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RÜGHEIM
Der die Steine liebt
Steinexperte: Walter Hartleitner untersucht die Porta Nigra.
Foto: F. Vetter | Steinexperte: Walter Hartleitner untersucht die Porta Nigra.
Von unserem Redaktionsmitglied Alois Wohlfahrt
 |  aktualisiert: 11.12.2019 20:10 Uhr

Walter Hartleitner blickt kurz auf die Sandsteinwand in seinem Garten am Rande von Rügheim (Lkr. Haßberge) und schmunzelt. „Ja, erdgeschichtlich gesehen, liegen sie eigentlich ganz nah beieinander.“ „Sie“ – das sind zum einen die ockerfarbenen Sandsteine seines alten Backhauses und zum anderen schwere schwarze Sandsteinquader im entfernten Trier. Letztere beschäftigen Walter Hartleitner seit einigen Wochen. Er ist Chefrestaurator des wohl bekanntesten Relikts der Römer in Deutschland, der Porta Nigra.

Der Name des alten römischen Stadttors trägt das Malheur bereits in sich: Nigra ist lateinisch und heißt schwarz, Wetter und Umwelt haben dem Sandstein zugesetzt. Und das schon lange, denn den Zusatz „nigra“ bekam das Gebäude bereits im Mittelalter. Kein Wunder sind für Hartleitner die ganz andere Sandsteinfarbe der Porta Nigra im Vergleich zum Ocker seiner Sandsteinmauer im heimischen Rügheim: Die Steine der Porta Nigra sind nun mal rund 1700 Jahre früher aus dem Boden gekommen, als das Mauerwerk in seinem idyllischen Garten.

Eine tolle, faszinierende Aufgabe

Wie kommt nun ein Rügheimer dazu, wenn im mehr als 400 Kilometer entfernten Trier das Gesicht von Deutschlands berühmtestem römischem Stadttor aufgefrischt wird? Wie es in solchen Fällen üblich ist: Per Ausschreibung, aber auch durch Referenzen. Walter Hartleitner hat seit zwei Jahrzehnten ein Planungsbüro für Naturstein- und Denkmalpflege. Die Porta Nigra ist für den 48-Jährigen klar eine „tolle, interessante und faszinierende Aufgabe, mein ältestes Bauwerk bislang“, aber längst nicht das größte Projekt, bei dem er mitgearbeitet hat.

Lang ist die Liste von Bauwerken, wo er Restaurierungen plante und die Arbeiten begleitete. Allen voran der Frankfurter Dom, sein bis dato größtes Projekt. Am Münchner Rathaus war er ebenso tätig, wie auf der Veste Coburg, auf der Würzburger Festung, am Aschaffenburger Schloss sowie zurzeit unter anderem am Bamberger Dom.

Aschaffenburg und Bamberg sind zugleich auch zwei wichtige Stationen im Leben Hartleitners. In der Stadt am Untermain ist er geboren und aufgewachsen. Dass ihn Steine faszinieren, das zieht sich durch alle Stationen seines beruflichen Werdegangs. Er hat die Steinmetz-Praxis kennengelernt in seiner Ausbildung zum Steinbildhauer. In Bamberg studierte er Kunstgeschichte und promovierte in Denkmalpflege. Zudem absolvierte er eine restauratorische Ausbildung am Landesamt für Denkmalpflege. Heute besteht seine Aufgabe vor allem darin, Restaurierungen zu planen, „aber ich weiß auf jeden Fall, was handwerklich möglich ist“, sagt Walter Hartleitner und ist froh um seine Ausbildung, denn „es ist gut, wenn man ein Praktiker ist“.

Den Haßbergkreis hat er bereits lieben gelernt, als er über das Schloss Oberschwappach seine Magisterarbeit schrieb. Seit sechs Jahren wohnen der Restaurator und seine Frau Katrin Müller, die als Diplom-Restauratorin arbeitet, mit ihren beiden Söhne nun schon in Rügheim. Und darüber kommt Walter Hartleitner geradezu ins Schwärmen: „Wir haben hier genau das gefunden, was wir gesucht haben.“ Die Infrastruktur passt, „Du bekommst alles, was Du brauchst“ und was für ihn ebenfalls wichtig ist: Er ist sehr schnell dort, wo die meisten seiner Projekte liegen – im gesamten Rhein-Main-Gebiet. „Ich hab Rügheim richtig lieb gewonnen, es kommt mir vor, als wäre ich schon viel, viel länger hier“.

Dennoch wird er seine bodenständige Heimat in den Haßbergen in der nächsten Zeit häufig verlassen müssen, um einen luftigen Arbeitsplatz einzunehmen. Die Vorarbeiten für die eigentliche Restaurierung der Porta Nigra laufen bereits. Auf einer Arbeitsbühne macht Walter Hartleitner sich so ein Bild von den Schäden. Erfahrung mit schwarzen Steinen hat er dabei jede Menge, denn ähnliche Schäden hatte auch der Bamberger Dom aufzuweisen. Die „visuelle Begutachtung“ steht am Anfang einer jeden Restaurierung. Darüber hinaus hat er Fachliteratur über das Bauwerk studiert. Allein durch genaues Hinschauen kann man viele Informationen erhalten, sagt Walter Hartleitner. Repräsentative Bereiche der Schäden an dem römischen Bauwerk hat er sich bereits angeschaut. Zurzeit sind dort die Vermesser am Werk. Sie erstellen detaillierte Pläne. In die trägt Hartleitner dann die Schäden genau ein. Aus dieser Kartierung heraus entsteht das eigentliche Projekt-Paket, aus dem hervorgeht, was an der Porta Nigra zu tun sein wird. Hinzu kommen Analysen von Gesteinsproben, die Eigenschaften der Steine müssen festgestellt werden, damit die Reparaturen später halten und zum Bestand passen.

Bis zu diesem Zeitpunkt hat noch kein Stein der Porta Nigra sein Aussehen verändert. Walter Hartleitner hat dann bereits Leistungsverzeichnisse für die Arbeiten ausgearbeitet und die Kosten ermittelt, denn „die müssen passen, sonst gibt es Ärger“. Seine Arbeit ist damit noch lang nicht zu Ende.

Hell wird das schwarze Tor nicht

Die eigentliche Restaurierung beginnt erst. Walter Hartleitner ist für Bauleitung und Qualitätssicherung zuständig. Eines allerdings ist jetzt schon klar, sagt der Chefrestaurator schmunzelnd: So hell wie sie einmal war, oder gar weiß, wird die Porta Nigra wohl nicht werden. Aber sie hat auf jeden Fall beinahe zwei Jahrtausende überstanden. Anders als das Rügheimer Wasserschloss. Das hat die vergangenen Jahrhunderte nicht überlebt. Für einen Restaurator gibt es da keine Arbeit mehr. Könnte man meinen. Das Schloss hat beim Wahl-Rügheimer Walter Hartleitner längst Interesse geweckt. Die alten Türgewände in seinem sandsteinernen Backhaus, „die könnten noch aus dem Schloss stammen“. Literatur über das ehemalige Schloss hat sich der 48-Jährige bereits besorgt. Vielleicht, wenn die Porta Nigra ihren dunklen Mantel verloren hat, lichtet sich auch das Dunkel von Rügheims ehemaligem Schloss.

Die Porta Nigra

Das ehemalige römische Stadttor Porta Nigra (lateinisch: „Schwarzes Tor“) ist das Wahrzeichen der Stadt Trier in Rheinland-Pfalz. Erbaut wurde es um das Jahr 180 n. Chr. als nördlicher Zugang zur Stadt. Im 11. Jahrhundert wurde es zu einer Kirche umgebaut. Dank der Umnutzung konnte das Tor die Jahrhunderte überdauern.

Seit dem Jahr 1986 ist die Porta Nigra Teil des UNESCO-Weltkulturerbes. Das Tor gilt als das am besten erhaltene römische Stadttor in ganz Deutschland. Rund 1,2 Millionen Euro hat das Land Rheinland-Pfalz als Eigentümerin der Porta Nigra zur Verfügung gestellt für die vorbereitenden Arbeiten sowie die Planung der Sanierung. Text: dix

 
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