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Hammelburg
"Wir wollen wieder arbeiten"
Der Tisch ist gedeckt, die Betten sind gemacht, aber die Gäste fehlen: Gastronomie und Hotellerie machten gemeinsam auf dem Hammelburger Marktplatz auf ihre kritische Lage aufmerksam.
Das Team der Alten Wache und Karolin Monteiro-Dantas vom Hotel Nöth stoßen mit leeren Gläsern an, die sie gerne, gefüllt, ihren Gästen überreichen würden.       -  Das Team der Alten Wache und Karolin Monteiro-Dantas vom Hotel Nöth stoßen mit leeren Gläsern an, die sie gerne, gefüllt, ihren Gästen überreichen würden.
Foto: Winfried Ehling | Das Team der Alten Wache und Karolin Monteiro-Dantas vom Hotel Nöth stoßen mit leeren Gläsern an, die sie gerne, gefüllt, ihren Gästen überreichen würden.
Winfried Ehling
 |  aktualisiert: 17.08.2022 10:05 Uhr

Der einmütige Wunsch der heimischen Gastronomie und Hotellerie manifestierte sich in der Aktion "Gedeckter Tisch - gemachtes Bett" in der "guten Stube" der Saalestadt, auf dem Marktplatz. Der Landesverband Bayern des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands ( DEHOGA ) rief zur "Öffnungsperspektive" und zum stillen Protest auf.

Das plakative "Vergiss mein nicht" oder "Liebe Gäste, wir vermissen euch" brachte zum Ausdruck, was Gastronomie und Hotelbesitzern seit Monaten den Boden unter den Füßen wegzieht: Wegen der Pandemie-Einschränkungen gibt es keine Gäste, keinen Service, Kurzarbeit, Entlassungen, Frust. Der Landesverband wehrt sich gegen den "Dauerzustand" eines fortgesetzten Teil-Lockdowns, während andere Bereiche wie der Einzelhandel oder Baumärkte öffnen dürfen. Das Gastgewerbe habe von Frühjahr bis Herbst bewiesen, dass seine Hygienekonzepte funktionieren, so Landesverbandspräsidentin Angela Inselkammer.

Solche Worte fielen in Hammelburg auf fruchtbaren Boden. Ein gutes Dutzend Gastronomen traf sich vor dem Marktbrunnen, um auf ihr Anliegen hinzuweisen und um Verständnis zu werben. Nahezu alle Akteure äußerten sich aber positiv zu den staatlichen Unterstützungen wie die "Novemberhilfe", die zwar in Abschlägen nach drei Monaten, aber trotzdem ankam. Doch das Geld - ohnehin nur eine Ersatzlösung - ist nicht alles. Denn im Gefolge der Regulierungen der gebeutelten Wirte und Zimmervermieter taten sich eine Reihe anderer Probleme auf. So berichtet Katharina Rösser, Leiterin des Stadtcafés und Hotel Deutsches Haus von dem Versuch, einem Teil ihres Personals mit Kurzarbeit entgegenzukommen. Doch einige musste sie mangels Arbeit ausstellen. Der Verantwortliche des Winzerkellers, Stefan Merz, registrierte im Spätherbst einen deutlichen Besucher-Knick in seiner Vinothek . "Stammgäste und Touristen fehlten. Alkohol war ab dieser Zeit sowieso problembehaftet. Ich musste im November die Segel streichen", bedauerte er.

Patrizia Wüscher vom Goldenen Kreuz in Untererthal versuchte es zunächst mit dem Speisenverkauf außer Haus. "Aber das erbrachte nicht das Ergebnis wie beim ersten Lockdown. Unsere Lebensmittel konnten wir zwar noch verwenden, doch die meisten Getränke nicht mehr, weil sie abgelaufen waren." Davon kann auch Katja Helm, Geschäftsführerin im Irish Pub , ein Lied singen. "Ich musste den Inhalt aller angebrochenen Fässer und diverse, abgelaufener Flaschengetränke wegschütten sowie Zutaten für Snacks aussondern", berichtete sie. Solches passierte dem Weinhotel Müller zwar nicht, doch "to go" erwies sich auch nicht als Hit, und die Übernachtungsgäste blieben meist aus.

Aus diesem Grund fuhr Sandra Kaiser vom gleichnamigen Hotel und Restaurant auf "Sparflamme" und ist froh, wenn sie "möglichst bald wieder die Türen aufschließen kann". Außer-Haus-Verkauf ist für das Team der Alten Wache nur an Wochenenden einigermaßen rentabel. Essen in Wert von mehreren tausend Euro wurde ungenießbar und ein Opfer der strengen Regelungen. Abgelaufene Getränke flossen in die Kanalisation. Doch ist Kellner Werner überzeugt: "Wenn wir aufmachen werden wir überrannt. Ich hoffe wir haben ausreichend Personal ".

Um Arbeitskräfte bangt auch Petra Glückler vom Café Glücksgefühl. Nur noch eine Servicekraft ist in Kurzarbeit beschäftigt, die anderen drei suchten sich neue Arbeitsplätze. "Ich weiß nicht wo ich das Personal hernehmen soll", rätselt sie. Skeptische Reaktionen kamen von der Familie Brust, die den Landgasthof Zum Stern mit Hotel in Obererthal betreibt und von Birgit Sada, der Chefin des Downtown Diner in der Bahnhofstraße. In der Pizzeria Bella Italia im Lager Hammelburg läuft es ebenso "nicht wirklich rund", bedauert Inhaberin Simona.

Speisen zum Mitnehmen gibt es im Morlesauer Hotel Nöth nur noch an Sonntagen. "Das Dorf unterstützt uns diesbezüglich aber Quartiergäste bleiben bis auf einige Handwerker leider aus", lässt Karolin Monteiro-Dantas, eine Tochter des Hauses, wissen.

Bürgermeister Armin Warmuth und Gabi Ebert als einzige Stadträtin versuchten, um Geduld zu werben und Mut zu machen, was nicht immer gelang. Doch letztlich hat hier nicht die Stadt das Sagen, sondern das Landratsamt, das seine Weisungen "von oben" bekommt. Was bleibt ist die Hoffnung auf baldige Öffnung, wenigstens der Außenbereiche.

Einen Gewinner gibt es dennoch in Hammelburg . Das Eis-Café Fenice, das in den Wintermonaten schließt , öffnete in der letzten Februarwoche. Vom Wetter begünstigt, bildeten sich speziell am Wochenende regelrechte "Eisschlecker-Schlangen" vor dem Verkaufsfenster von Geschäftsführer Enea Giovanni Nesy, der mit seinem Team 14 frische "Gelati"-Sorten bis auf einen kleinen Rest verkaufte.

 
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