Bei Mädchen war das nur zu 14 Prozent der Fall – und zwar nur dann, wenn sie einen Bruder haben, der die Spiele mitbrachte. Für Pfeiffer besteht damit ein Zusammenhang zum leistungsmäßigen Abfall von Jungs in der Schule, während die Mädchen deutlich die Führung übernommen haben.

Was sich nicht nachweisen ließ: eine unmittelbare Verbindung zwischen Videospielen und Gewaltbereitschaft der Nutzer. Allerdings stellte Pfeiffer einen Zusammenhang zwischen zu zeitaufwendigem Videospiel-Konsum und nachlassenden Leistungen in der Schule fest: „Je brutaler die Spiele sind und je häufiger man sie spielt, desto schlechter sind die Noten.“ Er betont: „Man wird nicht Amokläufer, weil man ein brutales Computerspiel gespielt hat. Aber das Spielen von gewalthaltigen Spielen erhöht bei Gefährdeten – die ohnehin schon auf dem Weg Richtung Gewalt sind – das Risiko, dass sie tatsächlich gewalttätig werden.“

Pfeiffers Forschung zeigt: Vielspieler haben schlechtere Noten als die Wenigspieler. „Wir haben bisher den Hinweis, dass stundenlanges Computerspielen für gute Schulnoten nicht sonderlich förderlich ist, indirekt auch dadurch belegt, dass Kinder, die als Zehnjährige besonders viel Computerspiele spielen, überproportional häufig in der Hauptschule landen, und Kinder, die im Vergleich dazu nur einen halb so hohen Computerspiele-Konsum hatten, primär ins Gymnasium kommen“, sagt Pfeiffer.

Seine These: Gewaltspiele wirken sich laut Erkenntnissen der Neurobiologen „besonders destruktiv“ auf das im Kurzzeitgedächtnis gespeicherte Wissen und die Hirnentwicklung aus. Das Hirn von Kindern und Jugendlichen entwickelt sich dann besonders gut, wenn sie in einer Atmosphäre von Angstfreiheit und Geborgenheit aufwachsen. Massive Gewaltexzesse, die in den Spielen präsentiert werden, bewirken auf Dauer eine hohe seelische Belastung und verändern damit die Rahmenbedingungen für eine günstigere Hirnentwicklung.

„Was wir schon wissen ist, dass Kinder, die viel geprügelt werden, nicht etwa durch die Schläge auf den Kopf Hirnschäden haben“, also durch mechanische Auswirkungen, betont Pfeiffer. „Nein, durch die Seelenschocks entfaltet sich das Hirn nicht so positiv wie in einer Familie, deren Erziehungspraxis von Liebe und Geborgenheit geprägt ist.“ Seine Deutung: „Gewaltspiele haben möglicherweise ähnliche Effekte wie direkt beobachtete Gewalt des Vaters gegen die Mutter, gegen Geschwister oder gegen einen selber.“

Ein Verbot schließt er aus: „Durchsetzbar ist nur, dass wir Kinder zu einem moderaten Gebrauch von Computerspielen animieren und ihnen und den Eltern bewusst machen, welche destruktive Wucht gewalthaltige Computerspiele entfalten.“

 
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  • M. S.
    Man kann einfache Dinge auch kompliziert erklären!

    Jemand der sich am Tag 5 Stunden mit PC-Spielen beschäftigt der hat eben 5 Stunden weniger um etwas für die Schule zu machen... Die Chance das diese Person eine gute Ausbildung genießt sind somit automatisch geringer...

    Was vor 100 Jahren das Dorfkind bzw. das Bauerskind war welches jeden Tag zig Std. im heimischen Betrieb helfen musste ist in unserer Wohlstandsgesellschaft der Medienkonsum - nämlich Zeitfresser Nummer 1.
    Verständlich das aus solchen Kindern/Jugendlichen in den seltensten Fällen Professoren werden... leider ist es in der heutigen Zeit schwer über die Runden zu kommen wenn man "nichts kann" bzw. keinen ordentlichen Beruf gelernt hat... Früher war auch mit wenig Bildung ein mittelmäßiges Leben möglich...

    Der Tag hat nun einmal nur 24 Stunden - und die kann man auf unterschiedlichste Weise nutzenh. Als Kind/Jugendlicher kann man evtl. nicht beurteilen was nun besser ist - hier sind die Eltern gefragt..
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    "Je brutaler die Spiele, desto schlechter die Schulnoten" - eine schöne, griffige Aussage, die sofort Aufmerksamkeit erregt.
    Inwiefern allerdings eine "Gewalthaltigkeit" Auswirkungen auf die Schulleistung hat, bleibt offen.

    Absolut nachvollziehbar ist natürlich, daß mit
    Zitat:
    wachsendem Medienkonsum die Zeit für die gründliche Erledigung der Schulaufgaben knapp wird
    und daß
    Zitat:
    Vielspieler schlechtere Noten als die Wenigspieler

    haben.

    Inwiefern die Art des Spiels - oder seine "Gewalthaltigkeit" - hier eine Rolle spielt, bleibt diffus, wenn nicht sogar völlig unbeantwortet.

    Würden nicht genauso Kinder, die ständig im Wald Räuber und Gendarm spielen - um mal ein gängiges Klischee von "guter Freizeitgestaltung" zu nennen - und deswegen die Schularbeiten vernachlässigten, entsprechend in der Leistung abfallen?

    Computerspiele sind leider die neue "Teufelsmusik" und verderben die Jugend.
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