
Würzburg bekommt einen neuen Stadtteil: Dort, wo bis 2008 die amerikanische Garnison zu Hause war, werden 135 Hektar Fläche zu einem modernen Wohn- und Wissenschaftsquartier aus- und umgebaut. Wie geschichtsträchtig dieser Ort ist, beschreibt der Würzburger Journalist und Historiker Roland Flade in seinem Buch „Würzburgs neuer Stadtteil Hubland“, das Ende Februar erscheint.
Begegnet man Flade auf dem Hubland, trifft man einen mitreißenden Geschichte(n)-Erzähler. Der 62-Jährige hat die Historie des Geländes recherchiert und aufgeschrieben. Er durchstöberte Archive, wertete Bücher und Broschüren aus – und vor allem gelang es ihm, Menschen zum Erzählen zu bewegen. Amerikaner, die zu Zeiten des Kalten Krieges ihre Jugend in den Leighton Barracks verbrachten. Zeitzeugen, die Erinnerungen an die Zeit vor 1945 hatten, als der Fliegerhorst auf dem Hubland ein wichtiges Standbein des nationalsozialistischen Rüstungsprogramms war. Einige öffneten ihre Fotoalben. Viele bislang unveröffentlichte Bilder zieren das Buch, sei es von den Flugpionieren zu Beginn des 20. Jahrhunderts, dem im Ersten Weltkrieg eingerichteten Kriegsgefangenenlager oder einer von den Würzburgern gefeierten Zeppelin-Landung anno 1939.
Die Geschichte des Hublands – der Name geht auf eine alte Flurbezeichnung zurück – beginnt im 18. Jahrhundert, als der „Kartoffelprofessor“ Philipp Adam Ulrich seinem Fürstbischof vor den Toren der Stadt den Anbau von Kartoffeln näherbringen möchte. Später steht dort der Würzburger Galgen. Das Königreich Bayern nutzt das Areal im 19. Jahrhundert als Schieß- und Exerzierplatz – und damit erstmals militärisch.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts unternehmen luftfahrtbegeisterte Männer auf der Höhe erste Flugversuche, schaulustige Würzburger pilgern in Scharen hinterher. 1924 öffnet die Fliegerschule – und mit ihr der „unterfränkische Flughafen“. Würzburg wird zum Zentrum der Fliegerei. Sport- und Kunstflieger drehen am Himmel über dem Hubland ihre Runden, die Auflagen des Versailler Vertrags verhindern mehr – zumindest nach außen. 1935 dann fällt unter den Nazis die Tarnung – das Hubland wird Teil der Luftwaffe. Die Aufrüstung für den Weltkrieg schreitet voran.
Adolf Hitler landet bereits am 6. April 1932 auf einer Wahlkampftour mit einer dreimotorigen Maschine der Lufthansa, deren Geschichte eng mit dem Aufstieg der NSDAP in Verbindung steht, am Hubland. Eine kaum bekannte Episode, die Flade bei den Recherchen aufspürte – nebst dem noch nie veröffentlichten Foto, das den späteren Reichskanzler bei der Begrüßung durch Robert Ritter von Greim, den Direktor der Fliegerschule, zeigt.
Greims und Hitlers Wege kreuzen sich immer wieder. Nach seiner Würzburger Tätigkeit wird er unter anderem Inspekteur der deutschen Jagdflieger und Kommandeur diverser Luftdivisionen. Am 26. April 1945 schließlich fliegt die Pilotin Hanna Reitsch ihren Kollegen Greim ins bereits von der Roten Armee eingeschlossene Berlin. Im Führerbunker ernennt ihn Hitler kurz vor seinem Selbstmord zum Nachfolger von Hermann Göring als Oberbefehlshaber der Luftwaffe. Vier Wochen später nehmen die Amerikaner Greim fest. Weil er befürchtet, an die Sowjetunion ausgeliefert zu werden, setzt der gebürtige Bayreuther seinem Leben ein Ende – mit einer Giftkapsel, die ihm Hitler im Führerbunker überreicht haben soll.
„Beeindruckend, wie sich am Beispiel Hubland die Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts nachverfolgen lässt“, sagt Roland Flade. Der Redakteur dieser Zeitung und Träger der Bayerischen Verfassungsmedaille ist bekannt als Autor von Büchern unter anderem über die Geschichte der mainfränkischen Juden und die Würzburger Stadthistorie. Und da gehören in der Nachkriegszeit die zeitweise bis zu 10 000 US-Soldaten und ihre Angehörigen auf dem Hubland dazu. Die Leighton Barracks beherbergen Europas größtes US-Einkaufszentrum, jede Menge Sport- und Freizeiteinrichtungen, ein Theater und ein Studio des Soldatensenders AFN. Die Würzburger High School besuchen Schüler auch aus den Garnisonen Schweinfurt, Bad Kissingen und Wildflecken.
Via Facebook auf Flade und seine Leighton-Recherchen aufmerksam geworden, laden amerikanische Würzburg-Veteranen den Historiker 2013 zu einem Ehemaligen-Treffen nach San Antonio in Texas ein. Mehrere Dutzend Amerikaner schwelgen in Erinnerungen an ihre tolle Zeit in der „wunderschönen Stadt“ am Main. Roland Flade hält einen Vortrag zur Geschichte des Hublands – und zeigt erste Videos von der Entwicklung eines neuen Stadtteils.
Das Buch: Roland Flade: „Würzburgs neuer Stadtteil Hubland. Seine Geschichte vom 18. bis zum 21. Jahrhundert“ (Schriften des Stadtarchivs Würzburg, Heft 20, Verlag Ferdinand Schöningh, Würzburg), 223 Seiten, 100 Abbildungen, 19,90 Euro. Die Videos: www.youtube.com/rolandflade
dass er dann hinunter fuhr, um in der "Frankenhalle" Reden zu schwingen ?!
Genau in jene stinkige, wurmstichige (Vieh-)Halle, die man heute als Musentempel herrichten will.
Flade schreibt seit einiger Zeit über die Geschichte des Hublandes und dazu gehört selbstverständlich auch der Flugplatz. Wenn auf diesem Flugplatz Prominenz gelandet ist - und dazu gehört der GröFaZ nunmal, dann ist auch dieser Umstand Teil der Geschichte. Übrigens eine Begebenheit, von der ich z. B. bislang noch nicht wusste und die ich schon interessant finde. Wenn Sie das für überflüssig halten, brauchen Sie den Artikel ja nicht lesen. Mich interessieren solche Themen jedenfalls weitaus mehr, als eine Vereinsfeier oder wer wo welches Band zur Einweihung einer Umgehungsstrasse durchgeschnitten hat.
Und wer meint, daß man alles, was mit der unseligen Vergangenheit Deutschlands im Dritten Reich zu tun hat, bitte nicht mehr erwähnen soll, weil lästig, schafft nur Platz für rechte Schreihälse und verhält sich scheinheilg.
Statt durch solche Artikel Würzburgern den Eindruck zu geben, dass sie für aktuelle VIPs oder in der Vergangenheit für größenwahnsinnige Rassisten ein leider abzuhakender Pflichttermin gewesen sind, wäre es sinnvoller, seine Zeit für die Leute aufzuwenden, die Tag für Tag in Würzburg versuchen, etwas auf die Beine zu stellen.
Wo war Hitler denn damals für die NSDAP nicht gewesen, um Wahlkampf zu betreiben? Es wäre meiner Ansicht nach sogar interessanter, das herauszufinden, als ihn in einem derart langen Artikel so in den Vordergrund zu stellen. Ich finde nicht, dass die Vergangenheit unserer Stadt aus einer Kette solcher "historischer Sensationen" besteht und wenn, dann entsteht meiner Ansicht nach so ein trauriger, falscher Eindruck.