Mit dem Tablet in der Hand und einem zunächst mulmigen Gefühl im Bauch machte sich Ellen Manke-Tumpach in diesem Sommer auf den Weg durch Orte wie Ramsthal, Langendorf, Rupboden oder Zeitlofs. Die 64-jährige Versicherungsmaklerin stellte sich als Interviewerin für die aktuelle Zensus-Volkszählung zur Verfügung. "Ich mag den Kontakt mit Menschen, und während der Corona-Zeit konnte ich ja nicht zu den Kunden", beschreibt sie ihre Beweggründe. Nach dem Abschluss der rund 160 Befragungen zieht sie eine durchweg positive Bilanz: "Es gab einige merkwürdige Begegnungen, aber es blieb immer sachlich und war nie unangenehm." Laut Landratsamt waren im Landkreis Bad Kissingen rund 24.100 Personen an 6471 Anschriften auskunftspflichtig, also knapp ein Viertel der Bevölkerung.
Fragen nur für Stichproben
Alle zehn Jahre zählen Bund und Länder Einwohner, Gebäude und Wohnungen. Im Gegensatz zu den Volkszählungen der 1980er Jahre gibt es allerdings nur noch zufällig ausgewählte Stichproben. Zudem gab es unterschiedliche Varianten. "Bei der Kurzbefragung ging es nur um die Zahl der Personen im Haushalt und den Familienstand", berichtet Ellen Manke-Tumpach. Bei der längeren Version seien auch Daten zu Schul- und Berufsausbildung erhoben worden. "Aber wir haben nicht nach dem Gehalt gefragt, das hätten die Menschen auch nicht gewollt."
Etwa der Hälfte der Befragten sei der Zensus bekannt gewesen, in diesen Fällen sei es meistens schnell gegangen. Unter den rund 160 Menschen, die die 64-Jährige befragen musste, habe es aber auch große Skeptiker gegeben: Eine Familie habe ihr Berichte vorgelegt, dass die Daten nach Amerika verkauft würden, ein anderer habe sie "furchtbar angemault, wieso ich da jetzt ankomme". Mit ihrer freundlichen und sachlichen Art löste Ellen Manke-Tumpach jedoch alle Situationen. "Einige haben mir sogar was zu Trinken angeboten, manchmal bin ich eine ganze Stunde bei den Leuten sitzen geblieben." Zum Teil seien es auch schwierige Gespräche gewesen, etwa wenn Bewohner nach dem eigentlichen Stichtag der Erfassung, dem 15. Mai, bereits verstorben waren. Für die Statistik mussten sie trotzdem erfasst werden, auch wenn die Befragung vielleicht erst im August war. Nur ein Haushalt habe die Angaben verweigert, stattdessen nahm die Interviewerin einfach die Bedenken in die Unterlagen auf.
"Unmengen an Unterlagen"
Erfasst wurden alle Daten direkt auf einem Tablet , das Ellen Manke-Tumpach bei der Fortbildung im Landratsamt erhalten hatte. "Unmengen an Unterlagen" hätten die Interviewerinnen und Interviewer dabei bekommen. Geschult wurde wegen Corona in Gruppen und mit strengen Hygienevorschriften. Zum Teil habe es unterwegs technische Probleme gegeben, vor allem wenn das Tablet keinen Empfang hatte. Mittlerweile habe sie das passwort-geschützte Tablet wieder abgegeben - mit einem guten Gefühl und nach vielen netten Begegnungen.
Laut Landratsamt war "der überwiegende Teil der zu Befragenden auskunftsfreudig, die Bürgerinnen und Bürger haben ihre Daten direkt und persönlich den Erhebungsbeauftragten mitgeteilt". Allerdings lässt das Landratsamt die Verweigerer nicht einfach davonkommen: "Aktuell laufen Mahnverfahren", teilt das Landratsamt mit. "Angeschrieben werden Bürgerinnen und Bürger, die entweder die Auskunft verweigert haben (eine recht geringe Anzahl) oder zu den beiden angekündigten Terminen nicht zuhause angetroffen wurden (weil sie zum Beispiel im Urlaub waren)." Genaue Zahlen kann das Landratsamt nach eigenen Angaben nicht nennen, weil die Erhebungsstelle derzeit mit der Auswertung beschäftigt sei. Das könne sich auch noch länger hinziehen.
Daten werden zusätzlich geprüft
Während die letzten Nachzügler befragt werden, hat das Landratsamt Bad Kissingen vor kurzem noch eine Wiederholungsbefragung für einen Teil der Haushalte angekündigt. Das Landesamt für Statistik will mit Stichproben die Datenqualität der amtlichen Statistik sicherstellen. Die gesetzliche Regelung sehe vor, "dass die Zuverlässigkeit der Haushaltebefragung und der Befragung an Wohnheimen durch eine repräsentative Wiederholungsbefragung zu prüfen ist". Laut dem Landesamt für Statistik wurden bayernweit rund 2,38 Millionen Menschen von rund 20.000 Interviewern befragt. Zum anderen wurden laut der Behörde für die Gebäude- und Wohnungszählung alle Eigentümer in Bayern angeschrieben, das seien rund 3,5 Millionen Personen.
Rücklauf bislang bei rund 90 Prozent
Vier Monate nach Start des Zensus im Mai 2022 haben laut dem Landesamt für Statistik in Bayern bereits eine Million Haushalte und gut drei Millionen Wohneigentümer Auskunft erteilt. Das seien jeweils knapp 90 Prozent. Die Behörde teilt zudem mit, dass die Ergebnisse voraussichtlich erst Ende November 2023 veröffentlicht werden. Bei der jetzt angekündigten Wiederholungsbefragung würden knapp vier Prozent der Haushalte erneut befragt, die bereits teilgenommen haben. Also muss etwa jeder 25. Haushalt die Fragen ein zweites Mal beantworten, um die Angaben der ersten Befragung überprüfen zu können.