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VOLKACH
Die Mainfähren - Frankens schwimmende Brücken
Mainreise, Frankenserie       -  Fähre bei Dettelbach: In wenigen Minuten bringen die acht fränkischen Fähren ihre Passagiere ans andere Ufer.
Foto: Daniel Biscan | Fähre bei Dettelbach: In wenigen Minuten bringen die acht fränkischen Fähren ihre Passagiere ans andere Ufer.
reda
 |  aktualisiert: 16.12.2015 11:02 Uhr

Es ist kurz vor 12 Uhr. Reinhold Maurer steuert seine Fähre über den Main bei Wipfeld (Lkr. Schweinfurt). Hin und her geht es für den Fährmann. Seit dem frühen Morgen, schon dann kamen die ersten Fahrgäste. Eine Mittagspause aber gibt es bei ihm nicht. „Ich fahre durch bis abends um acht Uhr“, erzählt er. 14 Stunden. Ist das erlaubt? „Ja, weil wir ein Schifffahrtsbetrieb sind“, sagt der 53-Jährige.

Maurer ist als Fährmann bei der Gemeinde Wipfeld angestellt. Seit 14 Jahren sitzt er in der Fährkabine. „Ich habe Binnenschiffer gelernt“, erzählt er. Doch jetzt ist er nur noch zwischen Wipfeld und dem Gemeindeteil St. Ludwig am anderen Ufer unterwegs. „Wir sind drei Fährmänner. Wenn alle da sind, haben wir jeweils zwei Tage Dienst und dann vier Tage frei“, erklärt er. Zusammengerechnet sind das 39 Stunden in der Woche. Die Fähre in Wipfeld fährt täglich, Sommer wie Winter.

„Du bist an der frischen Luft, das ist das Wichtigste.“
Jochen Stulier, Fährmann

Ein Rauschen, dann eine Stimme. Maurer hört den Funkverkehr der Schleuse ab. Bald kommen zwei große Schiffe. Zuvor geht es aber noch einmal hinüber. Nutzer des Main-Radweges warten mit ihren Rädern. Ebenso Andreas Pfister, Bauleiter eines Wipfelder Elektrogeschäfts, mit einem Firmenauto. „Ich komme gerade von einem Kunden in Unterspiesheim“, erzählt der 52-Jährige und hält Maurer seine 16-Euro-Mehrfahrtenkarte hin. 1,50 Euro muss er zahlen. „Es rechnet sich, allein schon von der Zeit. Sonst müsste ich bis Bergrheinfeld oder Volkach fahren.“ Er nutze die Fähre auch regelmäßig privat, sagt Pfister.

An Spitzentagen beträten rund 1000 Menschen die Wipfelder Fähre, berichtet Maurer – in der Regel eine Mischung aus Radfahrern und Berufstätigen. Es gebe aber Tage, da habe er auch nur 50 Gäste.

„Ohne Zuschüsse könnten wir nicht überleben“, sagt Maria Lindner, Wipfelds Zweite Bürgermeisterin, zum Fährbetrieb. Aber allein schon wegen der Landwirte sei die Fähre wichtig.

Marco Maiberger, Leiter der Touristinformation Volkacher Mainschleife, beziffert das Defizit am Beispiel der Fähre in Fahr (Lkr. Kitzingen), einige Kilometer flussabwärts. Im vergangenen Jahr habe es 43 000 Euro betragen. Knapp die Hälfte davon musste die Stadt Volkach aufbringen, den Rest gab es vom Staat aus Mitteln der Kfz-Steuer. Ein normales Jahr. Alle fünf Jahre ist eine Revision der Fähren vorgeschrieben. Dann wird es teurer. 2013 sei ein solches Jahr gewesen. Allein 40 000 Euro musste die Stadt damals zuschießen.

Einzig die Fähre in Nordheim (Lkr. Kitzingen) habe 2012 „mal einen Gewinn von 7000 Euro erwirtschaftet“, berichtet Maiberger. Hier führt Edmund Gürsching seit beinahe 25 Jahren das Steuer. Seine Fähre, Baujahr 1947, hängt noch an zwei Seilen fest. Früher wurde sie als sogenannte Gierseilfähre motorlos an einem Drahtseil hängend mit der Strömung betrieben. Durch das Aufstauen des Mains ist die Strömung aber zu gering.

Den Antrieb übernimmt nun ein Dieselmotor mit Schiffsschraube. Nur die Steuerung läuft noch über eine mit dem Hochseil verbundene Kette. Ein zweites Seil hält laut Gürsching das Schiff in der Spur und hilft bei Westwind, dass es nicht abtreibt. Nur hier am Altmain, wo keine großen Schiffe verkehren, ist so etwas noch möglich.

Auf der Überfahrt von Nordheim nach Escherndorf, die nicht einmal eine Minute dauert, muss der 58-Jährige heute trotzdem aufpassen – auf Badende oder Kanu- und Schlauchbootfahrer, die sich dem Seil immer wieder nähern. Auch sonst ist hier viel los. „An Spitzentagen fahren 2500 bis 3000 Leute“, berichtet der gebürtige Nordheimer.

Jochen Stulier, der noch weiter flussabwärts zwischen Mainstockheim und Albertshofen (Lkr. Kitzingen) von 6.30 bis 19 Uhr auf der Fähre sitzt, hat einen besonderen Turnus: Der gelernte Binnenschiffer arbeitet sieben Tage am Stück, dann hat er sieben Tage frei.

„Unsere Fähre von 1959 fährt mit dem zweiten Motor“, sagt Karl-Dieter Fuchs, Mainstockheims Erster Bürgermeister. Auch er berichtet von einem Defizit im Fährbetrieb, das er sich aber zum Glück mit dem Amtskollegen in Albertshofen teilen kann. Rechne man die staatlichen Zuschüsse weg, blieben so jährlich noch 12 500 bis 25 000 Euro pro Gemeinde.

„Im Sommer ist es am schönsten“, sagt Stulier und blickt in einen Spiegel, der am Eck der Kabine hängt. Mit ihm hat er das andere Ufer im Blick, ohne den Kopf zu drehen. Stolze 35,9 Grad zeigt das Thermometer in seiner Kabine an – im Schatten. Er nimmt es gelassen: „Du bist an der frischen Luft, das ist das Wichtigste. Und am Main geht immer ein Lüftchen.“

Bald 25 Dienstjahre: Der Nordheimer Fährmann Edmund Gürsching (rechts) gibt einem Fahrgast das Wechselgeld.
Foto: M.Litzlfelder | Bald 25 Dienstjahre: Der Nordheimer Fährmann Edmund Gürsching (rechts) gibt einem Fahrgast das Wechselgeld.
Fährmann: Jochen Stulier in seiner Kabine
Foto: M. Litzlfelder | Fährmann: Jochen Stulier in seiner Kabine
 
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  • O. T.
    sind sie sicher, dass bild1 die faehre in fahr ist ?
    die kirche im hintergrund sieht mehr nach dettelbach aus
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