Das Stegreif-Orchester hat seine ganz eigene Aufführungsart: Statt im Halbkreis sitzend zu spielen, stehen die Musikerinnen und Musiker, laufen teilweise umher. Und das in der Mitte des Saales, um sie herum sind die Gäste, die alles hautnah miterleben, sie könnten sogar durch die Menge laufen. Und alles ganz ohne Dirigenten.
"Mitten im Publikum zu spielen, ist einfach nahbarer, weil die Hierarchiebühne zwischen den Zuschauern und uns nicht da ist", erklärt Anne-Sophie Bereuter, Violinistin und Mitglied des Stegreif-Orchesters. .
Entstehung des Konzeptes
Die Entstehung geht auf deren jetzigen künstlerischen Leiter Juri de Marco zurück. Er spielte als Hornist im Jugendorchester und hatte einen Part mit einem Trompeter. Weil er ihn während des Solos nicht sah, fragte er, ob er für den Blickkontakt aufstehen dürfe. Was der Dirigent verwehrte. "Da dachte er sich, das kann doch nicht sein, dass Menschen miteinander musizieren wollen und sich nicht dabei ansehen können", erzählt Bereuter.
Er habe eine Gruppe Musikerinnen und Musiker zusammengesucht, bei der auch sie dabei war. "Wir wussten am Anfang nicht genau, was wir tun, aber das hat sich dann mit der Zeit entwickelt", blickt die Violinistin zurück.
Rekomposition, Arrangement und Improvisation
Was das Musikalische angeht, beschreiben sie ihre Auftritte in einem Wechsel zwischen Rekomposition, Arrangement und Improvisation. Was das heißt? Es gibt Teile ihres Auftrittes, in denen sie klassische Werke so originalgetreu wie möglich spielen. "Aber es ist auch ein Teil Rekomposition, weil wir zum Beispiel auch eine E-Gitarre und ein Schlagzeug dabeihaben", sagt Bereuter. Arrangements sind Teile, in denen das Stück musikalisch verändert wird. Die Improvisation entsteht dazwischen.
"Es ist nicht so, dass wir die Stücke nicht wunderschön finden, wie sie sind. Wir wollen uns eher fragen, was mit uns passiert, wenn wir sie hören. Und dann überlegen wir, wie wir das weiterentwickeln können. Wir spielen immer dieselben Stücke, aber lassen uns auf der Bühne auch ein bisschen treiben."
Großer Unterschied zu klassischen Settings
Bereuters Erfahrung: "Ich habe schon in vielen klassischen Settings gespielt, aber hier ist es ein großer Unterschied. Dadurch, dass wir keine Notenständer haben, immer im Stehen spielen und viel am Kontakt mit den Zuschauerinnen und Zuschauern und der Bühnenpräsenz arbeiten, ist das ein ganz anderes Erlebnis. Wenn ich das mit einem Wort beschreiben sollte, würde ich es als nahbarer beschreiben. Oder verletzlicher, aber auf eine schöne Art."
Zwei erste Male in Bad Kissingen
In Bad Kissingen war das Orchester noch nie. "Das wird dann in Bad Kissingen eine doppelte Premiere für uns: Wir sind zum ersten Mal da und wir werden unser neues Programm ,be change' (Sei der Wandel) aufführen."
Es wird eine Rekomposition, Klangperformance und Improvisation auf der Grundlage von Auszügen aus Hildegard von Bingens Singspiel "Ordo Virtutum" und Gustav Mahlers Sinfonie Nummer 1 D-Dur geben.
Auch für junge Leute und Nicht-Klassik-Fans
Auch junge Menschen dürften sich zum Konzert trauen. Es sei ihr Ziel, alle Menschen und Zielgruppen an die Musik heranzuführen. "Und, dass die Leute keine Hemmungen haben, kein Vorwissen brauchen, um unsere Musik zu genießen." So hat die Gruppe beispielsweise bereits auf dem deutschen alternativen Musik- und Kulturfestival Fusion einen Auftritt gehabt.
Das Konzert ist am Freitag, 15. Juli, um 19.30 im Max-Littmann-Saal. Weitere Infos zur Gruppe und zum Auftritt gibt es auf ihrer Website .