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Bad Kissingen
Zufahrt durch den Flaschenhals
Die Sehnsucht nach Meer und Küste brachte den gebürtigen Bremer Matthias Schultz zum Bau von Buddelschiffen. Jetzt will er andere mit seinem Hobby begeistern.
Buddelschiffbauer Matthias Schultz (49) bei der Arbeit am maßstabsgetreuen Nachbau der 'Wappen von Bremen' aus dem Jahr 1689. Foto: Sigismund von Dobschütz       -  Buddelschiffbauer Matthias Schultz (49) bei der Arbeit am maßstabsgetreuen Nachbau der 'Wappen von Bremen' aus dem Jahr 1689. Foto: Sigismund von Dobschütz
| Buddelschiffbauer Matthias Schultz (49) bei der Arbeit am maßstabsgetreuen Nachbau der "Wappen von Bremen" aus dem Jahr 1689. Foto: Sigismund von Dobschütz
Sigismund von Dobschütz
 |  aktualisiert: 17.08.2022 10:40 Uhr

Es war die Sehnsucht nach Meer und heimischer Küste , die den Bremer Matthias Schultz nach seinem Wegzug ins Binnenland vor sieben Jahren zum Bau von Buddelschiffen brachte. Seitdem hat er 46 maßstabsgerechte Modelle historischer Kriegs- und Handelsschiffe in Flaschen aller Größen gebaut.

Jetzt sucht der 49-jährige Journalist einen geeigneten Ausstellungsraum und will einen VHS-Kurs anbieten, um die Kissinger für sein traditionsreiches Hobby zu begeistern.

Dem gebürtigen Hanseaten, der mit Ehefrau Julia vor sieben Jahren von der Küste nach Stuttgart zog und seit 2018 in Garitz lebt, scheint das Hobby des Buddelschiffbaus in die Wiege gelegt zu sein.

Als Kind baute er zwar nur Auto- und Flugzeugmodelle, doch als Zehnjähriger nahm er sich schon vor, irgendwann ein richtiges Buddelschiff zu bauen. Auch zum Architektur-Studium gehörte der Bau von Modellen und das Studium der Kunstgeschichte förderte sein Wissen und seine Begeisterung für Historisches.

Hochzeit auf dem Schiff

Aber erst fernab der Küste fing Schultz mit dem Bau von Buddelschiffen an. Sein erstes Projekt war die in Bremen-Vegesack als Museumsschiff liegende "Deutschland", ein 1927 gebautes Segelschulschiff der deutschen Handelsmarine, auf dem er 2013 geheiratet hatte.

Schultz verzichtet bei seinen Buddelschiffen auf begleitende Szenarien wie Küstenlandschaften oder Figuren. "Als Architekt bin ich puristisch veranlagt und will nur das Schiff zeigen." Bei manchen seiner Nachbauten muss man ganz genau hinschauen, um wirklich alle Feinheiten erkennen zu können.

In Nagellackfläschchen

Sein kleinstes Buddelschiff war die Dampffähre "Friedrich" aus dem Jahr 1880, deren Original heute in Bremen als Museumsschiff noch immer im Dienst ist. Deren Miniatur baute Schultz in ein kleines Nagellackfläschchen.

"Das Gebinde gibt mir die Größe des Modells vor. Die Flasche ist mein Bauplatz", erklärt der gelernte Architekt, "der Flaschenhals meine Zufahrt". Alle Einzelteile müssen also durch den Flaschenhals und werden erst in der Flasche zusammengesetzt.

Die dazu erforderliche handwerkliche Technik hat sich Schultz anfangs durch Lektüre, danach aber autodidaktisch angeeignet, da ohnehin jeder Schiffsnachbau anders ist. "Man entwickelt zwangsläufig seine eigene Technik."

Alles Handarbeit

In diesen Tagen sitzt er an seinem bisher größten Modell, einem 30 Zentimeter langen und mit Masten ebenso hohen Nachbau der "Wappen von Bremen" von 1689, die der Modellbauer originalgetreu mit 62 Kanonen bestücken muss. "Bei mir ist alles Handarbeit , jedes kleinste Teil wird geschnitzt und bemalt."

Wie wohl die meisten der in Deutschland kaum mehr als hundert Freunde seines aussterbenden Hobbys, von denen 60 in der Deutschen Gilde der Buddelschiffbauer organisiert sind, rümpft Schultz die Nase über die in Fernost aus Plastik serienmäßig hergestellten Schiffsmodelle . Solche Billigprodukte, die man hier in Souvenirläden findet, verderben die Preise.

Für seine in feinster Handarbeit hergestellte "Wappen von Hamburg" braucht Schultz "drei Monate strammer Arbeit", aber den Gegenwert von 10 000 Euro würde ihm niemand dafür zahlen.

Auch der Sohn baut schon

Nach 46 Buddelschiffen wird es langsam eng in der Wohnung und Ehefrau Julia drängt ihren Mann zur Zurückhaltung. Doch schon wächst mit dem fünfjährigen Severin die nächste Schiffbauer-Generation heran. Sein erstes Segelschiffmodell hat der Sohn bereits mit Vaters Hilfe gebaut. Jetzt muss es nur noch in den bereit stehenden Bocksbeutel, ein Zugeständnis des Bremers an sein neues Leben in Bad Kissingen . Es wird das zweite Schiff in einem Bocksbeutel, denn im ersten steckt schon die HMS "Alert", ein britischer 10-Kanonen-Kutter aus dem Jahr 1777.

Mindestens ein Projekt hat Matthias Schultz noch im Kopf, da er noch einen leeren Dekanter hat. "Der ist wie gemacht für ein russisches Popowka-Rundschiff, das in den 1870er Jahren im Krimkrieg eingesetzt wurde, sich aber nicht bewährt hat." Beim Abfeuern der schweren Geschütze wurde das rundliche Schiff durch den Rückschlag allzu oft in Eigenrotation versetzt. "Mich interessiert, auch mal ein Schiff zu bauen, das seinen Zweck nicht wirklich erfüllt hat."

Hinweis: Wer einen Ausstellungsraum für die Buddelschiffsammlung von Matthias Schultz zur Verfügung stellen möchte, darf gern über E-Mail mit ihm Kontakt aufnehmen.

 
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