
Zu jedem ordentlichen Rundgang über einen ordentlichen Weihnachtsmarkt gehört er dazu wie Ochs und Esel in den Stall: der Glühwein . Jedoch: Wer zu viel oder eine ordinäre Plörre erwischt, der verflucht am nächsten Morgen den wundervollen Abend.
Wir haben uns umgehört und Winzer und Wirte gefragt: Wie muss Glühwein beschaffen sein, damit mir am nächsten Morgen nicht der Schädel platzt?
Das ist das A und O
Volker Pfaff gehört dem Team Baldauf, der Winzerfamilie aus Ramsthal an. Selbstredend, dass die Baldaufs roten und weißen Glühwein in ihrem Repertoire haben, auch in Bad Kissingen wird er ausgeschenkt.
Für Selbermacher hat Volker Pfarr dankenswerterweise ein paar Tipps, wie der Morgen danach ein guter wird: „Das A und O ist ein guter Grundwein. Sie genießen da ja ein alkoholisches Getränk – und wäre es kalt, würden Sie ja auch auf Qualität achten.“
Finger weg von günstigem Glühwein
Er als Insider weiß: Die Hersteller von Industrieglühweinen stecken ihr Geld mehr in Verkauf, Dekor und Marketing als in die vernünftige Grundlage. „Für den guten Grundwein bleibt nicht mehr viel übrig, wenn der Kunde nur beispielsweise 3,75 Euro pro Liter zahlen soll.“
Bei einer solchen Kalkulation kann man sich also schon die Aspirin neben die Tasse legen.
Neben dem hochwertigen Rot- oder Weißwein kommt rein, was Oma schon wusste. Pfaff: „Zitronen, Orangen, Kardamom – und wenn man es ganz liebevoll macht, dann auch noch eine Vanillestange.“
Bis zu sechs Würfelzucker pro Tasse
Und wie schaut es mit dem Zucker aus? Pfaff: „Ohne Zucker schmeckt es nicht, Zucker gehört dazu.“ Normale Glühweine allerdings sind oft überzuckert. Der „Verein für Konsumenteninformation“ (VKI) hat herausgefunden, wie viel Zucker im Glühwein ist und zwar mit einem Test des Getränks an 14 Ständen auf Weihnachtsmärkten in Wien.
Ergebnis: Im Schnitt enthält eine Tasse (200 ml) fünf bis sechs Würfelzucker. Zum Vergleich: Ein Liter Coca Cola enthält 35 Stücke Zucker , somit eine Tasse Cola sieben Würfelzucker.
Der Zucker bleibt ein Geheimnis
Pfaffs Richtwert, wie viel Zucker in den hausgemachten Glühwein sollte: „Schwer zu sagen. Wenn ich ihn selbst machen müsste, dann würde ich Google nach Rezepten fragen und einen Mittelwert nehmen.“
Und macht es einen Unterschied, ob man braunen Rohrzucker oder Industriezucker verwendet? „Klar“, sagt Pfaff. „Das schmeckt unterschiedlich.“ Welchen Zucker die Baldaufs in ihren Glühweinen verwenden, behält er für sich – Betriebsgeheimnis. Aber so viel sei verraten: weder den einen, noch den anderen.
Wein-Expertin Neder nimmt Wein mit wenig Säure
Helga Neder vom gleichnamigen Weingut, ebenfalls in Ramsthal, ist Neuling auf dem Glühwein-Gebiet. „Wir bieten heuer zum ersten Mal weißen Glühwein an.“ Dabei ist nichts dem Zufall überlassen worden.
„Wir haben ihn mit zwei verschiedenen Grundweinen ausprobiert und uns dann für den entschieden, der weniger Säure hat. Denn sonst müssten wir ihn mehr zuckern.“
Keine Wein-Leichen aus der Speisekammer
Auch ihr Tipp gegen Schädelweh nach Glühwein-Sause ist: „Nehmen Sie einen guten Grundwein, wenn Sie ihn selbst machen.“ Also nicht wegen einer möglichen Resteverwertung zur verstaubten Günstig-Flasche greifen, die seit Jahren ganz hinten links in der Speisekammer herumlungert. „Riechen Sie vorher: Riecht der Wein leicht muffig, ist der Weißwein nachgedunkelt – weg damit.“
Tipp: Probieren Sie Glühwein kalt
Ihr Tipp: Probieren Sie den Glühwein kalt. „Wenn er abgekühlt ist, schmeckt man oft mehr Gewürze“ – und das kann dann schnell ein Zuviel an Nelke, Zimt (ein Muss für Helga Neder), Orange und Zitrone werden. Ihr Geheimtipp: „Sie können Ihren Glühwein mit einem Schluck Apfelsaft aufpeppen – dann schmeckt er noch fruchtiger.“
Ungewöhnlich: Glühwein und Secco
Und auch für die, die lieber Kaltgetränke bevorzugen, weiß sie eine neue Variante, die das Zeug zum winterlichen Kultgetränk haben könnte: „Einen Schuss kalten Glühwein mit Secco – durch die Kohlensäure erfrischt das Getränk sehr.“
Michael Hergenröder: Kardamom und Sternanis
Wer sich zu Hause an einen selbst gemachten Glühwein wagt, für den hat Michael Hergenröder einen Tipp. Hergenröder ist Herr über die ausgefallene Küche im Landgasthof „Zum weißen Rössl“ in Stralsbach. Exklusiv für die Leserinnen und Leser der Saale-Zeitung verrät er, was bei ihm alles in einen Topf kommt.
Auch hier gilt: „Nehmen Sie einen hochwertigen Wein. Ein Wein mit zu vielen Gerbstoffen wird bitter.“ Und dann streut er den Abrieb von Bio-Orangen und – Zitronen in die Flüssigkeit, fügt Kardamom, Sternanis, Nelke und eine Prise Zimt dazu.
„Lassen Sie den Wein niemals kochen, erwärmen Sie ihn nur.“ Bevor der Glühwein in die Tasse kommt: „Passieren Sie den Glühwein durch ein Sieb.“ Und dann: Prost und Wohl bekomm“s!