Schon vor seinem Erscheinen sorgt das Buch der Australierin Virginia Peters auch in Unterfranken für Aufregung. Darin schreibt sie über den seit neun Jahren ungeklärten Tod von Simone Strobel – ein Fall, in dem der Freund der Erstickten unter Verdacht steht, aber seine Unschuld beteuert. Seine Drohung, per Anwalt gegen das Buch vorzugehen, ist wohl beste Werbung für dessen Verkauf.
Den Titel ziert das Fahndungsplakat der zunächst vermissten Kindergärtnerin aus Rieden (Lkr. Würzburg) mit der verzweifelten Frage: „Haben Sie Simone gesehen?“ Virginia Peters erlebte 2005 in der Nähe des Tatortes in Lismore den Beginn des Falls hautnah. Sie sah Zeitungsfotos, die Simones Freund Tobias beim Verlassen einer Polizeiwache zeigten. Schließlich fand man Simones Leiche, versteckt unter vom Baum gerissenen Palmzweigen. Da bringt das Buch eine Neuigkeit: Mit verbesserten Methoden konnte die Polizei inzwischen die DNA-Spuren eines Menschen sichern, der die Zweige in die Hände nahm, um die Leiche zu verdecken.
Der Verdacht gegen Simones Mitreisende, ihren Freund und seine Schwester, erhärtete sich. Allerdings erlaubt der momentane Stand der Wissenschaft noch keine völlig eindeutige Zuordnung. Die Ermittler hoffen auf weitere Fortschritte.
Der Fundort der Leiche, ein umzäunter Sportclub, lag nur 90 Meter vom Campingplatz entfernt. Von dort aus soll Simone (ohne Schuhe, Geld oder Ausweis) nach einem Streit mit Tobias in die Nacht verschwunden sein. Doch die Sohlen der Leiche waren sauber: War sie in Wahrheit tot zum Versteck getragen worden?
Virginia Peters beschloss, Simones Geschichte zu schreiben – erst recht, als der Würzburger Oberstaatsanwalt Bardo Backert erklärte, dass Tobias, dessen Schwester und ein mitgereister Freund verdächtig seien. Sie hätten den Streit mit Simone verschwiegen und falsche Angaben gemacht.
Die Autorin recherchierte sieben Jahre lang, zwei Jahre schrieb sie an dem Buch, wie sie jetzt auf Anfrage dieser Zeitung sagte. Sie hat viele Fakten aus den Untersuchungen zusammengetragen: Den Bericht des Profilers, Einschätzungen der Ermittler, Tagebuch-Eintragungen, die einen wachsenden Streit zwischen Tobias und Simone während der Australien-Rundreise bezeugten.
Ihr Werk bietet eine Fülle von Einblicken, die sie auch ihrer einfühlsamen Art verdankt, auf Menschen zuzugehen. Peters besuchte Simones Eltern, zeigte ihnen Dokumente der Anhörung der Justiz in Australien von 2007 (bei der Tobias sich weigerte zu erscheinen). Der trauernde Vater fragte Peters: „Wie ist meine Tochter gestorben?“ Sie zeigte ihm das Ergebnis der Untersuchung: wahrscheinlich erstickt, mit Kissen oder Tüte.
Das alles zwang Simones Eltern, die Tobias lange in Schutz genommen hatten, den Fall aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten: Seitdem sind sie überzeugt davon, dass Tobias weiß, was in jener Nacht Mitte Februar 2005 mit Simone geschah. Sein mageres „Ich war es nicht“ sei als Erklärung zu wenig, sagt Simones Vater Gustl Strobel im Buch.
Peters brachte auch Tobias – der Ermittlern und dieser Zeitung jede Erklärung verweigerte – zu einem mehrstündigen Interview, das die Autorin aber letztlich nicht weiterbrachte. „Ich will die Wahrheit von ihm wissen“, fordert Simones Mutter Gabi am Ende eines bedrückenden Gesprächs mit Virginia Peters. Danach sucht auch die Kripo hartnäckig weiter – neun Jahre nach Simones Tod.
Zum Buch werde sich Tobias dieser Zeitung gegenüber nicht äußern, sagte jetzt auf Anfrage sein Würzburger Anwalt Peter Auffermann. Nur so viel: „Mein Mandant ist unschuldig.“
Man darf niemanden vorverurteilen. Der Beschuldigte tut mit seinem vermeintlich undurchsichtigem Verhalten etwas dafür, Spekulationen gegen seine Person zu befeuern.