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WÜRZBURG/REGENSBURG
Diebstahl, Daten und Douglasien
Von unserem Redaktionsmitglied Nike Bodenbach
 |  aktualisiert: 26.04.2023 17:59 Uhr

Der Streit um die alten Laubwälder im Spessart beschäftigt jetzt auch die Justiz. Nachdem Greenpeace am Dienstag nach Ostern 1967 junge Douglasien herausgerissen und durch Buchensetzlinge ersetzt hatte, haben die Bayerischen Staatsforsten Strafanzeige bei der Polizei Aschaffenburg gestellt.

Die Staatsforsten werfen Greenpeace Sachbeschädigung, Diebstahl und Verstöße gegen das Waldgesetz vor. „Die selbst ernannten Waldretter sollen deutlich merken, dass wir bei Sachbeschädigung keinen Spaß verstehen“, erklärte der Vorstandsvorsitzende Rudolf Freidhager.

Greenpeace klagt zurück

Umgekehrt gehen nun die Umweltschützer gegen die Staatsforsten vor. Am Donnerstag haben die Aktivisten Klage beim Verwaltungsgericht Regensburg eingereicht. Der Grund: Greenpeace hatte von den Forstleuten spezielle Daten über die bayerischen Staatswälder angefordert – und nur allgemein gehaltene Karten bekommen.

„Greenpeace hat ganz genau definiert, welche Daten sie wollen. Doch solche Karten haben wir nicht, weil wir sie für unsere Forstwirtschaft nicht brauchen“, sagt Staatsforsten-Sprecher Philipp Bahnmüller. Andere Daten wiederum bekäme Greenpeace nicht, weil es sich um Geschäftsgeheimnisse handele. „Wenn wir sämtliche Planungsdaten rausgäben“, sagt Bahnmüller, „wären wir nicht mehr handlungsfähig, müssten über jeden Baum diskutieren.“

Greenpeace beruft sich auf das Umweltinformationsgesetz. „Ein Gericht muss eine Grundsatzentscheidung treffen“, sagt Greenpeace-Waldexpertin Gesche Jürgens. Neben den Bayerischen Staatsforsten hätte auch der hessische Landesbetrieb Hessen Forst Daten verweigert. Greenpeace klagt deshalb auch am Verwaltungsgericht Kassel.

Bahnmüller glaubt, dem Gesetz Genüge getan zu haben. „Wenn wir glaubten, mehr rausgeben zu müssen, hätten wir das getan.“

Ähnlich reagiert Bahnmüller auf Luftbilder des Spessarts, die Greenpeace im Internet veröffentlicht hat. Die Fotos sind laut Greenpeace im März entstanden und ließen Kahlschläge sowie ein dichtes Netz von Schneisen erkennen. Bahnmüllers Antwort: „In zwei Wochen wäre auf den Bildern alles grün, die Fotos sind doch gerade ein Beweis für den hohen Laubbaumanteil.“ Er sieht in den Fotos einen „klassischen Täuschungsversuch“.

Was die Schneisen angeht prangert Greenpeace-Waldexpertin Gesche Jürgens an, dass „vielerorts bereits etwa 20 Prozent des sensiblen Waldbodens zerstört“ seien. Die Staatsforsten argumentieren, dass durch die sogenannten Rückegassen nur etwas über 15 Prozent der Waldfläche befahren würden – und somit knapp 85 Prozent geschont blieben. „Das ist ein Merkmal einer naturnahen Forstwirtschaft“, sagt Bahnmüller, „in Osteuropa gibt es keine Rückegassen, da fahren die Maschinen kreuz und quer.“

Vorwurf: Verbrauchertäuschung

Unterdessen haben die Waldzertifizierer von FSC Deutschland einen offenen Brief an Eberhard Sinner, CSU-Landtagsabgeordneter und Forstamtsleiter a. D., geschrieben. Sinner hatte FSC und dessen Unterstützern von Greenpeace vorgeworfen, mit dem Siegel Verbrauchertäuschung zu betreiben, indem sie „Greenwashing für Tropenholz und Großunternehmen“ betreiben.

Außerdem vermutet Sinner finanzielle Vorteile für Greenpeace, wenn Wälder FSC-zertifiziert werden. Der von den Umweltschützern kritisierte Staatswald im Spessart trägt das Konkurrenzsiegel PEFC. FSC Deutschland weist in dem Brief beide Vorwürfe als falsch und polemisch zurück. Sinner hat nun Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner aufgefordert, „die Zertifizierung von Holz generell und speziell die Zertifizierung durch FSC in Zusammenarbeit mit Greenpeace unter die Lupe zu nehmen“.

Hier finden Sie Luftaufnahmen der Buchenwälder

 
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  • sinner
    hier ist ein Video, das zeigt, warum ich mich als Verbraucher durch FSC getäuscht fühle. Plantagenwälder aus Eukalyptusbäumen zerstören wertvolle Biotope. So sieht Greenwashing aus! http://bit.ly/HKD5NS
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