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FRANKFURT/WÜRZBURG
Ärzte fordern Suizidbegleitung
Redaktion
 |  aktualisiert: 11.12.2019 14:51 Uhr
„Es ist nicht nur ethisch vertretbar, sondern hilfreich und human, einen schwerst leidenden Patienten nicht im Stich zu lassen, der sich wohlinformiert zum Suizid entschlossen hat.“ Mit diesen Worten beginnt der offene Brief, den Mediziner in der „Ärztezeitung“ veröffentlich haben. 180 Ärzte aus ganz Deutschland haben ihn unterschrieben; 180 von insgesamt rund 450 000 Medizinern, die der Deutsche Ärztetag vertritt.

Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, wies dieses Schreiben als „PR-Gag“ zurück. Auch die darin formulierte Kritik an seinem „autokratischen“ Führungsstil hält er für unangebracht. „Das Parlament der Ärzte hat 2011 mit einer Dreiviertelmehrheit beschlossen, dass der ärztlich assistierte Suizid nicht Aufgabe des Arztes ist.“ Dass Suizidbeihilfe keine ärztliche Leistung ist, dieser Meinung ist auch Armin Schmidtke, Vorsitzender des Nationalen Suizidpräventionsprogramms für Deutschland. Der Seniorprofessor der Psychiatrischen Klinik der Universität Würzburg fordert den Ausbau der Palliativmedizin. „Dann hätten wir die ganze Diskussion nicht.“

Ganz so klar ist die Situation jedoch nicht. „Hinter vorgehaltener Hand wurde immer wieder über das Thema gesprochen. Es nun so offen anzusprechen, ist ein Tabubruch, und es ist eine neue Dynamik in den Prozess gekommen“, so Heribert Joha, stellvertretender Leiter der Palliativstationen des Würzburger Juliusspitals. Dieser Brief sei ein weiteres machtvolles Zeichen, dass die Politik hier in die falsche Richtung laufe, sagt auch ein Sprecher des Vereins Sterbehilfe Deutschland.

Das Thema Sterbebegleitung ist wenige Tage, nachdem das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf zur besseren Versorgung von Sterbenskranken in Deutschland verabschiedet hat, wieder in die Öffentlichkeit gerückt. „Wir müssen die Möglichkeiten der Hospizbegleitung, also die ganzheitliche Zuwendung, mit den Möglichkeiten der Medizin, was die spezialisierte Pflege anbelangt, den Menschen in ihrer letzten Lebensphase noch mehr zugänglich machen“, forderte Alois Glück, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, im Gespräch mit dieser Redaktion. Auf der ZdK-Vollversammlung vor wenigen Tagen in Würzburg betonte Glück: „Die organisierte Suizidbeihilfe wird ökumenisch einmütig abgelehnt.“

Nach aktueller Rechtslage ist aktive Sterbehilfe in Deutschland strafbar. Die Beihilfe zum Suizid, sprich dem Betroffenen ein Mittel bereitzustellen, dass er selbstständig einnimmt, jedoch nicht. Viele Mediziner fürchten in so einem Fall allerdings eine Anzeige wegen unterlassener Hilfeleistung. Hinzu kommt, dass es den Ärzten in zehn Bundesländern standesrechtlich verboten ist, ihren Patienten beim Suizid zu assistieren. In anderen Bundesländern, wie auch Bayern, gilt diese Regelung nicht.

„Es geht nicht darum, Menschen die Möglichkeit zu geben, ihr Leben einfach auszuknipsen, wenn es keinen Spaß mehr macht. Es geht darum den Leidensweg, den ein Mensch nur noch wenige Wochen weiter gehen könnte, etwas früher zu beenden“, erklärt Joha. Man merkt dem Palliativmediziner an, wie zwiegespalten er bei diesem Thema ist. Sicherlich treffe er immer wieder Menschen, die einen Todeswunsch formulieren. Bei genauerem Hinsehen wird allerdings deutlich, dass sie Angst haben, vor den Schmerzen, vor dem Alleinsein, vor der Isolation. Auch Schmidtke weiß um diese Befürchtungen, die Palliativmedizin habe jedoch genügend Möglichkeiten, Schmerzen zu nehmen und ein würdiges Sterben zu ermöglichen.

Doch dann gibt es da eben auch die anderen. Jene Menschen also, die obwohl sie mit Medikamenten so eingestellt sind, dass sie keine Schmerzen mehr haben, trotzdem nicht mehr leben wollen. Der jüngst beschlossene und auch von der Bundesärztekammer vorangetriebene Ausbau der Palliativmedizin sei daher nicht der alleinige Weg.
Mitarbeit: cj
Montgomery kritisiert die Bundesregierung

Auf dem 118. Ärztetag, der vom 12. bis 15. Mai in Frankfurt am Main stattfindet, steht das Thema Sterbebegleitung nur am Rande auf der Agenda. Am ersten Tag warnte der Präsident der Bundesärztekammer, Ulrich Montgomery, vor einer Überregulierung im deutschen Gesundheitswesen. „Wir kämpfen dagegen, dass die ärztliche Freiberuflichkeit in altbekannter Salamitaktik Scheibe für Scheibe beschnitten wird.“

Einige Punkte des geplanten Versorgungsstärkungsgesetzes seien ein Angriff auf die Freiberuflichkeit. Die Terminvergabe durch zentrale Servicestellen sei „ein rein populistischer Schachzug“, kritisierte er. „Auch hier stirbt wieder ein Stückchen Freiheit, nämlich das Recht auf freie Arztwahl.“ Ähnlich sei es beim geplanten Krankenhausstrukturgesetz.

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) konterte: „Die Selbstverwaltung wird gestärkt, die freie Arztwahl bleibt unangetastet.“ Die geäußerten Kritikpunkte seien nicht die zentralen Punkte des Gesetzes. Das Gesetz ermögliche es, Anreize zu schaffen, damit sich mehr Mediziner in strukturschwachen Gebieten niederlassen. Text: dpa


 
 
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  • Ich würde es sehr begrüßen, wenn angebliche Moral-Macht-Eliten endlich aufhören würden den Menschen vorschreiben zu wollen auf welchem Weg sie zu sterben haben! Insbesondere dann wenn es um schwerkranke, leidende Menschen geht, die den Tod vor Augen haben und ihre letzte Entscheidung selbst treffen wollen!
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  • hans-martin.hoffmann@t-online.de
    und ich hoffe, wir kriegen nicht noch die Zustände, dass man alten/ kranken Leuten den Ausweg "begleiteten Suizid" nahelegt, damit sie nur ja die Gesellschaft nicht zuviel kosten...

    Soylent Green lässt grüßen! traurig
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  • st.bb@t-online.de
    wenn Sie meinen, dass dieses Thema nur alte kranke Menschen betrifft. Es gibt in Deutschland tausende auch junge Menschen, die medizinisch nicht mehr heilbar sind und unsäglich leiden; viele dieser Menschen können den Tag nur mit stärksten Schmerzmitteln überstehen. Dass diese Menschen den Wunsch haben "erlöst" zu werden, können Sie und ich nicht nachvollziehen. Unsere Gesetze lassen aber keinen Spielraum für diese Entscheidung, vielmehr müssen sie "legal" krepieren. Es geht nicht darum die Rentenkassen zu entlasten, es geht darum, Menschen einen würdevollen Tod zu ermöglichen. Ich habe auch keine Patentlösung in diesem Thema, aber es ist längst überfällig, dass sich unsere Gesetze und die Gesellschaft damit beschäftigen.
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  • naich
    mit Geld sparen zu tun? Oder mit “alten“ Menschen? Danken sie wem auch immer dafür, das sie z.B. noch keinem jungen Krebspatienten beim dahin vegetieren zusehen mussten, oder einen kannten, obwohl es keine Hoffnung gab und das erlöst werden der einzige Wunsch war. Ein Wunsch der in D nicht erfüllt wird...
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  • DonJuan
    ...schon jemals auf einer onkologischen Station gearbeitet? Schon jemals einen Menschen vor Schmerzen schreien gehört weil auch Morphium nicht mehr hilft?? Schon jemals einen Menschen gesehen der jahrelang Stück für Stück durch falsche Lagerung offene Fersen, Rücken etc. hat und mehr oder minder "verfault" Sie reden wie der Blinde von der Farbe.
    Ich hoffe für Sie, dass Sie niemals in eine solche Situation kommen, in der Sie nur noch Erlösung wollen!
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  • hans-martin.hoffmann@t-online.de
    ich bleibe bei meiner Ansicht, dass jeder Mensch das selbst entscheiden können soll ("müssen muss man gar nichts") - und zwar ohne "moralischen Druck". Merken Sie wirklich nicht, dass hier unter dem Deckmäntelchen der "Nächstenliebe" Tür und Tor geöffnet werden könnte, um "lebensunwertes Leben" geräusch(- und straf)los beenden zu können?!

    Es ist ja wohl ein "kleiner" Unterschied, ob jemand unter schwersten Schmerzen leidet oder "nur" für den notwendigen Pflegeaufwand niemand (erfolgreich) zur Kasse gebeten werden kann. Oder?!

    Ich halte auch überhaupt nichts davon, das in eine Rechtsnorm fassen zu wollen und plädiere dafür, in jedem Einzelfall Menschlichkeit walten zu lassen.
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  • naich
    Bürgerentscheid ! Denn das geht alle Menschen in Deutschland an. Es kann nicht sein, das wir nicht einmal das Recht haben zu entscheiden, ob und wie wir für Sterbehilfe in D sind. Mittlerweile gehen manche ins Ausland zum sterben oder bringen auf Wunsch lieber ihre kranken Partner um, um sie zu erlösen .... und werden dafür dann auch noch bestraft.
    Tiere darf man erlösen, Menschen müssen verrecken... unglaublich.
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