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X–Rays elektrisierten
Die bunten Siebziger: 200 bis 300 Zuhörer pro Auftritt, erster Platz bei einem Nachwuchswettbewerb in Essen und ein Ende mit Schrecken – das sind die Erinnerungen von Peter Ludwig an die Jahre 1967 bis 1972.
Von unserem Redaktionsmitglied Wolfgang Dünnebier
 |  aktualisiert: 23.11.2012 12:02 Uhr

Strahlen grassierten von 1967 bis 1972 auf vielen Bühnen der Region. Die fünfköpfige Formation X-Rays, englisch für Röntgenstrahlen, stand für den musikalischen Aufbruch einer ganzen Generation. Mit dem musikalischen Anspruch wuchsen die Haare der Musiker.

Angefangen hatten sie als 17-jährige Gymnasiasten optisch noch eher brav bei Veranstaltungen des Frobenius-Gymnasiums und legten musikalisch noch ein paar Schippen drauf. Auf Dauer nur Beatles zu spielen, wurde ihnen aber zu langweilig, erinnert sich Peter (Pit) Ludwig.

Genauso spektakulär wie manche Interpretation von Werken der Rolling Stones über die Doors bis zu Carlos Santana endete die Gruppe fast auf den Tag vor 40 Jahren. Gitarrist Ludwig holte sich am Mikrofon einen Stromschlag. Statt in die Welt der virtuosen Klänge ging es an diesem Abend ins Krankenhaus. Der geplante Auftritt musste trotz Pfiffen aus dem Publikum abgesagt werden. Auch danach litt der Gitarrist an den Folgen und brauchte einige Monate, bis er sein Instrument wieder geschmeidig im Griff hatte.

Heute ist davon nichts mehr zu spüren. „Die Finger laufen noch“, freut sich der staatlich geprüfte Musiklehrer. Kein Wunder. Täglich bleibt Ludwig mit dem Instrument konfrontiert. Rund 100 Gitarristen hat er inzwischen hervorgebracht.

Der 60-Jährige hat so Anteil am Aufschwung der Hammelburger Musikinitiative mit ihrer Bandvielfalt. Als Gastmusiker bezaubert er weiter mit anspruchsvollen Soli zum Beispiel bei Sing 'n' Swing.

Dass Rockmusik in der Mitte der Gesellschaft ankommen würde, hätte sich Ludwig einst nicht träumen lassen. Längst nicht in allen Tanzsälen waren die X-Rays willkommen. Inzwischen kann Ludwig über einen Vorfall in Westheim lachen. Gaststättenbesucher zogen den X-Rays im Tanzsaal den Stecker aus der Dose. „Dann zogen Blasmusiker ein, um gegen uns anzuspielen“, erinnert sich Ludwig. Seinerzeit hätte er heulen können.

Doch die Fangemeinde wuchs. Neben Wolfram und Alfons Härtl sowie Joachim Schuhmann spielten Wolfgang Hartung und Thomas Teubert mit. Ein Joker war Saxophonist Robert, ein in Bad Kissingen stationierter US-Soldat. Wo er abgeblieben ist, weiß man nicht. Was bleibt, ist die Bewunderung. Mit seinem Saxophon spielte er einfühlsamen Soul, weshalb ihm das weibliche Publikum zu Füßen lag. Ein Stammpublikum von 200 bis 300 Zuhörern füllte die Säle zwischen Langenprozelten und Schweinfurt. Auf Tour gingen die jungen Musiker mit einem Kleinbus, mit dem das älteste Bandmitglied tagsüber Eier auslieferte. Das Geld für den Verstärker war zusammengepumpt.

Nach und nach versuchte man sich auch an Eigenkompositionen. „I don't know“ (Ich weiß nicht) hieß eines der von Ludwig komponierten Stücke, mit denen man es in der Region einigermaßen zu Bekanntheit gebracht hatte.

Bestimmt 150 Auftritte seien pro Jahr zusammen gekommen. Im Gedächtnis hat Ludwig auch einen Auftritt bei einem bundesweiten Nachwuchswettbewerb in Essen. Die Hammelburger X-Rays belegten dort den ersten Platz. Doch bei allen geweckten Erwartungen habe man davon nichts mehr gehört, bedauert Ludwig.

„Wir wollten unseren eigenen Stil entwickeln“, erinnert sich Ludwig an seine Triebfeder. Seine Vorbilder waren Wishbone Ash, Yello und auch schon mal Carlos Santana. Auch Vertreter der klassischen Gitarre schätzt er hoch. Aber: Was auf der Bühne spielerisch und wild daherkam, verlangte gründliche Vorbereitung. Zwei bis drei Stunden Probenzeit investierte er täglich. Die Ernsthaftigkeit gibt Ludwig heute auch an seine Schüler weiter. „Manche kommen und wollen gleich was von Deep Purple oder AC/DC spielen.“

„Wir wollten unseren eigenen Stil entwickeln.“

 

Peter Ludwig zum

Ehrgeiz der X-Rays

 

Doch zunächst gelte es, durch verschiedene Stilrichtungen solide zu lernen, was die E-Gitarre überhaupt für Möglichkeiten bietet. In zwei Jahren könne man es bei entsprechendem Ehrgeiz zu einem guten Gitarristen schaffen. Begabung natürlich vorausgesetzt. „Mancher muss erkennen, dass das nichts wird.“

Disziplin braucht es auch, um in einer Band zu spielen. Was es heißt, zweimal wöchentlich für Proben auf der Matte zu stehen, kann Ludwig anschaulich aus seiner X-Ray-Zeit weitergeben. Die Aufbruchstimmung der 70er möchte er nicht missen. Dankbar ist er seinen Bandkollegen und den Eltern. Die hätten das Ganze anfangs mit ihren Fahrdiensten unterstützt und der neuen Zeit viel Vertrauen entgegengebracht, obwohl manches bisweilen doch sehr fremd anmuten musste.

 
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