zurück
Münnerstadt
Zur rechten Zeit am rechten Ort
Dieter Britz traf in seiner Zeit als Redakteur unter anderem Papst Johannes Paul II. und war bei der Vehaftung von RAF-Terroristen dabei.
Dieter Britz im Erzählafé, das Bild von Papst Johannes Paul II hat er 1980 geschossen. Foto: Thomas Malz       -  Dieter Britz im Erzählafé, das Bild von Papst Johannes Paul II hat er 1980 geschossen. Foto: Thomas Malz
| Dieter Britz im Erzählafé, das Bild von Papst Johannes Paul II hat er 1980 geschossen. Foto: Thomas Malz
Thomas Malz
 |  aktualisiert: 19.08.2022 17:25 Uhr
Diesmal saß er auf einem anderen Stuhl. Schon mehrfach war der freischaffende Journalist als Zuhörer beim Erzählcafé des Juliusspitals, um für die Zeitungen zu berichten, sagte der Leiter des Erählcafés, Eugen Albert, in seiner Begrüßung. Diesmal war es Dieter Britz selbst, der aus seinem Leben berichtetet. Zu Beginn outete er sich als Badener, und verwahrte sich scherzhaft davor, als Schwabe bezeichnet zu werden, was schon einmal vorgekommen war.


Die erste Kamera

Nach zwei Umzügen in seiner frühsten Kindheit wuchs er in Singen am Hohentwiel auf, wo er auch Grundschule und Gymnasium besuchte. In den Sommerferien 1963 arbeitete er vier Wochen in einem Industriebetrieb für 1,82 Mark die Stunde. "Von diesem Geld kaufte ich mir meine erste Kamera, eine gebrauchte Zeiss Contaflex." Ein Jahr später arbeitete er die ganzen Ferien und kaufte sich ein komplettes Fotolabor. Damals war Dieter Britz überall in der Stadt unterwegs, fotografierte und warf die Bilder beim Südkurier ein, der größten Zeitung der Stadt. Und sie wurden gedruckt. "So begann schon damals eine Verbindung, die mein ganzes Leben lang anhielt."

Bald kamen die Aufträge, der erste war eine Hauptversammlung einer Kolping-Frauengruppe. Das weiß er noch ganz genau. Er verdiente um die 100 Mark im Monat und war so der reichste Schüler seiner Klasse.
Bei der Bundeswehr kam er zum ersten Mal nach Bayern. Er fand die Leute nett und das Bier ganz gut. Das Studium finanziere er sich natürlich auch als freier Mitarbeiter. Bald verdiente er 1000 Euro im Monat, mehr als damals ein Redakteur im ersten Berufsjahr bekam.

Der Magisterarbeit folgte ein Volontariat, bei dem er als billiger Redakteur eingesetzt wurde, was eigentlich verboten war. Bei einem seiner Sonntagsdienste erfuhr er von einem Mord, ein Zollbeamter hatte seine ganze Familie und schließlich sich selbst erschossen. Dieter Britz holte sich einen weiteren Volontär zur Hilfe. Die beiden Journalisten machten ihre Sache so gut, dass die sonst sparsame Verlegern Dieter Britz seinen ersten Auslandseinsatz zu "Spiel ohne Grenzen" genehmigte.

In Erinnerung geblieben sind ihm vor allem die zahlreichen Morde und sonstigen Kriminalfälle. "In den sechs Jahren in Singen gab es allein etwa ein halbes Dutzend Morde und dazu mehrere Mordversuche, und an allen war ich beteiligt", scherzte Dieter Britz. Natürlich nicht als Täter oder Opfer, sondern als Journalist. "Der weitaus größte Fall war die Festname de beiden Terroristen Verena Becker und Günter Sonnenberg am Dienstag, 3. Mai. 1977." Nach einer kurzen Flucht kam es zur Schießerei. Ärgerlich für Dieter Britz: Während er noch beim Frühstück saß, schoss ein Kollege von der Konkurrenz die "Bilder seines Lebens", die er für viel Geld verkaufte. Seine eigenen Fotos vom Fluchtfahrzeugs brachten ihn immerhin ein kleines Honoar von der Deutschen Presseagentur (dpa).


Der richtige Tipp von der Polizei

Doch seine Zeit sollte kommen. Günter Sonnenberg war bei der Schießerei in den Kopf getroffen worden, es hatte sich herum gesprochen, dass er mit dem Hubschrauber in eine Spezialklinik geflogen wird. Entsprechend viele Fotografen wateten auf das Geschehen. Schließlich kam das Gerücht auf, der Hubschrauber lande woanders, alle machte sich auf den Weg. "Ein Polizeibeamter, der mich kannte, flüsterte mir zu, ich sollte lieber bleiben." Kaum waren die anderen Weg, landete de Hubschrauber. Dieter Britz schoss Fotos, die er unter andere an die dpa und die Bunte Illustriere erkaufte. Später hat er die Gerichtsverhandlung der beiden Terrorist in Stuttgart-Stammheim verfolgt.

Es gab noch eine ganze Menge spektakulärer Kriminalfälle, darunter der dreifacher Mord eines Mannes, den ein Türsteher nicht in die Disco gelassen hatte. "Das Extrablatt, das der Südkurier wenig später herstellte und in der Stadt verteilte, führte dazu, dass der Täter noch am selben Abend gefasst wurde."

Einmal ist Dieter Britz selbst in die Schusslinie geraten. Ein Kriminalbeamter besuchte mit Frau und Kindern eine andere Kriminalbeamten-Familie. Es kam zum Streit, plötzlich schoss der Gastgeber um sich, verletzte seinen Kollegen schwer, aber alle konnten aus dem Haus fliehen. Als die Polizei und Dieter Britz vor der Tür standen, schoss der Kriminalbeamte durch die Tür. "Wir flüchteten ins Treppenhaus." Dann schoss sich der Mann selbst eine Kugel in den Kopf. Obwohl das alles erst am Abend passierte, stand es am nächsten Tag im Südkurier, weil der einen sehr späten Andruck hatte. Dieter Britz gab zu, dass es ihm Spaße gemacht hat, die Konkurrenz ein wenig zu ärgern.


Ein Mann unter 100 Schwestern

"Genug der Morde." Dieter Britz konnte noch von ganz anderen Begegnungen erzählen, beispielsweise vom Besuch Johannes Paul II im Jahr 1980 in Altötting. Er hatte einen Platz ganz nahe am Altar bekommen, als einziger Mann unter 100 Ordensschwestern. "Es war ein vergnüglicher Nachmittag." Die Schwestern haben ihm bestens mit Kaffee und Kuchen versorgt. Es gelangen ihm dann gute Bilder vom Papst, eins davon haben viele Pfarrer für ihr Pfarrhaus gekauft. "Ich habe natürlich nur den Selbstkostenpreis verlangt."

1988 wurde Dieter Britz Leiter der Lokalredaktion Bad Säckingen, ein Jahr später stellte man einen bösartigen Tumor im Knochen seines linken Beines fest, es musste amputiert werden. Dann wurde er in die Redaktion "Beilagen und Sonderseiten" versetzt, was ihm viele Reisen ermöglichte.

Beim Aufenthalt in einer Reha-Klinik in Insy im Jahr 1990 lernte er Annemarie kennen, der Grund, warum er 2005 mit Sack und Pack nach Münnerstadt zog. Der damalige Bürgermeister Eugen Albert traute das Paar zwei Jahre später.

Sehr aktiv ist Dieter Britz seit seiner Jugend bei der SPD, er hat sich sogar einmal bei einem Wahlkampf für einen Oberbürgermeister gegen Volker und Siegfried Kauder durchgesetzt. Wichtig ist ihm der Rhönklub-Fotokreis, ein erster Platz bei der süddeutschen Fotomeisterschaft zählt zu seinen Erfolgen.
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Münnerstadt
Bilder
Bundeswehr
Deutsche Presseagentur
Eugen Albert
Fotolabors
Grundschule und Gymnasium
Hubschrauber
Johannes Paul
Johannes Paul II.
Journalisten
Kameras und Photoapparate
Kriminalbeamte
Magisterarbeiten
Mordversuche
Polizei
SPD
Siegfried Kauder
Verena Becker
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top