
Ob die erste Pizza – oder der Einkehrschwung von Stars und Sternchen – das Kissinger Kindl ist Kult. Mittlerweile befinden sich Arztpraxen in dem Gebäude am Theaterplatz. Auch wenn inzwischen der Fokus anstelle von Pizza Mary auf der Medizin liegt, feiert die Kissinger Kultgaststätte dort eine Renaissance – und das wegen eines Bilderbuchs. Eine Spur führt auch ins Dschungelcamp. Denn auch eine der diesjährigen Teilnehmerinnen der Serie war zu Gast im Kissinger Kindl – Anouschka Renzi. Das war 1972, damals war sie acht Jahre alt. Ihr Leibgericht? Ravioli.
Die waren – laut Eintrag ihrer Eltern – so gut, dass Anouschka „glücklich“ war. Ihr Vater Paul Hubschmied war in Hollywood unterwegs. Bekannt ist er durch die Hauptrolle in „Der Tiger von Eschnapur“ oder sein Schauspiel in „Kir Royal“. Bis in die Mitte der 90er Jahre ziehen sich die Einträge der Stars.
„Das ist Stadtgeschichte, die goldenen Jahre von Bad Kissingen“, schwärmt der Arzt Michael Brendler. Dementsprechend erhielt das Buch einen Ehrenplatz in der Vitrine. Weil es ein zeithistorisches Dokument ist, hat er weitere Pläne. „Wenn es uns als Praxis eines Tages mal nicht mehr gibt, dann bekommt es das Stadtarchiv“, sagt er. Aber: „Jetzt gibt es erstmal die Storys zu den Stars, dass die Leute eine Freude haben.“
Historische Ansichten bieten
Die Ursache für die Aktion ist strenggenommen ein Unwetter. Um die Infektsprechstunde währenddessen zu ermöglichen, hatte Facharzt Michael Brendler einen Pavillon auf der Terrasse aufgestellt. Die Patienten sollten nicht im Regen stehen – so der Gedanke. Der erste Schnee erforderte ein Nachbessern des Arztes: Der Faltpavillon hielt der Witterung nicht stand. Anstelle seiner befindet sich dort nun eine verglaste, robuste Metallkonstruktion. „Wir haben dann überlegt, wie wir das optisch gestalten“, sagt er.
Eine Lösung war schnell gefunden: Historische Bilder von Bad Kissingen. Die sollten – je nach Blickachse – das historische Pendant zur heutigen Aussicht zeigen. Dafür wandte sich der Arzt an seine Patienten. „Ich war auf der Suche nach alten Bildern oder Fotos, die man auf Leinwand drucken könnte, um den Pavillon aufzuhübschen.“ Dabei stieß er auf einen kleinen Schatz: Das Gästebuch des Kissinger Kindls. „Genau genommen hat uns das Buch entdeckt“, sagt er. Patienten seien mit dem Buch auf ihn zugekommen. „Sie waren wohl mit den ehemaligen Wirten befreundet“, vermutet er. Der Zeitpunkt, als der Arzt das Buch erhielt, deckte sich mit der Überlegung, wie die Social-Media Kanäle der Praxis mit Leben befüllt werden könnten.
„Dort soll es nicht nur Corona und die Impfung geben. Die Leute sollen auch mal auf andere Gedanken kommen“, sagt er. Der erste Eintrag im Gästebuch ist aus den 60er Jahren. Schwarz-Weiß Fotos mit Autogrammen wechseln sich mit Farbbildern oder Zeichnungen und Widmungen ab. „Das waren alles Leute, die im Theater oder in Bad Kissingen aufgetreten und dann im Kissinger Kindl eingekehrt sind“, sagt Michael Brendler. Darunter nicht nur deutsche Stars, sondern auch international bekanntes Klientel. „Immer sonntags veröffentlichen wir eine Seite auf unserem Facebook-Profil“, sagt Michael Brendler. „Das wird noch einige Zeit dauern – es sind wohl etwa 100 Seiten.“ Beim Blättern im Album zeigt sich nicht nur die Hautevolee der Vergangenheit, sondern auch Stars und Sternchen, die nach wie vor aktiv sind. „Und das ist alles Kissinger Stadtgeschichte“, sagt er.
Den Link zum Buch finden Sie unter: www.facebook.com