Eigentlich war es keine wirkliche Entscheidung des Stadtrates, vielmehr eine Willensbekundung. Ein Zeichen an die staatlichen Fördergeber: Die Therme Sinnflut soll definitiv neu gebaut werden – und zwar als großes Familienbad. Bevor die Entscheidung fiel, wurde erneut heiß diskutiert. Auch der Zeitpunkt des Beschlusses ist umstritten.
Entwürfe am 11. Mai öffentlich vorgestellt
Kurzer Überblick über die Lage: Am 11. Mai stellte das Würzburger Architekturbüro Brückner & Brückner im Stadtrat diverse Entwürfe für die neue Sinnflut vor. Die „große Lösung“ – ein „Bad für alle“ mit Wellnessbecken, Kinderlandschaft, Rutschen und anderen Extras – würde 30,8 Millionen Euro kosten.
Der städtische Anteil läge bei 6,8 Millionen Euro – wenn alle vier anvisierten staatlichen Förderprogramme „liefern“. Im schlechtesten Fall – beim Versagen der Förderung durch den Bund – blieben fast 15 Millionen Euro an der Stadt hängen.
Kleinere Lösung und Unterhaltsdefizit
Manche Räte bevorzugen die „kleinere Lösung“: ein Schul- und Sportschwimmbad. Kosten: 18,7 Millionen Euro. Weil dafür ein Großteil der staatlichen Zuschüsse nicht in Frage käme, müsste die Stadt neun Millionen selbst tragen, mehr als beim „Bad für alle“.
Heiß diskutiert wird auch das Unterhaltsdefizit, das die Sinnflut nach Wiedereröffnung 2026 verursachen wird (die Saunalandschaft bleibt erhalten). Stadtwerke-Geschäftsführer Torsten Zwingmann sprach zuletzt von 1,1 Millionen Euro pro Jahr für die große Lösung und von 1,23 Millionen Euro für die kleinere.
Wer trägt das künftige Defizit der Sinnflut?
Er machte klar, dass die Stadtwerke das Defizit künftig nicht mehr querfinanzieren können; die Einnahmen auf dem Strommarkt sprudeln spärlicher als früher. Auch steht die Frage, wer Träger der Therme sein soll und damit das Defizit ausgleicht – die chronisch klamme Stadt?
Der Bürgerverein sieht Klärungsbedarf zur Sinnflut und hat eine Infoversammlung angeregt. Sie steigt Mittwoch, 25. Oktober, 18 Uhr in der Georgihalle.
Womöglich hatte sich der Verein dort ein Meinungsbild der Anwesenden erhofft, „Volkes Favorit“ bei den vorgestellten Bauentwürfen. Den man bei der turnusmäßigen Stadtratssitzung am 26. Oktober hätte besprechen können. Doch die Sitzung wurde wegen eines wichtigen, im nichtöffentlichen Teil behandelten Punktes vorgezogen auf 19. Oktober.
Zwei Lager im Stadtrat
Bei diesem Treffen zeigten sich im Stadtrat zwei Lager. Man könnte sie „Zweifler und Warner“ sowie „Optimisten und Visionäre“ nennen.
Dirk Stumpe gehört zu ersteren. „Alle wünschen sich die Sinnflut ; aber wir wissen seit fünf Jahren, dass wir es uns nicht leisten können“, so der PWG-Stadtrat.
Kämmerer sieht Finanzierung nicht stemmbar
Er bezog sich auf eine Einschätzung von Kämmerer Markus Popp, der den Neubau der Therme sowie künftige Betriebskosten durch die Stadt nicht finanzierbar sieht. Er warnt, dass die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Bad Brückenaus gefährdet sei.
Die Stadt kämpft damit, dass sie den millionenschweren Neubau der Therme vorfinanzieren muss, staatliche Zuschüsse aber erst im Nachhinein fließen – wenn sie überhaupt komplett gewährt werden. Die Rechnungsprüfungsstelle beim Landratsamt gewährte zuletzt nur drei der gewünschten fünf Millionen Schulden fürs Haushaltsjahr 2023. Auch die Kreditaufnahmen für die Folgejahre sind – zumindest in der Höhe – fraglich. Zu allem Unglück bleibt der Stadt dieses Jahr die Stabilisationshilfe vom Freistaat versagt (wir berichteten).
Stumpe: „Arme Stadt, die am Hungertuch nagt“
„Wir sind eine arme Stadt, die am Hungertuch nagt, planen aber ein 30-Millionen-Projekt“, sagte Stumpe deshalb. Auch Adelheid Zimmermann ( FDP ) prangerte die prekäre Haushaltslage an. Selbst mit Förderung könne die Kommune sich die neue Sinnflut nicht leisten. „Wir wollen keine Stadt sein, die sich künftig jede Ausgabe genehmigen lassen muss.“ Zimmermann fand „unverständlich, dass die Entscheidung vor der Bürgerversammlung fallen muss.“
Andere Stadträte sahen das ganz anders. Franziska Kaul ( CSU ): „Die Fördergeber wollen ein klares Signal, sonst geben sie gar nichts.“ Allen sei doch klar, dass das Großprojekt Sinnflut nur mit allen vier beantragten Förderungen klappe – und dass es mit Einschnitten an anderer Stelle einhergehe. „Wir möchten es für uns und alle Rhönallianz-Gemeinden.“
Florian Wildenauer ( SPD ) ergänzte, dass ohne Beschluss gar nichts vorangeht. Für ihn hat die Bürgerversammlung an Mittwoch reinen Infocharakter.
Gesellschaft für den Verlustausgleich der Sinnflut
Monika Wiesner (CSU) wollte „nicht immer nur das Risiko scheuen. Wir beschließen nur, dass wir weitermachen.“ Fraktionskollege Dieter Seban war auch dafür durchzuziehen. Man habe schon andere millionenschwere Projekte gestemmt, wie die Grundschule.
Sollten alle Fakten auf dem Tisch liegen – sprich alle Förderungen bewilligt sein oder nicht – könne man noch entscheiden, das Projekt zu streichen. Seban schwebt eine Betriebsgesellschaft mit Stadt, Stadtwerken, Allianzkommunen und Landkreis vor, die sich künftige Verluste teilen.
Nur zwei Stadträte stellten sich gegen den Beschluss, den Bau der Sinnflut wie geplant mit vier Fördertöpfen voranzutreiben. Kämmerer Popp glaubt, „dass dieser Beschluss den Fördergebern ausreicht“.
Ein Antrag, vorher zu klären, wer künftig das Defizit übernimmt, fand keine Mehrheit. Es wird aber geprüft, welcher Träger für die Entwicklung Bad Brückenaus am günstigsten ist.
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