
Unser Bericht darüber, dass das Juliusspital und die Missionsärztliche Klinik, beides Würzburger Traditionskliniken, keine Gewinne respektive kaum Gewinne erwirtschaften und über Kooperation nachdenken müssen, hat viele Leser überrascht, manche erschreckt. Warum ist die wirtschaftliche Situation für diese Kliniken – wie für so viele deutsche Kliniken – seit einigen Jahren schwierig geworden? Darüber haben wir mit Volker Sauer, dem Geschäftsführer der Missionsärztlichen Klinik, und Walter Herberth, dem Oberpflegamtsdirektor des Juliusspitals, gesprochen.
Sauer: Mehr als sonst sogar noch. Ich habe diese Leistung ja nicht erbracht; aber sie macht mich stolz. Ich bin stolz auf die Mitarbeiter, die so viel geleistet haben.
Sauer: Die Personalkosten sind beim letzten Tarifabschluss um 3,5 Prozent gestiegen, wohingegen das Budget, das uns die Kassen fürs Personal zugestehen, nur um maximal 2,8 Prozent gestiegen ist.
Herberth: Das Problem, dass die Personalkostensteigerung nicht gegenfinanziert wird, haben wir seit Jahren. Die Schere zwischen Erlösen und Kosten geht immer weiter auseinander.
Herberth: Die Aussage der Ministerin halte ich für sehr gut. Ob ihre Forderung von Erfolg gekrönt sein wird, steht in den Sternen. Damit kommen wir zur Grundproblematik der Krankenhaus-Finanzierung: Die Ministerin kann nur verbindliche Aussagen zur Investitionskostenfinanzierung treffen, denn für Investitionskostenförderung ist der Freistaat Bayern zuständig. Für die Betriebskosten – und mithin für die Bezahlung des Personals – sind aber die Krankenkassen zuständig. Natürlich wird bei den anstehenden Bund-Länder-Verhandlungen die Lücke zwischen Tarifkostensteigerung und Orientierungswert ein Thema sein; wir hoffen alle auf Besserung.
Herberth: Ich glaube, man muss stark unterscheiden zwischen privaten Kliniken, freigemeinnützigen Kliniken und öffentlich-rechtlichen Kliniken. Die privaten Kliniken, die in der Regel aktiennotiert sind, streben grundsätzlich Gewinnmaximierung an.
Bei den öffentlich-rechtlichen Kliniken, also bei Kreiskrankenhäusern oder kommunalen Kliniken, ist manchmal der Vorwurf der Ineffizienz und der verkrusteten Strukturen nicht vollkommen von der Hand zu weisen. Wenn das Gremium Kreistag, geprägt von divergierenden Einzelinteressen, über Wohl und Wehe eines Krankenhauses entscheidet, dann kann ein Krankenhausmanager es manchmal sehr schwer haben. Wir als freigemeinnützige Klinik sind frei vom Einfluss der Politik, wir können unseren Weg so gehen, wie wir das selbst entscheiden. Unser Ziel ist, den Menschen zu helfen. Dabei wie die Privaten Gewinnmaximierung anzustreben, erscheint mit Blick auf unsere Historie befremdlich. Andererseits ist es notwendig, Überschüsse zu machen, eine Umsatzrendite zu erwirtschaften – um Investitionen tätigen zu können, Geräte zu kaufen, um am Ball zu bleiben.
Sauer: Schon. Früher war Kostendeckung das Ziel, das reicht heute nicht. Wir müssen heute Überschüsse machen, um Investitionen in der Zukunft tätigen zu können. Wir müssen uns an großen Investitionen beteiligen – der Staat fördert häufig nicht zu hundert Prozent. Wir brauchen immer schneller neue Geräte. Das Wort „Gewinnmaximierung“ mag ich aber nicht in den Mund nehmen.
Herberth: Die Botschaft von Minister Gröhe zur Bettenauslastung habe ich als fatal und auch als verletzend empfunden. Sie erweckt den Eindruck, Krankenhäuser könnten zu hundert Prozent ausgelastet sein. Das stimmt nicht.
Sauer: An Wochenenden sind weniger Betten belegt. Zum Wohle unserer Patienten müssen wir auch manchmal aus Gründen der Hygiene Doppelzimmer mit einem Patienten belegen. Sterbenden will man nicht zumuten, das Zimmer zu teilen. Bei Geburten oder bei Kinderkrankheiten beobachten wir Wellen – da kommen manchmal ganz wenige, manchmal auf einen Schlag sehr viele Patienten. Da brauchen wir die Bettenkapazitäten.
Herberth: . . . wir haben 600 000 Euro Überschuss gehabt letztes Jahr. Das ist ein Prozent unseres Haushaltsbudgets von 60 Millionen Euro.
Sauer: Die Kooperation beider Häuser ist in den letzten Jahren intensiver geworden. Wir arbeiten bei der Facharztausbildung zusammen, bei der Fortbildung, bei bestimmten Untersuchungen, wo teure Geräte vorgehalten werden.
Sauer: Nein. Geht gar nicht. Patienten bevorzugen das eine oder das andere Haus. Es gibt Patienten, die gehen sehr gerne in die Urologie des Juliusspitals, andere kommen gerne zu uns. Patientenströme kann man nicht steuern. Kurzfristig jedenfalls nicht. Wir sind ja in Überlegungen. Aber eine Kooperation nach dieser flachen Art – „wir schmeißen Abteilungen zusammen“ – das geht nicht.
Sauer: Keine. Es geht um Bereiche, die wir beide gut beherrschen.
Herberth: Bleiben wir beim Beispiel Urologie. Dass eine gemeinsame Urologie-Einheit wirtschaftlicher arbeiten würde als zwei Einheiten an getrennten Häusern, ist eine Fehlmeinung. Wenn wir den Schnitt vollzögen und zwei Einheiten zusammenlegten, dann würde diese neue Einheit Patienten verlieren.
Herberth: Bleiben wir akademisch: Würde es sich hier wirklich um eine betriebswirtschaftliche Seminaraufgabe handeln, dann würde am Ende eine Fusion als Vorschlag herauskommen. Dann hätten wir, ohne dass ich da den Begriff von „Eitelkeiten“ bemühen möchte, aber mit einem Schlag eine Menge frustrierter Chefärzte. Wir hätten zudem einen massiven Verlust an Patienten zu befürchten. Wir hätten demzufolge einen Budgetrückgang. Wir hätten Verluste in Dimensionen zu befürchten, die ich mir zurzeit nicht vorstellen kann. Von daher halten wir den von uns eingeschlagenen „homöopathischen“ Weg der kleinen, behutsamen Schritte für den besseren. Wir wollen in Ruhe prüfen, wo wir sinnvollerweise zusammenarbeiten können, wo sich das für unsere Häuser lohnt. Den brachialen Schnitt und Schritt wollen wir nicht.
Juliusspital
Das Würzburger Juliusspital ist 438 Jahre alt. Fürstbischof Julius Echter stiftete das Spital mit seinem Privatvermögen. Um Platz für den Bau zu haben, kaufte er innerhalb Würzburgs Gärten und Lagerplätze auf. Der Grundstein für den Spitalbau wurde am 12. März 1576 gelegt. Im Stiftungsbrief vom 12. März 1579 sicherte der Fürstbischof den Unterhalt der Anlage durch Überschreibung von Grundbesitz wie Äcker, Weinberge und Wälder, die bis heute ihren Wert nicht verloren haben.
Das Juliusspital hat 342 Betten. Pro Jahr werden rund 13 000 stationäre und rund 20 500 ambulante Patienten behandelt. In der Klinik werden pro Jahr rund 5000 stationäre und rund 700 ambulante Operationen durchgeführt. Das Spital hat ein Budget von 60 Millionen Euro und hat im vergangenen Jahr nur 600 000 Euro Überschuss erwirtschaftet.
Missionsärztliche Klinik
Die Missionsärztliche Klinik ist aus dem Missionsärztlichen Institut hervorgegangen, das 1922 von Missionsvereinen und Missionierenden Orden gegründet wurde. Zweck des Instituts war die fachgemäße Ausbildung und missionarische Vorbereitung katholischer Ärzte und Ärztinnen, außerdem die Ausbildung von Krankenschwestern und Missionaren. 1952 wurde im institutseigenen Gebäude an der Salvatorstraße die Missionsärztliche Klinik gegründet.
Die Klinik hat 321 Betten. Pro Jahr werden in diesem Krankenhaus rund 15 000 Patienten stationär und rund 31 000 Patienten ambulant behandelt. Das Haus beschäftigt rund 130 Ärzte und rund 180 Pflegekräfte.
Die Missionsärztliche Klinik hat bei einer Patientenbefragung der Techniker Krankenkasse überdurchschnittlich gut abgeschnitten und wurde dafür gerade ausgezeichnet.