Eine ungewöhnliche schwarz-grüne Allianz im Bundestag fordert die eingeschränkte Legalisierung von Cannabis. Die wirtschaftspolitischen Sprecher der Union und der Grünen im Bundestag, Joachim Pfeiffer (CDU) und Dieter Janecek (Grüne), haben sich dafür ausgesprochen.
In einer gemeinsamen Stellungnahme bezweifeln die Abgeordneten, dass eine Kriminalisierung von Besitz und Erwerb von Cannabisprodukten weiterhin sinnvoll sei. „Zwischen ein und zwei Milliarden Euro geben wir in der Folge pro Jahr für die Strafverfolgung von Konsumenten aus, obwohl doch der eigentliche kriminelle Sektor im Zentrum unserer Anstrengungen stehen sollte“, heißt es in dem Papier.
Ein staatlich regulierter Markt für Cannabis brächte aus Sicht der beiden Politiker Steuereinnahmen von bis zu zwei Milliarden Euro pro Jahr. Das zeigten Beispiele erfolgreicher Liberalisierungen und Regulierungen in anderen Staaten.
Den Jugendschutz wollen die Abgeordneten dennoch nicht außer Acht lassen: „Anstatt jungen Erwachsenen zu signalisieren, dass sie Kriminelle sind, sollten wir lieber im Rahmen einer vor allem finanziell deutlich besser aufgestellten Präventionsarbeit in einen fruchtbaren Dialog mit potenziellen und tatsächlichen Konsumenten treten“, schreiben Pfeiffer und Janecek.
Parallel zum Vorstoß im Bundestag findet am Samstag, 16. Mai, der zweite „Global Marihuana March“ in Würzburg statt. Er steht unter dem Motto „Colorado, Amsterdam, wann ist endlich Würzburg dran?“. Treffpunkt ist der Bahnhofsvorplatz, der Marsch durch die Innenstadt beginnt um 15 Uhr. „Wie auch 2014 wollen wir gemeinsam für eine Legalisierung und Entkriminalisierung der Pflanze Hanf demonstrieren“, schreibt Jürgen Neuwirth aus Frammersbach im Spessart, Mitglied der Piratenpartei und des Kreistages Main-Spessart, der die Kundgebung „für den deutschen Hanfverband“ organisiert.
Die solle „auf die vielfältige Verwendung (von Cannabis) hinweisen“, so Neuwirth, „die sich nicht nur auf Genussmittel, sondern auch als Nutzpflanze oder medizinisches Heilmittel erstreckt.“ Millionen Nutzer in Deutschland würden für den Cannabiskonsum kriminalisiert, während sich Dealer die Hände rieben. Die Prohibitionspolitik der letzten Jahrzehnte sei gescheitert, das hätten „führende Experten aus Justiz und Wissenschaft erkannt“.
Beim „Marihuana March“ wird die Bundessprecherin der Jungen Piraten Janina Weiß erwartet, reden wollen Felix Fleckenstein (Jusos Unterfranken), Franziska Mack (Grüne Jugend Bayern) und Günther Weiglein. Der Würzburger leidet seit einem Motorradunfall an Schmerzen, die sich mit Cannabis gut und ohne große Nebenwirkungen dämpfen lassen. Weiglein gehört zu den rund 60 Deutschen, die Cannabis mit staatlicher Genehmigung konsumieren dürfen. Doch das „Gras“ aus der Apotheke ist so teuer, dass es seine Mittel übersteigt. Deshalb will er das Rauschgift, das in seinem Fall Schmerzmittel ist, in seiner Wohnung anbauen.
Mitte 2014 hatte ihm das Verwaltungsgericht Köln ihm genau das erlaubt. Doch die Bundesopiumstelle blieb hart und ging in Berufung. Das löste die Online-Petition „Cannabis als Medizin“ aus, die nach Angaben der Organisatoren 33 342 Bürger unterschrieben.
Ferner haben sich 106 Jura-Professoren aus Deutschland an den Bundestag gewandt, um „die repressive Drogenpolitik in Sachen Cannabis“ zu beenden. Einer der Wortführer ist der Würzburger Strafrechtler Eric Hilgendorf. Der Professor kann sich auch hierzulande einen kontrollierten Verkauf von Marihuana und Haschisch in Coffeeshops wie in den Niederlanden vorstellen.
Hilgendorf ist einer der Referenten der Vortragsveranstaltung „Cannabis – eine andauernde Kontroverse“ am Mittwoch,17. Juni, in der Neubaukirche in Würzburg. Veranstalter ist der Arbeitskreis Sucht der Julius-Maximilians-Universität in Kooperation mit der Bayerischen Akademie für Sucht- und Gesundheitsfragen.
Mit Unterstützung des bayerischen Justizministers brauchen die Befürworter einer liberaleren Drogenpolitik nicht zu rechnen. Auf Anfrage dieser Zeitung sagte Winfried Bausback (CSU) im vergangenen Jahr: „Eine Legalisierung kommt für mich nicht in Frage. Der Rechtsstaat muss hier ein klares Signal senden: Cannabis ist keine harmlose Spaßdroge. Es schädigt die Gesundheit der Konsumenten und ist häufig genug eben nur der Einstieg in den späteren Konsum härterer Drogen wie zum Beispiel Heroin.“
Wenn vom Kiffen die Rede ist, machen Wörter wie Cannabis, Marihuana, Haschisch oder Hanf die Runde. Cannabis ist der lateinische Begriff für die Hanfpflanze. Für den Konsum „eignet“ sich in erster Linie die weibliche Pflanze, weil diese ausreichend von dem berauschenden Wirkstoff THC (Tetrahydrocannabinol) beinhaltet. Marihuana hingegen wird aus der getrockneten Blüte oder den Blättern der Cannabis-Pflanze hergestellt. Haschisch wiederum ist das Harz der Blätter der weiblichen Hanfpflanze, das in Form von Klumpen einen höheren Wirkstoffgehalt hat als Marihuana.
Schon lange wird um die Gefährlichkeit von Cannabis gestritten: Es gibt Studien, wonach Alkohol eine gefährlichere Droge für Erwachsene ist als Cannabis. Außerdem hält die Tatsache, dass der Verkauf von Cannabis in Deutschland verboten ist, die Konsumenten nicht ab: Schätzungen zufolge kiffen 2,3 Millionen Deutsche, 22 Prozent der Jugendlichen im Alter von 15 bis 16 Jahren haben den Stoff schon einmal probiert.
Das Betäubungsmittelgesetz verbietet den Cannabis-Wirkstoff THC. Anbau, Herstellung, Abgabe, Erwerb und Besitz sind strafbar, sofern keine Genehmigung des Bundesinstituts für Arzneimittel zu Heilzwecken vorliegt. Patienten bekommen in diesem Fall aber keine Pflanze, sondern den Wirkstoff in Tablettenform. Seit 2011 können Ärzte Medizin, die auf Basis von Cannabis hergestellt wird, verschreiben. Aber selbst die Pharmaindustrie muss das Rauschmittel aus dem Ausland importieren.
Lediglich der Konsum von Cannabis ist nicht verboten. „Straffreie Selbstschädigung“ heißt die „Erlaubnis“ im juristischen Sinne. Wer also etwas geraucht hat, muss mit keinen rechtlichen Konsequenzen rechnen, solange er beispielsweise nicht im Straßenverkehr teilnimmt.
Doch der Anbau und der Besitz oder die Weitergabe von Rauschmitteln ist eine Straftat. Wer dagegen verstößt, muss mit einer Geldstrafe oder Haftstrafen bis zu fünf Jahren rechnen. Wer erwischt wird, darf auf einen gnädigen Richter hoffen, der bei geringen Mengen für den Eigenbedarf das Auge zudrückt. Wo die Mengengrenze liegt, divergiert von Bundesland zu Bundesland. In Bayern liegt die Grenze bei sechs Gramm.