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LKR Bad Kissingen
Durchsuchung aller Bundeswehr-Kasernen: Wo endet Traditionspflege?
Alle Kasernen werden nach Wehrmachtsandenken durchsucht, auch die Sammlungen in Hammelburg und Wildflecken. Mit Angemerkt am Ende des Textes.
In der militärhistorischen Sammlung in Wildflecken sind unter anderem eine Wehrmachtsuniform und Bilder aus der Zeit des Dritten Reiches ausgestellt. Foto: Rolf Pralle/Archiv       -  In der militärhistorischen Sammlung in Wildflecken sind unter anderem eine Wehrmachtsuniform und Bilder aus der Zeit des Dritten Reiches ausgestellt. Foto: Rolf Pralle/Archiv
| In der militärhistorischen Sammlung in Wildflecken sind unter anderem eine Wehrmachtsuniform und Bilder aus der Zeit des Dritten Reiches ausgestellt. Foto: Rolf Pralle/Archiv
Ralf Ruppert
 |  aktualisiert: 19.08.2022 13:45 Uhr
Nach dem Fall Franko A. und dem Fund von Wehrmachts-Andenken in der Fürstenberg-Kaserne Donaueschingen hat Generalinspekteur Volker Wieker die Durchsuchung aller Bundeswehr-Kasernen angeordnet. "Überprüft wird die Einhaltung der Regeln zum Traditionsverständnis in Bezug auf Nationalsozialismus und Wehrmacht", sagt dazu ein Sprecher des Heeres auf Nachfrage dieser Zeitung. Auch an den Standorten Hammelburg und Wildflecken wurde also in den vergangenen Tagen gesucht. Zu den Ergebnissen schweigen sich die Dienststellen vor Ort allerdings aus: "Das wird intern erfasst, bewertet und ans Parlament gemeldet, weil das Parlament einen Informationsvorrang hat", fasst Presseoffizier Jan Volkmann vom Ausbildungszentrum Infanterie in Hammelburg das Vorgehen zusammen. Eine nahezu deckungsgleiche Antwort kommt vom Standortältesten in Wildflecken.


Erste Meldungen bis Montag

"Diese Prüfung erstreckt sich auf alle dienstlichen Liegenschaften, Räumlichkeiten und Gelasse im Verantwortungsbereich", heißt es laut dem Evangelischen Pressedienst (epd) in der Weisung des Generalinspekteurs. Offenbar mussten die Standorte bis Montag eine erste Meldung erstellen, laut Bundes-Verteidigungsministerium lag gestern ein Zwischenbericht vor. Spätestens bis kommenden Dienstag sollen alle Bundeswehrgebäude überprüft sein.


Keine konkrete Auskunft

Entdeckt werden sollen durch die Untersuchung Zustände wie in Donaueschingen, wo ein Besprechungszimmer mit Devotionalien wie Wehrmachts-Pistole und Stahlhelme aus der NS-Zeit ausgestattet war. "Wir bilden Menschen an der Waffe aus, für uns gelten zu Recht schärfere Maßstäbe", kommentierte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) den Umgang mit der Vergangenheit in der Truppe. Und: "Es geht um nicht weniger als den Ruf unserer Bundeswehr."

"Die Anweisung des Generalinspekteurs gilt für alle Liegenschaften - und damit auch für uns", sagt Volkmann vom Ausbildungszentrum Infanterie. In der Hammelburger Kaserne gibt es eine Lehrsammlung, die allerdings nicht öffentlich zugänglich ist. Volkmann ist zuversichtlich, dass diese Ausstellung den Vorgaben der Bundeswehr entspricht, denn: "Im Jahr 2013 fand schon eine interne Untersuchung statt, die ohne Beanstandungen verlief."


Nur bei Führungen zugänglich

"Ich hoffe, es bleibt alles so, wie es ist", sagt Adolf Kreuzpaintner, der für die militärhistorische Sammlung in der Wildfleckner Rhön-Kaserne zuständig ist. Der 80-Jährige hat das kleine Museum über viele Jahre aufgebaut: Vom Bau des Truppenübungsplatzes über das Lager für "Displaced Persons" bis zur jüngeren Geschichte spannt die Ausstellung einen Bogen. "Die Auflage war immer, dass das Dritte Reich und die SS nicht verherrlicht werden", berichtet der Wildfleckener.

Geöffnet ist die Ausstellung nur auf Anfrage und für geführte Besichtigungen. Ausländischen Generälen, Nato-Truppen und Bundeswehr-Verbänden, aber auch Reservistenkameradschaften, Rhönklublern und Schulklassen erläutert Kreuzpaintner bereits die Geschichte - allein im vergangenen Jahr 46 Mal. Dazu gehöre eben auch das Bild von der SS-Vereidigung oder die Wehrmachtsuniform mit Reichsadler: "In anderen Museen wurden die Hakenkreuze zum Teil herausgefräst, bei uns sind sie noch zu sehen", sagt Kreuzpaintner und hofft, dass die Bundeswehr nun nicht überreagiere und alle historischen Bezüge verbiete.

Auch SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold warnt laut epd davor, in der Debatte "nicht Maß und Mitte zu verlieren": "Man muss aufpassen, dass jetzt keine Misstrauenskultur in die Bundeswehr einzieht." Zwar dürften Wehrmachtsexponate nicht unreflektiert zur Schau gestellt werden, es gebe aber auch Kasernen, in denen diese Stücke in den historischen Kontext eingeordnet werden. Das sei nicht grundsätzlich falsch.

Dazu ein "Angemerkt" von Redakteur Ralf Ruppert:

Ein Ministerium macht es sich zu einfach.

Gesinnung per Dekret

Wie hat man sich die Durchsuchung von Kasernen nach Stahlhelmen und Hakenkreuzen konkret vorzustellen? Da die Liste quasi übers Wochenende fertig sein musste, kann das ja nur der erledigen, der sowieso für die Räume zuständig ist, oder? Da läuft also der Offizier durch die Gänge, Buden und Aufenthaltsräume, durch die er schon hundert mal gelaufen ist, und prüft, ob er schon hundert Mal die Zeichen rechter Gesinnung ignoriert hat? Klingt komisch, ist aber so, heißt es an der Stelle immer in der Sendung mit der Maus. So sinnvoll es ist, dass die Bundeswehr auf die Gesinnung ihrer Soldaten achtet: Mit bloßem Aktionismus lässt sich da wenig ändern! Ein fundiertes und kritisches Geschichts-Verständnis lässt sich nicht über Nacht anordnen: Das benötigt Zeit und Mühe, gute Lehrer und Vorbilder.
 
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