
Wer im an einem warmen Frühlingsabend das Naturschutzgebiet (NSG)"Schachbrettblumenwiesen von Zeitlofs " besucht, merkt schon an der Geräuschkulisse, dass hier etwas anders ist. Die zahlreichen Grillen veranstalten ein prächtiges Konzert. Zwar sind sie auch sonst im Sinntal immer wieder zu hören, aber die höhere Intensität hier ist bemerkenswert. Auch das Auge kommt auf seine Kosten: Die in diesem seit 1975 bestehenden und 16 Hektar umfassenden Naturschutzgebiet hauptsächlich geschützte Gesellschaft sind artenreiche Feuchtwiesen. Verschiedene Pflanzenarten schmücken die Wiesen über die Vegetationsperiode hinweg mit verschiedenen Aspekten, heißt es in einer Pressemitteilung vom Bund Naturschutz (BN).
Zusammen mit den violetten Tupfern der Schachbrettblume überzieht das Wiesenschaumkraut im April die Wiesen mit einem weißen Schleier. Anfang Mai färbt der scharfe Hahnenfuß die Wiesen gelb. Die Vielfalt der Pflanzenarten schafft auch Nahrungsquellen für viele Insektenarten. Insekten weisen häufig eine enge Bindung an bestimmte Pflanzenarten auf. Als Beispiel möge etwa die Beziehung zwischen Wiesenschaumkraut und Aurorafalter dienen, nur eine von vielen Wechselbeziehungen. Auch an der Vogelwelt merkt der Beobachter, dass auf den Flächen ein entsprechend gutes Nahrungsangebot vorhanden sein muss.
Vermutlich größtes Vorkommen in Deutschland
Das wohl größte Vorkommen der Schachbrettblume in Deutschland befindet sich im unteren Sinntal; es beginnt knapp unterhalb von Zeitlofs . Daher ist diese prächtige Blume zum Markenzeichen des unteren Sinntals geworden. Die kleinbäuerliche Bewirtschaftung des Sinngrundes mit ihren bekannten "Rückenwiesen" hat die Ausbreitung begünstigt. Die Rückenwiesen sind noch heute sichtbare Reste eines alten Bewässerungssystems, welches man mit großem Aufwand hergestellt hat, um die Wiesen mit dem Wasser der Sinn zu wässern, zu düngen und damit den Ertrag zu steigern.
Diese Buckel verursachen aber auch ein Mosaik an unterschiedlichen Standortbedingungen. So ändern sich die Pflanzengesellschaften kleinräumig und sind damit besonders artenreich. Dazu kommt noch das besondere Artenspektrum der Gräben und des Ufersaums an der Sinn. Kurz gesagt: Man steht vor einem Kleinod unserer Landschaft.
Auf fast einem Viertel der Fläche findet sich neuerdings aber ein anderes Bild: Schon Anfang Mai ist die Wiese auf vier Hektar abgemäht worden, neben der blühenden Wiese ist nun eine Kahlfläche vorzufinden. Anwohner berichten von Gülledüngung in diesem Teil. "Diese Form der Bewirtschaftung läuft dem Zweck des Naturschutzgebiets komplett zuwider und muss unverzüglich beendet werden", fordert Ingo Queck, stellvertretender Vorsitzender der BN-Kreisgruppe.
"Seit der Einrichtung des NSG vor 45 Jahren ist man pfleglich mit den Flächen umgegangen und hat öffentliche Mittel für den Erhalt der wertvollen Pflanzengesellschaft, so wie von der Verordnung des Naturschutzgebiets vorgeschrieben, aufgewendet. Das ist ja nicht zum Spaß geschehen, sondern weil man den besonderen Wert dieses Gebiets erkennt hat und für unsere Gesellschaft erhalten möchte. Die jetzige intensivierte Nutzung stellt einen Raubbau dar, nicht nur an diesen Investitionen, sondern auch an nicht einpreisbaren und nicht zu ersetzenden, aber allen zu Gute kommenden Werten, wie Arten- und Biotopvielfalt und sauberem Grundwasser."
Insekten finden keine Nahrung
Die Zeiten ändern sich und mit ihnen die Bewirtschaftung von Grünland. Vor allem setzen häufige Mahd und die intensive Düngung vielen auf den Wiesen vorkommenden Arten zu, nicht nur der Schachbrettblume. Hier zeigen sich die Nachteile einer Landwirtschaft, die seit Jahrzehnten auf die maximale Leistung von Milchkühen ausgerichtet ist. Wenn drei- oder viermal gemäht wird, wenn dann noch reichlich Gülle dazukommt, dann hat die Schachbrettblume Probleme - und nicht nur sie: Von der Vielzahl der Pflanzen bleiben nur noch wenige Gräser übrig. Allen Tieren - von Insekten bis zu Hasen und bodenbrütenden Vögeln wie Lerche, Kiebitz oder Wiesenpieper - werden Lebensräume genommen. Mit häufigerem Mähen, mit der aggressiven Gülle und dem im dichteren Gras veränderten Kleinklima kommen sie nicht zurecht.
Tatsächlich stehen viele Bauern unter großem Druck, finanziell vor allem, aber zunehmend auch wegen einer Bewirtschaftung ihrer Flächen, die gesellschaftlich immer kritischer gesehen wird: Von den Auswirkungen auf die Artenvielfalt bis zur Belastung des Grundwassers . Bislang werden die rund 60 Milliarden Euro Subventionen vor allem nach Größe der Felder vergeben, unabhängig davon, was auf den Flächen geschieht. "Das wollen wir schon lange ändern, dafür demonstrieren wir jedes Jahr in Berlin", meint Franz Zang, Vorsitzende der BN-Kreisgruppe Bad Kissingen. Gegen Agrarbetriebe zum Beispiel in Ostdeutschland mit mehreren 1000 Hektar können die Landwirte in Mittelgebirgsregionen wie die Rhön mit ihren eher kleinen und weniger ertragreichen Flächen nicht konkurrieren.
Die vielfältig strukturierte Landschaft der Rhön bietet sich geradezu an für eine Verteilung der Gelder, bei der vor allem die Gemeinwohlleistungen honoriert werden. Der Schutz des Trinkwassers und mit dem Erhalt der Artenvielfalt auch die Aufwertung von Wiesen und Wäldern für die Erholung müssten dabei im Vordergrund stehen. Aus dieser Sicht müsste der Bauernverband diese gerade diskutierten Pläne im Interesse seiner Mitglieder unterstützen.