
Mehr als 120 Musikbegeisterte suchen sich ein nettes Plätzchen auf der Hammelburger Saaleinsel, rüsten sich mit Bowle, Wein, Wasser und Tramezzinis, -also italienischen Sandwiches - um kraftvoll in die nächsten Stunden zu gehen, oder besser zu wippen, zu klatschen und zu tanzen. Bereits zum dritten Mal holte Kulturbunt mit den "Wonderfrolleins" Profi-Musikerinnen nach Hammelburg , um den Sound der 50er und 60er Jahre vibrieren zu lassen. Ein Ticket zurück in eine fröhliche und meist unbeschwerte Zeit - die Ära des Wirtschaftswunders , schwingender Petticoats und Reisen ins sonnige Italien.
Martina Bay von Kulturbunt ist begeistert. "Ganz besonders freut mich, dass heute Menschen da sind, die in der Zeit, da diese Lieder gehört und zu ihnen getanzt wurde, selbst Heranwachsende waren. Sie haben damals zu dieser Musik getanzt und sich vielleicht sogar zum ersten Mal verliebt". Doch nicht nur für diejenigen, die mit dieser Musik aufwuchsen, sondern auch für jene, die es lieben zu tanzen und einfach fröhlich zu sein, wurde es ein gelungener Abend. Ein Abend, der mehrere Jahrzehnte des Rock ' Roll und der Schlager vereinte.
Das musikalische Quartett - die drei Wonderfrolleins Andrea Paredes Montes, Lexi Rumpel und Isabelle Bodenseh - sowie "Don Giorgio" alias Rainer Rumpel am Schlagzeug, spannte einen weiten musikalischen Bogen von Hits wie "Lollipop", Rocco Granatas "Marina", "Schiff ahoi" bis hin zu "Seemann, deine Heimat ist das Meer". Die Damen , überwiegend in adretten Marine-Kleidern der damaligen Zeit, sorgte für Stimmung. Das Publikum wippte mit den Füßen, klatschte, sang und tanzte durch die Nacht. Etwas, das ihm Vorjahr aufgrund der Corona-Beschränkungen nicht möglich war, denn 2021 kamen nur 50 Zuhörerinnen und Zuhörer mit Maske, die sich nur mit viel Abstand versammeln durften, und es herrschte Tanzverbot.
Doch was bewegt die Wonderfrolleins - Damen , die aufgrund ihres Alters gewiss in den 50/60er Jahren noch nicht ihre erste Romanze erlebten, damals noch nicht einmal das Licht der Welt erblickt hatten - ihr Publikum gerade mit dieser Musikrichtung zu erfreuen und so Jugenderinnerungen hervorzurufen? Wie und wann haben sie zusammengefunden?
Seit 2009 spielen sie in dieser Besetzung und geben zwischen 60 und 70 Konzerte im Jahr. Zwei der Wonderfrolleins lernten sich durch ihr musikalisches Zusammenwirken in einer kubanischen Band kennen, eine studierte sogar ein Jahr lang in Havanna. Man entwickelte sich hin zu einer Latin Band mit Partyanteil. Andrea Paredes kam dann auf die zündende Idee: "Ich dachte, wir brauchen noch einen Aufhänger, damit wir mehr Jobs bekommen. Einen Job mit Walking-Act zum Sektempfang. Da ich auch mit anderen Bands Musik machte, merkte ich, dass das Publikum auf diese 50er/60er-Jahre-Musik steht", so Paredes.
"Vom Motto geben die 50er auch viel her. Ich habe mir dann den ersten Petticoat meines Lebens bestellt und wir hatten Ende 2009 auf einer Gala unseren ersten 20-minütigen Auftritt. Das war ein riesen Hype, die Leute sind total ausgeflippt und wir wussten gar nicht, wie uns geschah", ergänzt sie lachend. Der Vater eines der Wonderfrolleins war selbst Tanzmusiker, die Tochter wuchs sozusagen mit dieser Musik auf. Die anderen kannten die Lieder aus dem Radio.
Jazz, Latin, Tango, Soul: Die Wonderfrolleins begeistern als Musikerinnen auch in anderen Genres. Doch die Lieder der 50er Jahre begeistern sie immer wieder. "Fakt ist, es sind gute Kompositionen mit schönen Texten, und diese Musik macht richtig Spaß", sagt Andrea Peredes.
Zumal sich alle in den femininen Kleidern mit weitschwingen Petticoats sehr wohl fühlen. Ein Wohlgefühl, das sie gekonnt optisch und musikalisch auf die Besucher der Kulturbunt-Veranstaltung zu übertragen wussten. Rein in den Petticoat, rauf auf die Bühne, ihr Lieblingslied "Schöner fremder Mann" anstimmen - die Wonderfrolleins enterten die Saaleinsel und alle tanzten und groovten in die Nacht.