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WÜRZBURG
Ein Selbstversuch: Langweilig wird eine Fahrt per Mitfahrzentrale selten
Jens Rospek
 |  aktualisiert: 16.11.2015 12:14 Uhr

Zehn Minuten zu früh erreiche ich den vereinbarten Treffpunkt. Der Mann, bei dem ich die Fahrt nach Frankfurt über eine Online-Mitfahrzentrale gebucht habe, hat sich bereit erklärt, mich auf halber Strecke einzusammeln, damit ich nicht den Weg bis zur nächsten Autobahn auf mich nehmen muss. Kaum habe ich mich postiert, biegt er um die Ecke, früher als er mir eine gute halbe Stunde zuvor am Telefon gesagt hatte. Der Anruf war nicht vereinbart, aber „mein“ Fahrer wollte verhindern, dass ich zu lange sinnlos am Treffpunkt herumstehe.

Die 120 Kilometer von Würzburg nach Frankfurt verlaufen problemlos. Die Mitfahrer auf der Rückbank, die schon vorher zugestiegen sind, sagen zwar kaum ein Wort, dennoch kommt im vollbesetzten Wagen keine Langeweile auf. Mein Fahrer erweist sich als sehr kommunikativ. Für den 49-Jährigen Geschäftsmann, der regelmäßig zu Kunden in ganz Deutschland fährt, ist dies der Hauptgrund, warum er Fahrten in Mitfahrportalen einstellt: „So oft wie ich im Auto sitze, ist Unterhaltung wichtig, nur vom Radiohören werde ich sonst irgendwann bekloppt.“

Die Tatsache, dass die meisten Mitfahrer deutlich jünger sind, stört ihn kaum: „Ich habe mich mittlerweile daran gewöhnt.“ Das Alter spiele jedoch keine Rolle, nur zwei Dinge seien ihm wichtig: Pünktlichkeit und Kommunikation. Auf Letzteres legt er auch bei sich selbst großen Wert. Kurz vor dem Ziel informiert er den nächsten Mitfahrer, der in Frankfurt für mich zusteigen wird, telefonisch über die genaue Ankunftszeit.

Schlechte Erfahrungen hat der 49-Jährige bisher kaum gemacht, bis auf eine Ausnahme: „Einmal hatte ich ausgemacht, jemanden mit nach Bremen zu nehmen. Kurz vor dem Ziel stellte sich dann heraus, dass er nach Osnabrück wollte.“ Daraufhin habe er dem Mann das Geld, welches eigentlich für ihn selbst gedacht war, „in die Hand gedrückt und ihn in ein Taxi gesetzt.“

Nach genau 69 Minuten habe ich mein Ziel erreicht, schneller und umkomplizierter geht es kaum. Und auch die Rückfahrt verläuft reibungslos. Mein „Gastgeber“ ist dieses Mal ein Banker aus Frankfurt. Die Mitfahrt bei ihm habe ich erst einige Stunden vor der Abfahrt gebucht. „Es kommt oft vor, dass ich die Fahrten so kurzfristig einstelle, weil ich nicht weiß, wann ich aus dem Büro rauskomme“, erzählt der 39-Jährige. Trotzdem habe er es bisher nur selten erlebt, dass sich kein einziger Mitfahrer gefunden habe.

Schlechte Erfahrungen hat auch er bisher selten gemacht. Dennoch gibt er zu, nicht jeden in sein Auto zu lassen und auch schon mal rabiat geworden zu sein: „Einmal habe ich jemanden am Treffpunkt stehen lassen, ein gewisses Aussehen und Auftreten erwarte ich schon.“

Auf dieser Fahrt gibt es solche Probleme nicht. Wegen des Feierabendverkehrs dauert der Rückweg 20 Minuten länger, verläuft aber völlig entspannt. Insgesamt zahle ich 14 Euro. Ein Preis, den weder die Bahn noch das eigene Auto schlagen können. Vom Unterhaltungsfaktor mal ganz abgesehen.

 
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