Der überraschende Tod von Generalvikar Karl Hillenbrand löst Bestürzung aus. Das Bistum Würzburg verliert einen profilierten Seelsorger und Theologen. Als Generalvikar, als Experte für die Priesterausbildung und als Mitglied der Medienkommission der deutschen Diözesen hat er in vielen Funktionen gewirkt. Wer mit ihm zu tun hatte, schätzte seine Kompetenz, die verbindliche Art und den feinen Humor.
Neben den vielen Anforderungen und Funktionen des Amtes blieb bei Karl Hillenbrand immer die Freude an der Seelsorge spürbar, sei es wenn man ihn als Prediger erlebte oder als Gesprächspartner. Theologische Fragen haben ihn stets gereizt. Seine in Rom geschriebene Doktorarbeit erschien 1982 in einem renommierten Verlag, und auch 30 Jahre später ließen ihn theologische Fragen nicht los, er behandelte sie in Büchern und Vorträgen.
Wer als Medienvertreter mit einem Anliegen kam, fand stets den Mut zu klaren Aussagen, die Geduld, zu erklären und die Toleranz anderen Positionen gegenüber. Der Streit über die Schwangerenkonfliktberatung vor nunmehr 15 Jahren, die Irritationen um die tridentinische Messe und die Erschütterungen der katholischen Kirche durch das Bekanntwerden von Missbrauchsfällen – Hillenbrand war stets ein ehrlicher Makler zwischen der Binnenperspektive der katholischen Kirche und der säkularen Welt. Dazu gehörte Mut – Kirche und Öffentlichkeit taten und tun sich mitunter schwer.
In seine Amtszeit fällt auch die Errichtung von Pfarreiengemeinschaften – die einschneidenste Reform in der jüngeren Bistumsgeschichte. Sie hat viel Verunsicherung ausgelöst, sie hat Rollenbilder im kirchlichen Leben in Bewegung gebracht, sie hat wohl nicht alle Zukunftsfragen gelöst. Als Generalvikar stand Hillenbrand im Zentrum der Umstrukturierung und der öffentlichen Kritik.
Dass er über viele Jahre hinweg als Kandidat bei Weihbischofs- und Bischofsernennungen galt und nie zum Zug kam, konnte ihn zumindest nach außen nicht verdrießen. Der Verfasser dieser Zeilen hatte als junger Reporter einen Artikel zu diesem Thema veröffentlicht – und musste sich später aus Kirchenkreisen sagen lassen, gerade dadurch den damaligen Regens des Priesterseminars um seine Chancen gebracht zu haben. Wenn es so gewesen sein sollte – Hillenbrand selbst hat es großmütig nie in irgendeiner Weise erwähnt.
Wahrscheinlich kann man auch in der Kirche nicht ohne Ellenbogen Karriere machen. Und auch ein Generalvikar und Domkapitular wird sie brauchen. Dass aber das unscheinbare Amt des Rektors der Marienkapelle Hillenbrand so ins Schwärmen bringen konnte, hat mich tief beeindruckt. Ebenso seine Wertschätzung des Würzburger Reformtheologen und Universitätsrektors Hermann Schell, der um 1900 seiner Kirche auf kluge Weise unbequeme Wahrheiten sagte und dafür vom Vatikan abgestraft wurde. Gehorsam, Freiheit des Gewissens und Gottvertrauen – das konnte man von Schell lernen.
Auch wenn Hillenbrand zunehmend gebeugt ging, so als laste etwas auf ihm – bei einer Begegnung konnte er herzlich lachen. Und allemal dem Leben eine humorige Seite abgewinnen: Den späteren Papst Benedikt XVI. kannte er seit 1978, sicher besser als manch anderer deutscher Kirchenmann. Viel Aufhebens hat er nicht darum gemacht, aber mit viel Freude erzählt, wie er den damaligen Kardinal Joseph Ratzinger 1978 in Rom zum Konklave fuhr: mit seinem alten grünen Renault zwischen den ganzen Nobelkarossen der anderen Kardinäle.
Und außerdem: Bei plötzlichen Todesfällen erfolgt üblicherweise eine polizeiliche Untersuchung. War dies hier auch so?
Bei so viel Glorifizierung könnte man fast vermuten, mögliche Kritiker sollten von vornherein mundtod gemacht werden.
Gott vergelte ihm all das Gute und schenke ihm das ewige Leben bei Ihm.
Also war er den oberen Kirchenherren, die das Konzil am liebsten ungeschehen machen würden, zu liberal, zu nah am Menschen, zu sehr Seelsorger.
Nach deren Ansicht und Kriterien also untauglich für das Amt des Bischofs.
Wie bedauerlich für die gesamte Kirche!
Sein plötzlicher Tod macht sehr nachdenklich.
Gottes Wille ist entscheidend. Eine Berufung zum Bischof kann man nicht machen und das ist auch kein Job, sondern ein Dienst an Gott und den Menschen. Wer meint, dass alles anders zu machen sei und er wisse, was Gottes Wille ist, ist ganz sicher auf dem Holzweg.
Mutter Teresa hat uns da ein gutes Beispiel gegeben. Als sie im Zug den Ruf, die Missionarinnen der Nächstenliebe zu gründen, erfahren hat, hat sie erst gewartet, obwohl sie sehr ungeduldig war, bis ihr geistlicher Leiter, dann ihr Bischof und schließlich der Heilige Stuhl seine Zustimmung gegeben hat. Ohne die Zustimmung und das Vertrauen in Gottes Willen und Fügung hätte Mutter Teresa diesen Orden nicht gegründet. Das ist der Unterschied zwischen der säkularen Welt und der Kirche und das sollten wir respektieren, wenn wir die Kirche lieben.