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NEUENDETTELSAU
Der verlorene Sohn ist wieder da
reda
 |  aktualisiert: 07.01.2016 15:18 Uhr

Mehr als zwei Jahre Ungewissheit brechen sich Bann in einem Meer von Freudentränen. Adam Al Shaar (Name geändert) aus Syrien kann am Flughafen Nürnberg endlich seinen 16-jährigen Sohn Ilias wieder in die Arme schließen. Er war in den Wirren des Bürgerkrieges auf der Flucht der Familie in den Libanon 2012 verschwunden.

Dabei hatten die Familienmitglieder als sogenannte Kontingentflüchtlinge ein Visum und einen Flug nach Deutschland bekommen. Vater Adam, zuvor Elektroingenieur, besaß ein eigenes Büro, die älteren Söhne studierten. „Aber dann kam der Krieg“, berichtet er, und der Krieg zerstörte seine Existenzgrundlage.

Zeit der Ungewissheit

Nachdem Ilias verschwunden war, entschloss sich die Familie schweren Herzens, ohne ihn nach Deutschland zu fliegen. Dort war sie zunächst zwei Wochen lang in der Erstaufnahmeeinrichtung in Friedland, Niedersachsen, untergebracht. Weiter ging es in ein Übergangswohnheim im mittelfränkischen Neuendettelsau (Lkr. Ansbach). Über das Schicksal des Sohnes wussten die Al Shaars zunächst nichts. Ihre Zeit der Ungewissheit endete erst, als der große Bruder über das soziale Netzwerk Facebook erfuhr, dass der kleine noch lebt, sich zurück nach Syrien durchgeschlagen hatte und nun in Damaskus war.

Über Ricarda Quass von der Diakonie Neuendettelsau versuchte die Familie schließlich Mitte 2014, ihren verlorenen Sohn zu sich nach Deutschland zu holen. Das erwies sich als ausgesprochen schwierig. Denn Ilias galt nun nicht mehr als Kontingentflüchtling. Die Zusammenführung wäre nur dann möglich gewesen, wenn die achtköpfige Familie in Deutschland auch seinen Unterhalt hätte gewährleisten können.

„Zum Glück hat die Ausländerbehörde beim Landratsamt Ansbach hier eine Ausnahme gemacht“, sagt die Diakonie-Mitarbeiterin. Ilias habe einreisen können, weil er noch minderjährig ist, begründet Pressesprecherin Carolin Emmert die Sondergenehmigung. Obwohl die Familie momentan nicht für seinen Lebensunterhalt aufkommen könne, habe man „aus humanitären Gründen“ auf die Einhaltung dieser Vorgabe verzichtet.

Bis der Jugendliche tatsächlich den Flieger nach Nürnberg besteigen konnte, waren allerdings noch zahlreiche Hürden zu überwinden. So musste der 16-Jährige von Damaskus nach Beirut in die deutsche Botschaft, weil ein Übertreten der syrisch-libanesischen Grenze nur mit einer Einladung der dortigen Vertretung möglich war. Damit nicht genug. Der Visumsantrag war von einem Erziehungsberechtigten zu unterschreiben, was schließlich ein Onkel in Beirut übernahm. Organisiert wurde alles aus Neuendettelsau. Selbst der Flug von Beirut über Istanbul nach Nürnberg, der aus Spenden finanziert wurde.

Seit Ende Januar lebt die Familie zusammen in Neuendettelsau, zum Wiedersehen gab es ein Fest. Nun steht für Ilias jedoch der Alltag an, viele Verwaltungsakte müssen erledigt werden, Deutsch lernen steht auf dem Programm. Und die Berufswahl. Doch wer den Wirren des Bürgerkriegs entkam und auf dem Weg nach Deutschland allen Hindernissen trotzte, wird sich auch hier durchsetzen, ist Flüchtlingsbetreuerin Ricarda Quass überzeugt: „Ich bin optimistisch, dass der junge Mann seinen Weg machen wird.“

 
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