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Bad Kissingen
Wurst-Reinheitsgebot trifft den Nerv der Zeit
Ein Jahr nach der Gründung ziehen die 17 Mitgliedsbetriebe eine positive Bilanz.
Vorsitzender Markus Alles ist zufrieden: Der Verein Fränkisches Wurst-Reinheitsgebot hat allen Mitgliedsbetrieben neue Kunden gebracht. Foto: Ralf Ruppert       -  Vorsitzender Markus Alles ist zufrieden: Der Verein Fränkisches Wurst-Reinheitsgebot hat allen Mitgliedsbetrieben neue Kunden gebracht. Foto: Ralf Ruppert
| Vorsitzender Markus Alles ist zufrieden: Der Verein Fränkisches Wurst-Reinheitsgebot hat allen Mitgliedsbetrieben neue Kunden gebracht. Foto: Ralf Ruppert
Ralf Ruppert
 |  aktualisiert: 19.08.2022 03:55 Uhr
Markus Alles aus Frauenroth hat ein turbulentes Jahr hinter sich: Der 32-jährige Metzgermeister mit eigenem Betrieb in Frauenroth wurde im Juli zum zweiten Mal Vater, sitzt im Gemeinderat, ist aktiv in der Feuerwehr und heute vor einem Jahr dann auch noch der Verein "Fränkisches Wurst-Reinheitsgebot": "Ich war überrascht, wie viel Arbeit es macht, einen Verein zu gründen", berichtet er. "Aber es hat sich gelohnt, die Mitgliedsbetriebe bekommen viel Bestätigung und können sich vor Arbeit fast nicht mehr retten", zieht er Bilanz.
Heute vor einem Jahr war es soweit: In Gefäll trafen sich Metzger und Freunde von Wurst ohne Geschmacksverstärker. Initiator war damals Professor Kilian Moritz, der aus der Rhön stammt. "Ich wusste, dass viele Verbraucher die Nase voll haben von all den künstlichen Zusatzstoffen, die in so viele unserer Lebensmittel gemogelt werden", berichtet er. "Dass sich die Idee vom Fränkischen Wurst-Reinheitsgebot aber so toll entwickelt, das ist schon erfreulich", sagt auch er. Moritz ist einer der elf Förder-Mitglieder. Insgesamt hat der Verein ein Jahr nach der Gründung 28 Mitglieder, darunter 17 Betriebe: vom Spessart bis ins Fichtelgebirge und von Unsleben bis Nürnberg.
Auch ein Exot ist dabei: Metzgermeister Markus Werner betreibt die "Wurstquelle" auf der spanischen Urlaubsinsel Teneriffa. Seit Jahren setzt er auf Wurst ohne Geschmacksverstärker. Metzger Mirco Gensler aus Unsleben erzählte ihm dann im Urlaub vom Reinheitsgebot in Franken. "Ich verwende seit drei Jahren nur noch Gewürze, die durch meine eigene Mühle laufen", berichtet Gensler. Die Umstellung war für den 42-Jährigen durchaus Neuland. "Selbst in der Meisterschule wird nur mit Fertig-Mischungen gearbeitet, ich musste das auch erst neu lernen", erzählt er. Eine große Hilfe seien dabei Original-Rezepte gewesen, die noch von seinem Ur-Großvater Karl Lukas Gensler erhalten waren, der 1902 die Metzgerei gründete. Mirco Gensler geht sogar einen Schritt weiter und besorgt sich Pfeffer, Muskatnuss und alle anderen exotischen Gewürze über fairen Handel. Wenn er seine Wurst macht, wird die Mühle kurz vor dem Mischen angeworfen. "damit auch wirklich noch alle ätherischen Öle drin sind".
Auch Gensler hat neue Kunden durch den Verein bekommen: Vor allem Allergiker kommen bis aus Meiningen und Schweinfurt zu uns", sagt er. "Zu mir kommen Kunden aus Frankfurt, Nürnberg und Bamberg nach Frauenroth", erzählt auch Vorsitzender Markus Alles. Auf rund zehn Prozent schätzt er das Umsatz-Plus, er habe sogar jemanden neu eingestellt für die kleine Land-Metzgerei.
Mit der Vereinsgründung hat Markus Alles auch sein eigenes Sortiment noch einmal durchforstet und siehe da: In Zutaten zu zwei Wurst-Sorten fand er tatsächlich noch kleine Mengen Geschmacksverstärker. "Da muss man bei der ein oder anderen Wurst auch mal rumtüfteln", berichtet er, dass es einige Versuche brauchte, bis auch die Jagdwurst umgestellt war. Denn: Die Vereinssatzung lässt keine Geschmacksverstärker in den selbst hergestellten Produkten zu. Lediglich in bestimmten, zugekauften und markenrechtlichen Produkten wie Serrano-Schinken oder bestimmten Salami-Arten sind Ausnahmen erlaubt, aber: "Das muss dann groß gekennzeichnet werden", betont Alles. Der Verein habe mittlerweile mehrfach Betriebe abgelehnt, die nicht bereit waren, ihr gesamtes Sortiment umzustellen.
Initiator Kilian Moritz ist froh, dass seine Idee so gut ankommt. Selbst der bayerische Ernährungsminister Helmut Brunner lobe das Fränkische Wurst-Reinheitsgebot als "wertvolle Chance sich von industrieller Ware abzugrenzen", berichtet Moritz. "Geschmacksverstärker braucht es hier nicht", lautet Brunners Botschaft. Besonders freut Moritz, dass sich die innovativen Metzgermeister gegenseitig Tipps zur Umstellung auf Wurst ohne künstliche Geschmacksverstärker geben. Und das ziehe weitere Kreise: "Wir haben auch Gastronomen, die Geschmacksverstärker aus ihrer Küche verbannt haben." Zudem sorge die Idee mittlerweile deutschlandweit für Aufmerksamkeit.
Infos über Mitgliedsbetriebe, Satzung und Ideen gibt es auf der Homepage www.fraenkisches-wurst-reinheitsgebot.de .
 
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