
Mit einer Patenschaftsurkunde hatte alles angefangen: Im Jahr 2005 feierten die 7300 Reservisten der Bezirksgruppe Unterfranken 20 Jahre Partnerschaft mit den französischen Kameraden des Departement Normandie. Gleichzeitig schlossen sie eine weitere Partnerschaft mit den ungarischen Reservisten des Komitats Herves in Ostungarn. Das war der Beginn der Hilfstransporte von Hammelburg nach Ungarn. Jetzt startete der 14. Transport mit zwölf Tonnen Hilfsgütern an Bord.
Bereits bei den ersten Besuchen in der Bezirkshauptstadt Eger, 130 Kilometer östlich von Budapest, wurde den Kameraden aus Unterfranken klar, dass sie aus „dem Goldenen Westen“ kamen. Ihre ungarischen Partner machten ihnen die prekäre Lage der öffentlichen Einrichtungen, besonders im Schul- und Sozialwesen, aber auch die Situation der vielen kinderreichen Familien vor dem Hintergrund hoher Arbeitslosigkeit deutlich.
Den Altersheimen, Kliniken und Gemeinden fehlt es wegen des defizitären Staatshaushalts an Mitteln zur Modernisierung ihrer Ausstattung. Viele Familien haben kein Geld für Bekleidung.
Bezirksvorsitzender Kurt Berger startete deshalb sofort einen Spendenaufruf zum Sammeln von Bekleidung und Spielsachen, der alle Erwartungen übertraf. Über drei Tonnen kamen zusammen. Zur Zwischenlagerung wurde im Bad Kissinger Schlachthof ein Sammellager eingerichtet. Eine Spedition der Region erklärte sich bereit, den Transport der Hilfsgüter zu übernehmen.
Bald darauf trafen die ersten Bedarfslisten der Heime, Kliniken und Schulen beim Vorstand ein: vor allem wurde um Pflegebetten, Bettwäsche, Rollstühle und medizinisches Gerät aller Art gebeten. Hier wusste der Hammelburger Ulrich Feldmann Rat. Dank seiner guten Beziehungen zu Krankenhäusern, Reha-Kliniken, Heimen und Sanitätshäusern der Region konnten die Reservisten regelmäßig ausgesondertes Gerät übernehmen, so dass seit 2007 jährlich zwei bis drei Transporte mit jeweils über zehn Tonnen nach Eger geschickt werden konnten.
Selbst Wünsche nach spezieller medizinischer Ausstattung konnten erfüllt werden. So gelang es mehrfach, chirurgisches Instrumentarium vom Bundesverteidigungsministerium im Rahmen der „Akuten Nothilfe“ zu bekommen.
Das Langzeitprojekt der Reservisten erregte immer mehr Aufmerksamkeit in Ungarn. Regelmäßig berichtete dort das Regional-Fernsehen vom Eintreffen der Transporte. Ganze Schulklassen halfen beim Abladen der Lastwagen.
Dass die humanitäre Hilfe aus Unterfranken wirklich die bedürftigsten Menschen erreicht, dafür sorgt das gemeinsame Hilfskomitee in Zusammenarbeit mit den regionalen Sozialämtern. In Ungarn ist man dankbar für die Hilfe aus dem Westen. So wurde das fünfjährige Bestehen der Reservisten-Partnerschaft mit einem Empfang im Rathaus und einer Parade durch die Stadt begangen. Der deutsche Militärattaché lud die unterfränkischen Delegationen mehrfach zum Empfang in die Budapester Botschaft ein.
Inzwischen hat der ungarische Verteidigungsminister die Leistungen mehrerer Akteure des Projekts durch die persönliche Verleihung von Orden gewürdigt. Der Wert der bis jetzt gelieferten Hilfsgüter hat nach Schätzung der ungarischen Empfänger die Marke von 500 000 Euro überschritten. Inzwischen hat das Hilfsprojekt der Reservisten ein solches Ausmaß angenommen, dass ein größeres Sammellager gesucht werden musste. Dank des Einsatzes von Bezirksorganisationsleiter Dieter Beyfuß und der Fürsprache von Michael Brendler, dem Anästhesie-Arzt und Leiter des Ärztlichen Notdienstes am Hammelburger Krankenhaus, dürfen die Reservisten jetzt nicht mehr genutzte Räume am Hammelburger Krankenhaus als zentrales Lager für ihre Hilfsgüter nutzen.
Jetzt können die in den Kreisgeschäftsstellen der Bezirksgruppe einlaufenden Hilfsgüter und vor allem die schweren Geräte geordnet eingelagert und für den nächsten Transport vorbereitet werden. Die Organisation des Lagers und der Beladung liegt in den Händen der Reservistenkameradschaft Bad Neustadt mit ihrem Vorsitzenden Otto Jahrsdörfer. Er wird unterstützt von Lagerleiter Leander Rüfer, dem Vorsitzenden der Reservistenkameradschaft Hammelburg und seinen Männern.
Unterstützung erhalten die Reservisten seit Jahren auch von den Frauen und Männern des Kissinger Integrations-Projekts KIP, die bereits zum zehnten Mal tatkräftig beim Beladen der Transporte mitgeholfen haben.
Nachdem gerade ein Transport mit zwölf Tonnen Hilfsgütern das Hammelburger Lager verlassen hat, ist der nächste sogenannte Nikolaus-Transport bereits in Planung. Hier werden Bekleidung und Spielsachen gesammelt und im Rahmen eines Besuchs einer Delegation Anfang Dezember an bedürftige kinderreiche Familien verteilt.
Information: Wer sich an der Aktion der Reservisten beteiligen möchte, kann Informationen bei der Geschäftsstelle des Reservistenverbands in der Infanterieschule Hammelburg erhalten, Tel. (0 97 32) 31 40.