
Traktoren sind das aktuelle Synonym für Aufstände der Bauern. Die kamen im Vortrag von Professor Dr. Rainer Leng aber nur kurz vor. Dass der Geschichtsreferent sich in einem Nebensatz jedoch einen Vergleich erlaubte, war der Ursache und deren Wirkung in der Vergangenheit vor 500 Jahren und der Gegenwart geschuldet.
An dem Angebot des Johann-Philipp-von-Schönborn-Kollegs gut 70 Besucherinnen und Besucher Interesse, was sich dann auch später bei den Nachfragen zeigen sollte. Schulleiter Peter Rottmann zeigte sich sehr erfreut, seinen Studienkollegen aus Würzburger Tagen in der Aula begrüßen zu dürfen.
Prof . Leng revanchierte sich mit der Bemerkung, dass mit dem Vortrag „ Münnerstadt der Zeit voraus sei“, denn zum 500-jährigen Gedenken an den Bauernaufstand von 1525 sind viele Veranstaltungen geplant „und Sie sind die Ersten hier!“
Realteilung führt zur Verarmung
„Der Bauernkrieg von 1525 in Franken – eine Vorschau“, ein komplexes Thema, dem der Referent mit einer Differenzierung zur besseren Einordnung verhalf. Schon der Begriff „Krieg“, heute Standard, kam erst in der Geschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts auf, und das wurde auch deutlich, durch die „Vorschau“ im Thema. So hatte die militärische Katastrophe der Bauern in Würzburg bei der Belagerung des Feste Marienberg eine lange Vorgeschichte in die Mitte des 15. Jahrhunderts hinein.
Bauernaufstände hatten regional einen klaren Hintergrund. In den Gebieten, in denen in der Erbfolge die sog. Realteilung vorherrschte, also die immer weiter fortschreitende Teilung von Gütern und Flächen an die Nachkommen, führte sie zu einer Verarmung des Bauernstandes. Schon damals war soziale Gerechtigkeit ein Thema. Das war im Großraum Franken der Fall.
Prof . Leng skizzierte an einigen Beispielen lokaler Bauernaufstände im heutigen Baden-Württemberg einmal die Zuspitzung auf immer weitere, größere Auseinandersetzungen mit den Landesherren und das Übergreifen nach Franken.
Wobei die Bezeichnung „Bauern“ zu kurz greift, denn es war eine breite gesellschaftliche Schicht von Handwerkern und Tagelöhnern, sie samt ihren Frauen für mehr Rechte, bessere Lebensbedingungen und vor allem mehr persönliche Freiheit eintraten.
Die Menschen damals wollten sich an der Bibel orientieren, was ja auch so gepredigt wurde, aber von der Geistlichkeit und von weltlichen Herrschern nur sehr selten vorgelebt wurde. Die gesamte Gesellschaft befand sich seit dem Beginn der Reformation (1517) im Umbruch, die Erfindung des Buchdrucks machte Forderungen an die Obrigkeit in bisher nicht gekannter Geschwindigkeit bekannt.
Deswegen ist die Situation der damaligen Zeit sehr gut nachvollziehbar, weil sie von Schreibern beider Gegner ausgiebig dokumentiert wurde. Die Literatur seit dem 17. Jahrhundert färbt die Sichtweisen der Lebensverhältnisse aus der Zeit am Beginn des 16. Jahrhunderts ein, besonders im 19. Jahrhundert mit den marxistischen Thesen des Friedrich Engels und im 20. Jahrhundert die nationalsozialistische Einvernahme durch Günther Franz.
Kein Interesse an Forschungsprojekt
Es wäre Professor Rainer Leng ein Anliegen gewesen, zum Jubiläumsjahr 2025 ein Forschungsprojekt zum Bauernkrieg in Franken auf den Weg zu bringen, doch „ich habe keine Historiker interessieren können, sich daran zu beteiligen“.
War der Bauernkrieg von 1525 nun eine Revolution? Nein, beschreibt Dr. Leng anhand der zwölf Artikel der Bauernschaft von 1525, die die Forderungen des Bauernstandes im süddeutschen Raum zusammenfassen. In dem Katalog gab es Forderungen wie die Abschaffung der Leibeigenschaft oder die freie Wahl eines Pfarrers, aber man wollte auch Verpflichtungen beibehalten, wie zum Beispiel die Zahlung von „gerechten“ Steuern, so „wie es auch in der Bibel steht“.
Die Unbarmherzigkeit der Landesherren führte in Franken dazu, dass sich die Bauernhaufen in Größenordnungen von mehreren Tausend Kämpfern militärisch organisierten und aus verschiedenen Regionen zum Regierungssitz des Fürstbischofs nach Würzburg zogen. Aus dem Raum Münnerstadt /Schweinfurt stellte der etwa 9000 Kämpfer starke „Bildhäuser Haufen“ 1000 Angreifer für den Sturm auf die Stadt und die Feste Marienberg ab.
Während Würzburg sehr schnell der Bauernarmee von 14.000 Bauern die Stadt öffnete, bissen sich die Angreifer dann am Sturm der Festung die Zähne aus. Trotz heftigen Artilleriebeschusses und zwei Stürmungsversuchen, gelang es den 300 Verteidigern, die Angriffe abzuwehren. Mit bis zu 400 Toten war der Blutzoll bei den Bauern sehr hoch.
Zwei große Schlachten, die bei Königshofen im Taubergrund und bei Giebelstadt/Ingolstadt beendeten einen Krieg, der rund 75.000 Tote einforderte und in dessen Folge die feudale Lebensweise, verbunden mit weitergehender Rechtlosigkeit der Bauern, noch über 300 Jahre aufrechterhalten blieb.
Wer ist Prof. Dr. Rainer Leng?
Professor Dr. Rainer Leng ist 1966 geboren und in Weißenburg, Mittelfranken aufgewachsen. Er studierte Geschichte, Germanistik, klassische Philologie, Politikwissenschaft und Soziologie an den Universitäten Würzburg und Heidelberg. Seit 2008 ist Leng außerplanmäßiger Professor für Mittelalterliche Geschichte an der Universität Würzburg.
Seine besondere Interessen gelten den Wissenskulturen des Mittelalters, darunter den Technik- und Ingenieurshandschriften im 15. und 16. Jahrhundert. In der Wissenschaftsvermittlung beschreitet er seit einigen Jahren neue Wege in MOOCs und anderen Formen digitaler Lehre. Seit 2015 ist der Forscher auch am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) tätig.


Überraschenderweise fehlt in dem Bericht der Name des Hauptmanns des Bildhäuser Haufens, des Münnerstädter Handwerkers Hans Schnabel.
Einen guten Einstieg ins Thema bietet der Wikipedia-Artikel "Bildhäuser Haufen".