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Bad Kissingen
Zentrum für Telemedizin Bad Kissingen: Bauen am Smart-Home für Senioren
Sturzerkennung, Orientierungslichter, Herdabschaltung: In der Münchner Straße entsteht eine Musterwohnung des Zentrums für Telemedizin - voller technischer Helfer für Senioren.
IT-Leiter Steffen Schmitt und Geschäftsführer Sebastian Dresbach vom Zentrum für Telemedizin  im Rohbau der  Musterwohnung, die nächstes Jahr fertig sein soll.       -  IT-Leiter Steffen Schmitt und Geschäftsführer Sebastian Dresbach vom Zentrum für Telemedizin  im Rohbau der  Musterwohnung, die nächstes Jahr fertig sein soll.
Foto: Benedikt Borst | IT-Leiter Steffen Schmitt und Geschäftsführer Sebastian Dresbach vom Zentrum für Telemedizin im Rohbau der Musterwohnung, die nächstes Jahr fertig sein soll.
Benedikt Borst
 |  aktualisiert: 17.08.2022 00:10 Uhr

Es ist mitten in der Nacht. Werner Schmitt (78) steht auf, denn er muss auf die Toilette. Ein Sensor im Schlafzimmer registriert die Bewegung, Orientierungslichter gehen an und erhellen den Weg ins Bad. Der Senior ist nicht mehr der Beste zu Fuß. Nachts sind die Beine besonders wackelig. Würde er stürzen, würden das Sensoren im Boden erkennen und sofort Hilfe alarmieren. Vergisst er nach dem Händewaschen, den Wasserhahn zuzudrehen, springt das nächste System an: ein Wasseralarm, der die Wasserzufuhr unterbricht, sobald niemand mehr am Waschbecken steht. Die Wohnung von Werner Schmitt ist voller Helferlein, die ihm ein Sicherheitsgefühl geben und helfen, dass er trotz seiner Gebrechen nicht in ein Heim ziehen muss, sondern weiterhin in den eigenen vier Wänden leben kann.

Werner Schmitt ist nicht real, sondern eine fiktive Person des Autors. Die Wohnung ist echt. Sie entsteht im Moment auf dem Dach des ehemaligen Telekomgebäudes in der Münchner Straße. Dabei handelt es sich um eine Musterwohnung des Zentrums für Telemedizin (ZTM), in der ab Ende 2022 auf 75 Quadratmetern gezeigt wird, welche technischen Assistenzsysteme das Leben im Alter erleichtern. "Das ist ein Smart-Home deluxe", sagt ZTM-Geschäftsführer Sebastian Dresbach. Das Modellprojekt wird vom Freistaat gefördert.

Zeigen was möglich ist

Die äußere Hülle der Musterwohnung ist fertig, der Innenausbau steht bevor. 200 000 Euro sind für die Ausstattung vorgesehen. "Unser Anspruch ist es, die Wohnung so einzurichten, als ob sie bezugsfähig wäre. Einfach die Koffer packen und rein", sagt Dresbach. Wohn- und Schlafzimmer gehören dazu, eine Küchenzeile, ein Bad. Alles ist gespickt mit Sensoren, mit ferngesteuerter Technik und anderen Helfern. "Alles auch unter dem Aspekt der Barrierefreiheit", erläutert er. So wird sich am Esstisch eine Reeling befinden, an der sich die Bewohner festhalten können, und die Sessel werden mit einer Aufstehhilfe versehen sein. "Inhaltlich geht es um Sicherheit, Komfort und Teilhabe", sagt der ZTM-Chef. Wenn etwa ein Mensch an beginnender Demenz leidet, aber gerne kocht, sorgt die automatische Herdabschaltung dafür, dass er das weiter tun kann. Wenn ein Topf auf dem eingeschalteten Herd vergessen wurde, verhindert sie, dass etwas Schlimmeres passiert.

Die Ausstellungswohnung richtet sich nicht nur an ältere Menschen und deren Angehörige, sondern auch an junge Bauherren und an Personen aus der Bauwirtschaft , die sich beruflich mit dem Thema befassen. Die Ausstellung ist breit aufgestellt. Es gibt kleine Helfer, mit denen eine Wohnung verhältnismäßig einfach und kostengünstig aufgerüstet werden kann. "Da geht auch viel in Bestandsbauten. Wie haben Technik nicht nur kabelgestützt, sondern auch über Funk ist da einiges möglich", sagt Dresbach. Natürlich gibt es auch aufwendigere Lösungen, wie einen mit Sensoren ausgestatteten Bodenbelag. So etwas sei für Privatleute eher uninteressant, könnte aber für Bauherren von Seniorenapartments oder Pflegeheimen spannend sein. "Letztlich geht es auch um Informationsarbeit", erklärt er. Das ZTM soll mit dem Musterhaus zeigen, was in Sachen technischer Assistenz aktuell machbar ist.

ZTM auf Wachstumskurs

Das Zentrum für Telemedizin ist seit seiner Gründung im Rhön-Saale-Gründerzentrum (RSG) in der alten Kaserne untergebracht. Dort ist es gute zehn Jahre später zu eng geworden; inzwischen hat das ZTM rund 30 Mitarbeiter in Bad Kissingen und 50 Mitarbeiter insgesamt. Als politisches Kind des Landkreises wird es nächstes Jahr komplett in die Münchner Straße umziehen. Der Landkreis saniert das Telekomgebäude aktuell für 12,3 Millionen Euro. Vom Erd- bis zum zweiten Obergeschoss wird das Landratsamt den Bau selbst nutzen; das ZTM wird das dritte Obergeschoss sowie das Penthouse auf dem Dach (dort ist die Musterwohnung) belegen. 1300 Quadratmeter stehen Dresbach und seinen Mitarbeitern dann zur Verfügung. "Wir haben uns schnell entwickelt. Wir freuen uns, dass wir unser Jugendzimmer im RSG verlassen und in die erste eigene Wohnung ziehen können", sagt er.

Im dritten Obergeschoss sind die Büros angesiedelt. Von dort aus betreuen die IT-Mitarbeiter per Fernwartung Kunden wie Kliniken, Arztpraxen und Pflegeheime. Ebenso wird hier die Technik konfiguriert, bevor sie beim Kunden eingebaut wird. Neben den Büros ist auf dem Stockwerk Platz für Sozial- und Besprechungsräume sowie für einen zentralen Showroom. Dort kann das ZTM alles weitere präsentieren, das es im Angebot hat, von der Videosprechstunde mit dem Hausarzt bis zum digitalen Notfallmanagement. Und: "In den neuen Räumen können wir große Infoveranstaltungen für etwa 100 Leute anbieten", freut sich Dresbach. Informations- und Aufklärungsarbeit ist ein wichtiger Auftrag, den das ZTM für den Freistaat und den Landkreis erfüllt.

 
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